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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wieder auf ihr gewohntes Maß verbessert, so dass sich Einzelheiten erkennen ließen. Weizmann konnte sehen, wie die Wissenschaftler sich aus ihren Sitzen gelöst hatten und sich um die Steuerkonsole scharten. Nur Ella Jordan, die amerikanische Geologin, stand abseits und blickte versonnen durch eines der Bullaugen. Woran mochte sie wohl gerade denken? Vielleicht hatte sie dort unten etwas gesehen. Vielleicht dasselbe, was auch er inmitten dieser Ansammlung kryptischer Rechenoperationen gesehen hatte? Hatte sie die Botschaft verstanden? Wenn ja, dann würde sie ihm vielleicht verzeihen, was er jetzt tun musste.
    Der Professor aktivierte ein zweites kleines Programm, dessen Menüfenster sich am Sockel des Webcambildes öffnete. Zwei kleine Quadrate waren dort zu sehen, eines mit dem Buchstaben
N
gekennzeichnet und eines mit
Y,
stellvertretend für das Wort
Yes
. Mit zitterndem Finger drückte er die entsprechende Taste. Sofort erschien an betreffender Stelle auf dem Bildschirm ein Häkchen im Quadrat. Zögernd fuhr der Finger zur Enter-Taste, über der er einige Sekunden schwebte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Hätte es eine andere Lösung gegeben, er hätte sie gefunden. Aber da gab es nichts. Die Informationen durften die Druckkugel nicht verlassen. Ihrer aller Leben hing davon ab. Und was waren sechs Menschenleben im Vergleich zu sechs Milliarden.
    Sein Blick verhärtete sich. »Herr, vergib mir meine Schuld.«
    Dann ließ er den Finger niedersinken.
     
    Der Knall war laut und trocken. Ganz anders als die dumpfen Schläge, die bisher von außen auf die
Shinkai
eingehämmert hatten. Ella war die Erste, die die Quelle der Explosion bemerkte. Weißer Rauch drang aus einem Spalt zwischen Konrad Martins Notebook und der stählernen Wand der Druckkabine. Der Computer des Professors selbst war zum Teil aus seiner Halterung herausgebrochen und hing mit zersplittertem Display in den Schienen, in denen er zu Beginn des Tauchgangs befestigt worden war. Ein ätzender Gestank breitete sich in der Enge der Kugel aus.
    »Professor …«, brachte sie noch heraus, dann sah sie es. Ein schmaler Riss kroch hinter der Abdeckung des Notebooks die stählerne Wand entlang. Gleichzeitig hörte sie ein durchdringendes, ekelerregendes Knirschen.
    »Was zum …?« Yamagata war aufgesprungen und drängte sich an Esteban und Martin vorbei. Er legte seine Hand auf den Riss. Als er sie zurückzog, triefte sie vor Feuchtigkeit. Sein Gesicht wurde leichenblass. »… Außenhülle … beschädigt«, konnte Ella ihn noch sagen hören, dann brach das Inferno los.
    Mit einem Krachen öffnete sich der Spalt um wenige Millimeter. Ein Wasserstrahl, so weiß und hart wie Diamant, schoss daraus hervor. Er traf Esteban an der Schulter und schleuderte ihn quer durch den Raum gegen den Sicherungskasten. Ella konnte sehen, wie eine klaffende Wunde aufbrach und sein schlaffer Körper blutüberströmt zu Boden sank. Funken schossen aus der zerbeulten Vorrichtung. Einem unvermittelten Geistesblitz folgend, hechtete sie auf ihren Stuhl und kauerte sich dort zusammen, die Beine mit ihren Armen fest umschließend. Dann verlosch das Licht. Es wurde finster in der Kabine. Nur vereinzelt zuckten Funken durch die Dunkelheit. Estebans Körper hatte offenbar einen Kurzschluss verursacht. Im stakkatoartigen Aufblitzen der elektrischen Entladungen offenbarte sich Ella ein Bild des Schreckens. Yamagata, der Esteban am nächsten gestanden hatte, wand sich unter Schmerzen am Boden, halb bedeckt von Wasser, während Stromstöße durch seinen Körper jagten. Dass Ella davon verschont blieb, lag wohl nur daran, dass der Stuhl isoliert und das Polster noch relativ trocken war. Die beiden Copiloten hingegen, in dem verzweifelten Versuch, ihren Kommandanten zu retten, fielen neben ihm zu Boden, während die Hauptbatterie der
Shinkai
ihre elektrische Energie in ihre Körper entlud. Unter Schreien und konvulsivischen Zuckungen klammerten sich die Männer an die metallenen Gitterroste, während um sie herum das Wasser stieg. Ella klammerte sich an der Lehne ihres Sitzes fest. Das Zischen des Wasserstrahls und die Schreie der Männer um sie herum verdrängend, wurde ihr mit aller Deutlichkeit bewusst, dass sie sterben würde. Das war das Ende. Hier, viertausend Meter unter dem Meeresspiegel würde sie ihr nasses Grab finden.
    Das Wasser drang mit immer größerer Heftigkeit ein. Nur noch wenige Sekunden und die Außenhülle würde zerquetscht werden wie eine Weißblechdose in der

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