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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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kleineren Steinen sowie den Schalen unzähliger abgestorbener Krebse und Muscheln übersät. Der Anblick war bei weitem nicht so spektakulär, wie es dem historischen Moment angemessen gewesen wäre.
    »Ein bisschen trist, finden Sie nicht?«, sagte Esteban, der hinter sie getreten war und über ihre Schulter hinweg auf die Monitore blickte. Ella bedachte ihn mit einem abfälligen Blick. »Wir sind schließlich nicht der schönen Aussicht wegen hier. Kommen Sie, lassen Sie uns loslegen.«
     
    Zwei Stunden und drei Tassen Kaffee später lehnte Ella sich erschöpft zurück. Die Auswertungen der biologischen, chemischen und radiologischen Analyse waren endlich da. Das Ergebnis war leider ebenso eindeutig wie ernüchternd. Der umgebende Schlickboden enthielt Unmengen von Kalkresten – Schalen, Knochen und Gehäuse abgestorbener Meeresbewohner, dazwischen Abermillionen mikroskopische Kleinstlebewesen, die sich von all dem biologischen Abfall, der in einem immerwährenden Strom herabregnete, ernährten. Durchmischt war das Ganze mit Sand und Gesteinen basaltischer Herkunft, Zeugnis dafür, dass diese Gegend seit Urzeiten ein vulkanisch aktiver Ort war. So weit, so gut. Das Schaufelwerkzeug der
Shinkai
hatte an verschiedenen Stellen rund um das U-Boot Proben entnommen, immer bis zu der maximalen Bodentiefe von einem Meter. Doch weder waren die Proben radioaktiv kontaminiert, noch konnten irgendwelche ungewöhnlichen chemischen Substanzen nachgewiesen werden. Yamagata hatte die Proben mit denen verglichen, die die
Kaiko
vor annährend zehn Jahren im tieferen Teil des Abyssals entnommen hatte, und festgestellt, dass sie beinahe identisch waren. Dieselbe Bodenzusammensetzung, die gleichen Strahlungswerte, alles ganz normal. Esteban warf Ella einen fragenden Blick zu, während sie einige der Bodenproben für die spätere Analyse luftdicht verschloss. »Enttäuscht?«
    »Was denken Sie wohl?«, sagte Ella und lehnte sich zurück. Ihre Schultern waren vollkommen verspannt. »Zwei Stunden Schwerstarbeit und immer noch keine Spur. Wenn wir wenigstens einen erhöhten Strahlungsgrad hätten feststellen können.«
    »Warum?«
    »Es wäre ein Hinweis auf ein natürliches Uranvorkommen gewesen. Sie wissen schon, diese Glutnester aus der Anfangszeit der Erde, als unser Planet noch heiß und flüssig war. Sie sind immer noch relativ wenig erforscht.«
    »Könnte es nicht doch ein Hotspot sein?« Grinsend strich Esteban sich über seine Bartstoppeln. »Nein, im Ernst, der Gedanke mit dem Uranvorkommen ist mir auch schon gekommen. Vielleicht ist doch etwas daran.«
    Ella schüttelte den Kopf. »Wenn sich hier ein solches Glutnest befände, dann wären wir alle schon längst getoastet. Unsere Radiometer bewegen sich jedoch alle im untersten Level. Leider Fehlanzeige.«
    »Wieso leider?«, Esteban grinste. »Ich für meinen Teil bin ganz froh, nicht heiß und gebuttert serviert zu werden. Und was machen wir jetzt?«
    Ella stand auf und streckte sich. Mit ihren einsdreiundsechzig war sie die Einzige, die hier aufrecht stehen konnte. »Ich würde vorschlagen, dass Sie, Professor Martin, mit der Sonarabtastung beginnen. Vielleicht halten ja die tieferen Bodenschichten etwas Ungewöhnliches für uns bereit. Wären Sie damit einverstanden?«
    Sie blickte in die müden Augen ihrer Kollegen und entdeckte dort Zustimmung. Konrad Martin, der sich bisher eher als interessierter Zuschauer denn als praktischer Helfer betätigt hatte, nickte knapp, setzte sich mit ernstem Gesichtsausdruck hinter die Steuerkonsole und begann, den Greifarm, an dessen Ende ein silberner Zylinder befestigt war, in Position zu schwenken. Ella beobachtete durch das Bullauge, wie er das Teleskopgestänge auf eine Länge von schätzungsweise drei Metern ausfuhr, ehe es sich absenkte. Als sich die silberne Kapsel nur noch fünfzig Zentimeter vom Boden entfernt befand, öffnete sie sich wie eine Blüte und entblößte den Akustiksensor.
    »Dann wollen wir mal«, sagte der Professor. »An der vorderen Spitze des Messgeräts befindet sich eine kleine Menge C- 4 -Sprengstoff. Sie genügt, um Infraschallwellen in eine Bodentiefe von bis zu einhundert Metern zu schicken. Treffen diese auf harte Erd- und Gesteinsschichten, werden sie in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Wellenlängen reflektiert und vom Akustiksensor empfangen. Die so gewonnenen Daten werden vom Computer ausgewertet und erlaubten so die genaue Darstellung der Bodenstruktur. Übrigens ein Schweizer Patent.« Er

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