Magnolia Haven 01 - Morgendammerung
aus.
Müde folgte Joanna ihm nach drinnen, während sie sich unbehaglich fragte, was passiert war, dass die heitere Stimmung des Nachmittags jetzt so plötzlich verschwunden war.
Als sie ins Haus kamen, stellte Joanna fest, dass Jake nicht der Einzige war, der schlechte Laune hatte. Sie wollte ihm gerade eine gute Nacht wünschen, als Olivia wie ein Racheengel aus dem Wohnzimmer geschossen kam. Ihre Augen sprühten vor Zorn, und Joanna hatte den Eindruck, als wolle sie auf sie losgehen. Doch im selben Moment bemerkte sie Jake und sie bemühte sich, ihren Ärger unter Kontrolle zu halten.
»Es war ausgemacht, dass du am Mittag wieder zurück bist«, sagte sie gedehnt.
»Sie kann nichts dazu, es war meine Schuld«, erklärte Jake.
Olivia lächelte ihn an. »Schon gut, entschuldige, ich wollte dir ja auch keinen Vorwurf machen. Ich möchte nur sicher sein, dass sie ihre Pflichten nicht vernachlässigt.«
Er hob die Augenbrauen. »Das wird sie nicht, keine Sorge«, betonte er. »Also Schluss jetzt mit der Diskussion.«
Seine Stimme klang hart und ließ keinen Widerspruch zu. Olivia drehte sich mit zusammengepressten Lippen um und ging wieder ins Wohnzimmer zurück, jedoch nicht, ohne Joanna noch einen bösen Blick zuzuwerfen.
Unsicher schaute Joanna zu Jake, doch der hatte sich bereits abgewandt.
»Gute Nacht«, warf er ihr kühl über die Schulter zu, und Sekunden später fiel die Tür seines Arbeitszimmers hinter ihm ins Schloss.
Das Frühstück am nächsten Morgen verlief wie gewohnt, abgesehen davon, dass Olivias Augen ständig kleine Blitze in Joannas Richtung schossen. Jake verschanzte sich beharrlich hinter seiner Zeitung und vermied es, Joanna anzusehen.
Müde und ohne rechten Appetit zwang sie sich ein paar Cornflakes hinunter und begriff nicht, warum Jake sich ihr gegenüber plötzlich wieder so abweisend verhielt.
Die ganze Nacht hatte sie wachgelegen und gegrübelt, was sie getan haben könnte, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Aus irgendeinem Grund tat es ihr weh, dass er nach diesem wunderschönen Tag jetzt so kühl zu ihr war. Sie hatte die gemeinsamen Stunden sehr genossen und der Gedanke, dass es nun damit vorbei sein könnte, löste eine seltsame Traurigkeit in ihr aus.
Auf einmal ging die Tür auf und Tom kam herein.
»Guten Morgen«, grüßte er fröhlich und setzte sich auf seinen Platz zwischen Jake und Joanna.
Olivia lächelte scheinheilig. »Seit wann bist du denn zurück?«, wollte sie wissen, während Jake nur einen desinteressierten Blick auf seinen Bruder warf und sich dann wieder hinter seiner Zeitung vergrub.
»Seit Mitternacht ungefähr«, er gähnte ungeniert, »und so fühle ich mich auch.«
»Nun, wenn du nachher ausgeruht genug bist, hätte ich dich gerne gesprochen«, erklärte Olivia.
Tom nickte. »Natürlich meine Liebe, wann immer du willst.«
Der Rest des Frühstücks verlief in gewohntem Schweigen und Joanna war froh, als es endlich Zeit für den Unterricht war.
Zusammen mit Michael ging sie nach oben, und als Robert sie wenig später nach ihrem gestrigen Tag fragte, berichtete sie mit leuchtenden Augen von der Spinnerei und ihrem Ausflug nach Mud Island.
»Hört sich so an, als hättest du einen sehr schönen Tag gehabt«, stellte er fest.
»Ja«, sie lächelte, »den hatte ich tatsächlich.«
»Schaff dieses Mädchen aus dem Haus«, verlangte Olivia im gleichen Moment aufgebracht von Tom.
»Tut mir leid, aber diesen Wunsch kann ich dir nicht erfüllen«, grinste er. »Was ist denn los? Weshalb bist du so wütend auf sie?«
»Du hast gesagt, dass sie sich um Michael kümmern soll, doch offenbar hat sie andere Dinge im Kopf«, zischte Olivia.
»Andere Dinge?«
»Sie treibt sich herum.«
»Sie treibt sich herum?«, wiederholte Tom in einem Ton, von dem er genau wusste, dass er Olivia zur Weißglut brachte.
»Hör auf mich nachzuäffen wie ein Papagei«, fauchte sie ihn dann auch sogleich wie erwartet an. »Sie treibt sich mit Jake herum.«
»Oh«, war Toms einzige Reaktion darauf.
»Sie ist mit ihm ausgeritten, sie sitzen jeden Abend zusammen in der Bibliothek, und gestern waren sie den ganzen Tag in Memphis und sind erst spät zurückgekehrt«, berichtete sie zornig. Gehässig fügte sie noch hinzu: »Weiß der liebe Gott, was sie dort gemacht haben.«
»Das hört sich ja fast so an, als wärst du eifersüchtig.«
»Unsinn.«
»Warum regst du dich dann so auf? Jake ist alt genug, um zu wissen, was er tut.«
»Eben du sagst es«, giftete sie,
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