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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ob wir wirklich ein solches Risiko eingehen sollten.«
    »Ich verstehe nicht …«, sagte sie. »Von welchem Risiko sprechen Sie?«
    »Davon, was uns erwarten könnte, wenn es uns wirklich gelingt, die Schicht zu durchdringen. Was, wenn wir auf der anderen Seite auf eine Zelle flüssigen Gesteins träfen. Im ungünstigsten Fall würden wir einen magmatischen Geysir entfachen, und was das für Folgen hätte, brauche ich Ihnen ja nicht auszumalen. Jedweder Schaden an der
Shinkai
brächte uns ins höchste Gefahr.« Auf seiner Stirn zeichneten sich feine Schweißperlen ab. Zum ersten Mal wirkte er ernsthaft besorgt.
    »Könnte er damit Recht haben?«, wandte Esteban sich an Ella. »Wären wir wirklich in der Lage, einen Geysir zu entfachen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich halte diese Theorie für absurd. Sie entbehrt jeglicher Grundlage. Sie waren doch dabei, als wir die Bodenanalysen vorgenommen haben. Weder haben wir erhöhte Temperaturen noch erhöhte Strahlungswerte festgestellt. Es gab keine Schlacke, auch keine metamorphen Gesteine, wie sie an der Grenze zu Hitzenestern vorkommen. Ich habe lange genug in diesem Bereich gearbeitet, um die Indikatoren zu erkennen. Der Untergrund ist vollkommen sicher,
dafür verbürge ich mich

    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete auf die Reaktion.
    »Ich entscheide mich für das Risiko«, sagte Yamagata. »Dr.Jordan ist Vulkanologin und hat damit mehr Erfahrung als wir alle zusammen, den Professor eingeschlossen. Wenn sie sagt, dass es sicher ist, dann glaube ich ihr. Wir werden also den Bohrer zum Einsatz bringen. Ich muss gestehen, ich bin gespannt, wie er funktioniert.«
    Für alle Anwesenden schien die Entscheidung Yamagatas in Ordnung zu gehen. Nur Konrad Martin sah skeptisch in die Runde. Er war und blieb ein alter Bedenkenträger. Ella wandte sich an den Expeditionsleiter. »Ist das Loch des Bohrers denn groß genug, um darin die Sonde zu versenken?«
    »Wir können den Spreizkopf auf die erforderliche Breite einstellen«, sagte Yamagata. »Von fünf bis maximal zwanzig Zentimeter kann ich Ihnen jede Größe bohren, die Sie wollen.«
    »Ausgezeichnet«, lächelte Ella. »Dann also an die Arbeit.«

20
    T oshio Yamagata setzte sich diesmal persönlich hinter die Steuerkonsole. Nachdem er seine Gelenke gedehnt und seine Finger massiert hatte, legte er sie um die Handgriffe, als wären es rohe Eier. Ella hatte den Eindruck, dass er auf den Bohrer besonders stolz war. Wenn man mal davon absah, dass alles, was die
Shinkai
betraf, ihn mit besonderem Stolz erfüllte. Sie schien das zu sein, was manche Menschen als Lebenstraum bezeichneten. Eine Erfüllung all seiner Wünsche und Hoffnungen. Vor diesem Hintergrund war es umso erstaunlicher, dass Yamagata ihrem Wunsch nach diesem riskanten Landemanöver überhaupt zugestimmt hatte. Das Risiko, dass die
Shinkai
während des Aufsetzens beschädigt werden würde, war hoch. Dennoch schien er voll und ganz hinter dem riskanten Unternehmen zu stehen.
    Ella glaubte ihn zu verstehen. Es ging ihm nicht um materielle Werte, sondern um Idealismus. Die
Shinkai
war kein Objekt, das es zu schützen galt. Sie war ein Werkzeug. Die Hoffnung, mit ihr einen der tiefsten Punkte der Erde zu erreichen, wog alles andere auf. Selbst eine Beschädigung oder gar Zerstörung des Tauchfahrzeugs. In Yamagatas Augen lohnte das Ziel alle Opfer. Ob sich dieser Idealismus auch auf den Einsatz von Menschenleben ausdehnen ließ, darüber konnte Ella nur spekulieren. Doch sie vermutete, dass dem so war. In diesem Sinne war er der einzige wirkliche Entdecker hier an Bord.
    Mit einem Ruck setzte das Bohrgestänge auf. Yamagata schwenkte das Gerät in die richtige Position, machte noch einige Feinjustierungen und blickte dann erwartungsvoll in die Runde. »Bereit?«
    Alle nickten.
    »Gut. Dann halten Sie sich bitte fest. Es könnte jetzt etwas unruhig werden.« Er betätigte einen Schalter. Mit einem durchdringenden Knarren setzte sich die Kurbelwelle in Bewegung. Yamagata betätigte den Schalter, der die Schlagbohrfunktion steuerte. Aus dem Knarren wurde ein markerschütterndes Jaulen. Die
Shinkai
begann immer stärker zu vibrieren, als der Bohrer langsam auf Touren kam. Ihre Metallhülle war ein idealer Resonanzkörper, der jedes Geräusch ungedämpft an seine Insassen weiterleitete. Ella klammerte sich an die Haltebügel, während sie, mit der Nase an die Scheibe gepresst, dem Bohrer bei seiner Arbeit zuschaute. Schon bald hatte er seine

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