Magma
tippte gegen das Gehäuse seines Notebooks. »Das Gerät erlaubt sogar eine grobe Übersicht über die verschiedenen Mineralien, aus denen sich der Untergrund zusammensetzt. Diese Technik ist ursprünglich entwickelt worden, um fossile Überreste ausgestorbener Tierarten – wie zum Beispiel Dinosaurier – im Untergrund aufzuspüren, noch ehe man mit Grabungen beginnt und dabei das Skelett möglicherweise beschädigt. Es wird mittlerweile auch erfolgreich bei der Suche nach unterirdischen Wasseradern, Erzlagerstätten sowie archäologischen Bodendenkmälern eingesetzt.« Martin betätigte einen Schalter, und der Sensor wurde mittels Druckluft in den Boden geschossen. Er war jetzt mit der
Shinkai
nur noch über ein dünnes Kabel verbunden, das gleichzeitig als Datenträger und Zugseil diente.
»Das war’s«, sagte der Professor und betätigte eine Reihe von Schaltern. »Jetzt beginnt der spannende Teil. Sind Sie so weit?«
Alle nickten. Er drückte den roten Knopf, der die Sprengkapsel zündete. Es gab eine leichte Erschütterung, und sofort begannen verschiedene Messgeräte und Oszillographen zum Leben zu erwachen. Es sah aus, als habe jemand einen Weihnachtsbaum angeknipst.
Ella nickte zufrieden. Der Sensor war tief genug eingedrungen und funktionierte einwandfrei. »Geht doch nichts über Schweizer Wertarbeit«, sagte sie lächelnd und klopfte dem Professor auf die Schulter. Seinen griesgrämigen Blick ignorierend und mit einem Gefühl prickelnder Vorfreude, setzte sie sich hinter ihr Notebook und übertrug die aktuell einlaufenden Daten. Nach und nach setzte sich das Bild zusammen. Anders als bei Cathy, die mit einer farbigen High-End-Grafik aufwarten konnte, musste man sich bei der Software des Sensors mit einem einfachen Schwarzweiß-Raster zufrieden geben. Die Darstellung ähnelte entfernt einem dieser verwaschenen Ultraschallbilder, die schwangere Frauen so gern mit sich herumtrugen. Etwa sieben Megabyte mussten übertragen und eingebunden werden. Dafür hätte die Darstellung unter idealen Voraussetzungen aber auch einen Blick bis zu etwa hundert Metern Tiefe gewährleistet. Es dauerte jedoch nicht lange, ehe ihr klar war, dass die Voraussetzungen in diesem Fall alles andere als ideal waren.
»Was zum Kuckuck ist das denn?«, murmelte Ella, als sie das halbfertige Rasterbild vor sich sah.
»Was meinen Sie?«, fragte Yamagata, der gerade aus dem Zwischendeck zu ihnen heruntergeklettert kam, um sich über den Fortschritt des Experiments zu informieren.
»Na das hier«, sagte Ella und deutete auf eine scharf begrenzte Linie, etwa zwei Meter unterhalb der
Shinkai
. Dort befand sich etwas, das absolut undurchdringlich zu sein schien. Das Bild sah an dieser Stelle aus wie abgeschnitten. Sämtliche Schallwellen prallten dort ab und ließen den darunter liegenden Raum schwarz.
Esteban kratzte sich am Kopf. »Sieht nach einem verdammt harten Material aus. Vielleicht erkaltetes Magma?«
Ella schüttelte den Kopf. »Selbst wenn es eine Schicht aus reinem Diamant wäre, könnte sie nicht sämtliche Schallwellen reflektieren. Im Gegenteil – spröde Materialien sind eigentlich sehr gute Leiter. Extrem weiches Material kann es aber auch nicht sein, denn dann wären die Schallwellen absorbiert worden. Was halten Sie davon, Professor? Ist Ihnen so etwas schon einmal vorgekommen?«
Martin schüttelte mit Bestimmtheit den Kopf. »Ich habe so etwas noch nie gesehen.«
Ella musterte ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen. Irgendetwas in seiner Stimme verriet ihr, dass er log. Sie wusste jedoch auch, dass es keinen Sinn hatte, in ihn zu dringen. Wenn der Professor sich in dieser zugeknöpften Stimmung befand, war nicht an ihn heranzukommen.
»Was sollen wir jetzt tun?«, wandte sie sich hilfesuchend an den Kommandanten. »Oder treffender gesagt,
können
wir überhaupt noch etwas tun?«
»Wir könnten den Bohrer zum Einsatz bringen«, antwortete der Kommandant. »Unseren Schlagbohrer aus Titan. Tiefenlimit etwa zwanzig Meter. Er wurde von einer schwedischen Firma entworfen und im Permafrostboden der Arktis bereits lange Jahre erfolgreich getestet. Ich würde vorschlagen, wir versuchen die Deckschicht damit zu durchdringen und danach eine erneute Schallmessung vorzunehmen.«
»Was halten Sie von dem Vorschlag?«, wandte Ella sich an den Professor. Martin nickte bedächtig. »Wir haben noch etwa zehn weitere Sprengladungen. In etwa fünf Minuten könnte ich die Sonde wieder betriebsbereit haben. Die Frage ist nur,
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