Magma
optimale Betriebsgeschwindigkeit erreicht und versank vor ihren Augen langsam in der Tiefe. Zum Glück wurde dadurch auch das Geräusch erträglicher. Es war jetzt kaum mehr als ein hohes Sirren, das Ella an das Sirren erinnerte, das bestimmte Dentalgeräte beim Entfernen von Zahnstein verursachten.
Eine Fontäne aus Staub und Geröll blies aus dem schmalen Kanal, während eine besondere Absaugvorrichtung verhinderte, dass sich der Dreck wie ein Schleier vor ihr Gesichtsfeld legte. Der Sauger war so wirkungsvoll, dass er nicht nur den aufgewirbelten Staub absaugte, sondern nach einer Weile sogar quadratmeterweise den Meeresboden freilegte. Ella konnte ihre Bewunderung nicht verbergen. Das war ein Meisterstück der Ingenieurskunst.
Mit einem Mal ging das Sirren des Bohrers in ein markerschütterndes Kreischen über. Esteban legte die Hände über die Ohren. »Himmel«, schrie er gegen den Lärm an, »was in aller Welt ist denn
das?
«
»Wir sind jetzt auf die harte Schicht getroffen«, entgegnete Yamagata, die Steuerungshebel nur mühsam unter Kontrolle haltend. »Das Geräusch wird nachlassen, sobald wir die Deckschicht durchstoßen haben.«
Ella warf einen Blick auf das Bild, das die Videokamera am Bohrkopf ihnen sendete. Zu sehen war eine graue, genarbte Oberfläche, die einen schwachen metallischen Glanz aufwies – unzweifelhaft die Schicht, die die akustischen Signale der Sonarmessung zurückgeworfen hatte. Der Bohrer hatte tatsächlich sein Ziel erreicht und versuchte nun, sich einen Weg durch das harte Gestein zu bahnen. Alle warteten gespannt darauf, wie er sich angesichts des neuen Materials verhalten würde.
Nach einer Weile bemerkte Ella Schweißtropfen auf Yamagatas Stirn. »Probleme?«, fragte sie.
»Das Zeug ist unglaublich hart«, antwortete der Expeditionsleiter. »Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, wir sind auf eine Schicht blankes Metall gestoßen. Der Titankopf scheint Schwierigkeiten zu haben, ein Loch in diese Masse zu bohren.«
»Vielleicht eine Eisenkonkretion?«, fragte Esteban.
»Möglich.« Ella wiegte den Kopf. »Die radiologische Messung beinhaltete auch die Untersuchung magnetischer Eigenschaften. Es hat da einen deutlichen Ausschlag gegeben. Ich habe aber noch nie gehört, dass Eisenverbindungen derart hart werden können. Yamagata-san, wäre es möglich, dass der Sauger noch einen größeren Teil dieser Schicht freilegt?«
»Kein Problem. Warum?«
»Ich möchte mir einen besseren Überblick über das Material verschaffen. Auf dem Videobild hatte ich den Eindruck, dass es sich trotz all der Narben und Buckel um eine unnatürlich ebenmäßige Fläche handelt. Mir ist auf einmal wieder eingefallen, dass wir immer noch nicht geklärt haben, ob es sich um eine natürliche oder eine künstliche Struktur handelt.«
Esteban runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit etwa andeuten, dass Sie diese verrückte Theorie von einem künstlichen Ursprung tatsächlich in Erwägung ziehen?«
»Solange wir keine anderslautenden Hinweise haben – ja.«
»Aber wie stellen Sie sich das vor? Glauben Sie wirklich, hier unten in zehntausend Metern Tiefe, begraben unter einer mehrere hundert Jahre alten Schicht von Sedimenten, läge eine von Menschen erdachte und konstruierte Maschine, die urplötzlich aktiviert wird und dafür sorgt, dass der Marianengraben auf einer Länge von etlichen hundert Kilometern anfängt, Feuer zu speien? Das ist doch absurd. Abgesehen von der Frage, welche Kultur zu einem solchen technischen Kraftakt überhaupt in der Lage gewesen wäre – welchen Zweck soll das Ganze haben? Blinde Zerstörungswut? Beherrschung der Welt?«
Ella schenkte ihm ein grimmiges Lächeln. »Wer sagt denn, dass es etwas von Menschen Erdachtes sein muss?«
Esteban schien es angesichts der Ungeheuerlichkeit dieser Bemerkung die Sprache verschlagen zu haben.
»Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
»Doch. Absolut.« Ella verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich behaupte ja nicht, dass es so ist, aber wir müssen für jede Alternative offen sein. Bisher haben wir nur Fragen und keine Antworten. Als Wissenschaftler darf man sich neuen Denkansätzen nicht verschließen – mögen sie noch so absurd klingen. Das sollten Sie eigentlich am besten wissen.« Sie warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu. »Haben Sie mich nicht deshalb eingestellt, weil ich dazu neige, unkonventionell zu denken?«
»Das ist richtig.«
»Gut. Dann sollten wir mit unserer Arbeit fortfahren.« Sie
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