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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Myagoshi konnte nur beten, dass die Wissenschaftler noch am Leben waren.
    Ein erneuter Blick auf das Sonar zeigte ihm, dass sich die
Shinkai
mit hoher Geschwindigkeit der Wasseroberfläche näherte. Jetzt musste alles sehr schnell gehen. Die Befehle waren ausgegeben, und jeder an Bord wusste, was zu tun ist. Die Mannschaft funktionierte wie eine gut geölte Maschine.
    Myagoshi vergewisserte sich mit einem Blick durch das regennasse Fenster der Brücke, dass die Crew auf dem Oberdeck alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte. Halteleinen, Schwimmwesten, Rettungsboote. Das Leben der Wissenschaftler an Bord des U-Bootes war
eine
Sache, das Leben seiner eigenen Mannschaft eine andere. Sollte einem von ihnen etwas zustoßen, würde er sich dafür zu verantworten haben. Ein Verlust an Material oder Menschenleben war nicht akzeptabel.
    In diesem Augenblick betrat der Kapitän die Brücke. Er verschaffte sich einen kurzen Überblick, dann nickte er zufrieden. »Gute Arbeit, Myagoshi«, sagte er. »Hat das U-Boot schon geantwortet?«
    Der Erste Offizier schüttelte den Kopf. »Nein, absolute Stille. Entweder haben sie technische Schwierigkeiten oder …«
    Fumitsu schüttelte den Kopf. »Keine Zeit für Spekulationen. Ich möchte, dass Sie nach unten auf das Oberdeck gehen und die Bergungsaktion vor Ort leiten. Ich übernehme hier.«
    Myagoshi salutierte und eilte in Richtung der großen Halle. Auf dem Weg dorthin kam er am Depot vorbei, krallte sich Regencape und Schwimmweste, zog beides an und rannte im Laufschritt die Eisentreppen hinunter zum Hauptdeck. Als er die große Halle betrat, blies ihm der kalte Nordostwind mit unbarmherziger Härte entgegen. Er rüttelte und zerrte an seinem Regencape wie eine losgelassene Furie, während ihm der Regen mit nadelspitzer Härte ins Gesicht schlug. Myagoshi setzte seine Schutzbrille auf. Er verließ die Halle und bewegte sich hinaus auf das sturmgepeitschte Oberdeck. Wolkenfetzen fegten über Deck und spiegelten sich auf dem klatschnassen Stahl, während der Wind die Pfützen in seltsame Muster zerriss. Langsam, sich mit beiden Händen an die Halteleinen klammernd, setzte Myagoshi seinen Weg zum backbordseitigen Lastkran fort. Wenn er das Bild auf seinem Monitor richtig gedeutet hatte, würde die
Shinkai
hier hochkommen. Er konnte nur hoffen, dass die Drift die beiden Schiffe nicht aufeinanderprallen ließ. An die Folgen einer Kollision mit der
Shinkai
wollte er nicht denken. Allerdings durften sie auch nicht auf zu große Distanz gehen, denn dann ging ihnen wertvolle Zeit beim Einfangen des U-Bootes verloren. Der Steuermann hatte jetzt die schwierige Aufgabe, den richtigen Abstand zu treffen.
    Vor sich sah er die Bergungscrew, bestehend aus Wartungstechnikern, Matrosen und Ärzten, die sich alle unterhalb des Lastkrans versammelt hatten. Dicht gedrängt und mit eingezogenen Köpfen standen sie beisammen und warteten auf weitere Befehle. Während er sich Stück für Stück an der Halteleine entlanghangelte, blickte er hinaus auf die sturmgepeitschte See. Die Wellen waren so hoch, dass die Sicht weniger als fünfzig Meter betrug. Verdammter Sturm. Konnte er sich nicht ein paar hundert Kilometer weiter weg austoben? Es war, als hätten sich die Elemente gegen diese Expedition verschworen.
    Ein weiterer Brecher donnerte über die Reling. Myagoshi musste sich mit aller Kraft festhalten. Fast wäre er auf dem nassen Deck ausgeglitten, da sah er sie. Etwa dreißig Meter entfernt und mit den Heckrotoren voraus durchbrach die
Shinkai
die Wasseroberfläche. Der Rumpf ragte einige Meter in die Höhe und fiel dann mit einem gewaltigen Aufklatschen ins Wasser zurück. Noch einmal tauchte der Stahlkoloss auf, dann beruhigte er sich. Myagoshi kniff die Augen zusammen. Das Schiff lag viel zu tief im Wasser, das konnte er selbst unter diesen schwierigen Bedingungen erkennen.
Ein Leck,
schoss es ihm durch den Kopf. Das war die einzige Erklärung. Doch wie war es dazu gekommen? Die Druckhülle galt als unzerstörbar. Wie die Antwort auch lauten mochte, jetzt war keine Zeit für derartige Überlegungen. Im Moment hatte er anderes im Sinn. Die Crew musste von der
Shinkai
an Bord geholt und das Schiff in Schlepptau genommen werden. Wenn das Tauchboot wirklich einen Wassereinbruch hatte, blieb ihnen weniger Zeit als geplant.
    Als er die Bergungscrew erreichte, zogen ihn die Männer in ihre Mitte und umringten ihn mit fragenden Blicken. In wenigen kurzen Sätzen paukte er ihnen noch einmal

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