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Magna Mater - Roman

Magna Mater - Roman

Titel: Magna Mater - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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mächtig stolz. Eine Geheimmission im Auftrag der Magna Mater, und das im Alleingang!
    Eine Bewährungsprobe erster Ordnung!
    Mein Empfang auf der Toteninsel war nicht so spektakulär wie der, von dem Attea berichtet hatte. Es regnete. Nebelschwaden lagen auf dem Wasser. Zwei Skarabäen erwarteten mich am Landungssteg. Sie trugen Masken. Kein Wort der Begrüßung. Schweigend reichte mir einer die Hand, um mir an Land zu helfen. Dabei stieß ich ihm versehentlich mit dem Ellbogen die Maske vom Gesicht. Obwohl er es hastig wieder verdeckte, konnte ich einen Blick darauf werfen.
    Der Skarabäus hatte den Kopf eines Tieres mit kurzem, stoppeligem Fell. Ich erschrak so heftig, dass ich ins Wasser gefallen wäre, wenn der andere der beiden mich nicht aufgefangen hätte. Dabei sagte er: »Vergiss, was du siehst. Hier ist alles anders als du erwarten würdest.«
    Das galt sogar für seine Stimme. Sie klang fremdartig rau.Fragen wagte ich nicht zu stellen. Sie gaben mir mit ihrer ablehnenden Haltung deutlich zu verstehen, dass sie sie auch nicht beantworten würden. Wortlos schritten sie voran.
    Nach längerem Fußweg erreichten wir die Schlucht, von der ich schon gehört hatte. Die felsigen Steilwände waren wahrhaftig ausgehöhlt worden. Treppen verbanden die übereinanderliegenden Räume. Etagen wie in den hohen Gebäuden der Vergangenheit. Wortlos wurde ich in einer Kammer dieses Termitenbaues abgesetzt. Eine Wabe mit Wänden wie aus Muschelkalk. Ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch. Darauf eine Schale mit Datteln und Nüssen und eine Karaffe mit Wasser, aus der ich nicht zu trinken wagte. Wie hatte Attea gesagt: »Ich habe überlebt, weil ich nicht von ihrer Lethe getrunken habe.«
    Vorsicht war geboten. Sie hatten mich nicht wie ein Ordensmitglied, sondern wie einen Feind empfangen. Ich war hier, um ein Vergehen aufzudecken. Wie konnte ich da erwarten, von den Beschuldigten mit offenen Armen empfangen zu werden. Ich war nicht gekommen, um Freunde aufzusuchen, sondern um Schuldige zu benennen.
    Ich musste die Augen offen halten.
    Hier sei alles anders als anderswo, hatte der Skarabäus mich gewarnt. Wie recht er hatte.
    Das begann schon bei dem Licht, das die Kammer erfüllte. Sie war fensterlos und doch so hell, als läge sie im Sonnenlicht, oder richtiger, im Mondschein. Das Licht schien aus den Wänden zu kommen, aber die fühlten sich so kühl an, als wären sie nie mit Feuer in Berührung gekommen. Eine Lichtquelle, die wir den Glühwürmchen abgeschaut haben, von der ich zur damaligen Zeit noch nichts wusste.
    Ich streckte mich auf dem Bett aus. Tausend Fragen schossen mir durch den Kopf. Aber nach der langen Bootsfahrt und dem beschwerlichen Fußweg versank ich grübelnd in unruhigen Schlaf.
    Eine Tür wurde geöffnet. Träumte ich? Mit halb geschlossenen Augen erkannte ich einen Menschen, der sich über mich beugte, als wollte er prüfen, ob ich schliefe. Anscheinend befriedigt, schlich er sich aus dem Raum.
    Ich wartete ein paar Atemzüge lang, bevor ich die Tür öffnete. Vor mir lag ein gewundener Gang. Der Fremde war nicht mehr zu sehen, aber seine Schritte auf dem steinigen Boden waren noch gut vernehmbar. Ich hörte, wie eine Tür aufgestoßen wurde, Stimmengemurmel. Türklappen und Stille.
    Ich tappte barfuß den Gang hinunter, bog um eine Ecke und stand vor der Tür, hinter der gesprochen wurde.
    »Sie schläft fest«, sagte eine Stimme. »Vor morgen Mittag wird sie nicht erwachen.«
    »Und was machen wir dann mit ihr?«
    Mehrere Stimmen redeten gleichzeitig durcheinander.
    »Hören wir uns doch an, was sie zu sagen hat.«
    »Und wozu das ganze Theater?«
    »Um herauszufinden, was nach draußen gedrungen ist. Dergleichen darf sich nicht wiederholen. Ist es wahr, dass du vor ihr dein Gesicht entblößt hast?«
    Kleinlautes Gemurmel.
    »Schon wieder so eine Schlamperei.«
    »Aber eine, die uns keinen Schaden mehr zufügen kann.«
    »Was soll mit ihr geschehen?«
    »Wir werden sie …«
    Am Ende des Ganges wurde eine Tür geöffnet. Schritte kamen näher. Ich hastete zurück in mein Zimmer. Den Rest der Nacht verbrachte ich schlaflos. Das Gehörte hatte mich in Unruhe versetzt.
    »Was machen wir mit ihr?« klang nicht gut. Und »Eine, die uns keinen Schaden mehr zufügen kann« noch bedrohlicher. Angst beschlich mich. Ich verdrängte sie, indem ich mir sagte: Was kann dir schon geschehen. Die Magna Mater hat dich geschickt. Du stehst unter ihrem Schutz.
    Aber der Orden bestand aus Ordensfrauen, und die Stimmen,

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