Magma
sich problemlos bewegen. Ein kräftiger Ruck und die Luke war offen. Der Einstieg darunter war dunkel. Nicht einmal die Notbeleuchtung schien zu funktionieren. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen stieg er die kurze Leiter hinab. Als er auf der Oberseite der Druckkugel stand, lauschte er auf Signale aus dem Inneren. Doch genauso gut hätte er sein Ohr an einen Felsen halten können. Seine Sorgen beiseite drängend, legte er seine Hände auf das Eisenrad und begann zu drehen. Diesmal ging es bedeutend schwerer. Es machte fast den Eindruck, als habe sich die Stahlkugel verzogen. Doch der Erste Offizier war ein kräftiger Mann. Ein paar Umdrehungen, und die schwere Luke öffnete sich mit einem hörbaren Zischen.
Im Inneren der
Shinkai
war es dunkel und still. Nur ein undefinierbares Gluckern war zu hören. Ein unangenehmer Gestank drang von unten herauf. Es roch nach einer Mischung aus verkohlter Elektrik und Erbrochenem. »Hallo«, rief er, »kann mich jemand hören?«
Keine Antwort. Myagoshi versuchte es noch einmal, wieder ohne Erfolg. Seine Hoffnung auf ein glückliches Ende dieser Expedition hatte ihren Tiefpunkt erreicht. Er tastete nach seiner Taschenlampe und leuchtete ins Innere der Kugel. Nur langsam gelang es ihm, sich zu orientieren. Die Rauchschwaden waren so dicht, dass er zunächst kaum etwas erkennen konnte. Doch nach und nach begann sich der Dunst zu lichten. Als er sich endgültig verflüchtigt hatte, bot sich Myagoshi ein unerwarteter Anblick. Was er entdeckt hatte, ließ ihn vor Entsetzen aufstöhnen.
23
E lla gewahrte ein Licht am Rande ihres Bewusstseins. Ein zuckendes, blendendes Etwas, das sie mit schmerzhafter Intensität zurück ins Leben holte. Sie öffnete die Augen und sah einen düsteren, rauchgeschwängerten Raum. Er kippte hin und her, während das hüfthohe Wasser schwappend gegen ihre Füße schlug. In einem Anflug von Panik zog sie ihre Füße an sich. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte um alles in der Welt den Kontakt mit der dunklen Flüssigkeit meiden. Es dauerte geraume Zeit, bis sie sich ihrer Situation bewusst wurde. Sie hockte auf einem Stuhl, die Beine angezogen, die Arme in schmerzhafter Umklammerung verschränkt. Mit einem Mal fiel ihr alles wieder ein. Die Tauchfahrt, die Flucht, die Explosion und … sie blickte sich um. Konrad Martin lag mit dem Oberkörper über der Steuerkonsole, die Augen geschlossen.
»Hallo, kann mich jemand hören?« Die Stimme klang verzerrt und wurde von einem seltsamen Heulen überschattet.
»Ist dort unten jemand?«
»Ja … ich.« Sie musste husten. Ihre Lungen fühlten sich an, als wären sie durch einen Fleischwolf gedreht worden. »Hier … bitte helfen Sie mir.« Der Lichtstrahl schnitt suchend durch die Dunkelheit und landete auf ihrem Gesicht. Ella schloss die Augen. »Machen Sie bitte das Licht aus, es schmerzt.« Der Lichtstrahl wanderte weiter, aber Ella glaubte einen Ausruf der Freude zu hören. Dann folgte eine Reihe von Worten auf Japanisch, die aber offenbar nicht an sie gerichtet waren. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie im Wasser keinen Stromschlag bekommen würde, begann sie von ihrem Stuhl zu kriechen. Ihre Beine waren sehr schwach und wollten sie nicht tragen. Helfende Hände packten sie und hielten sie aufrecht. Sie blickte zur Seite und bemerkte einen stämmigen Japaner in Marineuniform, der ihr ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Zwei weitere Seemänner kamen durch den engen Tunnel zu ihnen herab und begannen, im Schein zuckender Taschenlampen nach weiteren Überlebenden zu suchen. In diesem Augenblick ertönte ein dumpfes Grollen, und der Raum neigte sich zur Seite. Wasser stürzte aus der Topluke. Dumpfe Flüche hallten aus dem Tunnel, der zum Turm hinaufführte. Ein klatschnasser Arzt mit einer prall gefüllten Umhängetasche kam zu ihnen ins Boot. »Wir müssen uns beeilen, Dr.Jordan«, sagte der Offizier an ihrer Seite. »Können Sie allein hinaufsteigen? Sie werden oben in Empfang genommen.«
»Ich … ich werde es versuchen. Ja, ich glaube, es geht.«
»Gut. Drücken Sie die Daumen, dass Ihre Begleiter die Reise auch so glimpflich überstanden haben.«
Sie nickte und wankte dann bis zu der Eisenleiter. Gedämpftes Tageslicht fiel von oben herab. Das Pfeifen und Heulen nahm merklich zu. Während sie den schwankenden Tunnel hinaufkletterte, wurden ihre Haare von einer Windbö gepackt und durcheinandergewirbelt. Erneut klatschte eine Woge gegen die Bordwand, brach sich im Tunnel und donnerte
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