Magnolia Haven 02 - Mittagsglut
sich zurück, sah Carol und Taylor nur noch beim Geburtsvorbereitungskurs, den sie weiterhin alleine besuchte, und Steve ging sie vollständig aus dem Weg.
Jake hingegen war jetzt beinahe jeden Abend unterwegs. Er fuhr nach dem Essen weg und sie hörte ihn oft erst in den frühen Morgenstunden zurückkommen. Sie hatte keine Ahnung, wo er hinging, und sie wagte es auch nicht, ihn danach zu fragen. Einmal, als sie seine Hemden wusch, bemerkte sie einen roten Fleck an einem der Kragen, und als sie näher hinschaute, sah sie, dass es Lippenstift war.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, sie hatte das Gefühl, etwas in ihr würde zerreißen, und nur mühsam gelang es ihr, sich wieder zu beruhigen.
Weinend stopfte sie das Hemd in die Waschmaschine, und sagte sich, dass so etwas früher oder später hatte passieren müssen. Er fühlte sich ihr gegenüber nicht mehr verpflichtet, er war jung und gesund und hatte seine Bedürfnisse, warum sollte er sich also nicht irgendwo abreagieren.
Trotzdem tat ihr der Gedanke weh, dass er mit einer anderen Frau schlief, mit ihr vielleicht genauso leidenschaftlich umging wie anfangs mit ihr.
Sie litt wie ein verwundetes Tier, konnte nachts nicht mehr schlafen, konnte kaum etwas essen und sich nicht richtig auf ihre Arbeiten konzentrieren.
»Was hältst du davon, wenn wir uns morgen mal wieder einen gemütlichen Frauenabend machen?«, schlug Carol eines Abends nach der Geburtsvorbereitung vor. »Ich glaube, es würde dir ganz guttun, mal aus euren vier Wänden herauszukommen.«
Zuerst wollte Joanna ablehnen, doch dann dachte sie sich, dass Carol recht hatte. Es brachte nichts, zu Hause zu sitzen, zu warten, bis Jake heimkäme, und sich zu zerfleischen, also sagte sie zu.
Am nächsten Abend bat sie Jake um den Jeep und fuhr zu den Goldwynns. Taylor war unterwegs, und die beiden Frauen saßen gemütlich im Wohnzimmer.
»Möchtest du mir erzählen, was dich bedrückt?«, fragte Carol nach einer Weile.
Ihr war nicht entgangen, wie elend die Freundin aussah, und sie machte sich Sorgen.
»Es ist nichts«, wehrte Joanna ab.
Carol warf ihr einen kritischen Blick zu. »Das glaube ich dir nicht«, sagte sie offen, »ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht. – Es hat mit Jake zu tun, oder?«
Erschrocken zuckte Joanna zusammen. »Was? Wie kommst du denn darauf?«
»Man müsste blind sein, um es nicht zu bemerken«, Carol lächelte, »es ist sehr offensichtlich. Angefangen damit, dass ihr in einem Bett schlaft, habe ich gesehen, wie er dich manchmal anschaut, und vor allem wie du ihn ansiehst. Und dann beim Kurs, als er noch dabei war, du hast dich so behaglich an ihn gekuschelt, dass ich gedacht habe, du würdest jeden Moment anfangen zu schnurren. Und er war so liebevoll zu dir, das war nicht die Art, wie ein Bruder mit seiner Schwester umgehen würde. Außerdem hätte er an dem Abend im Saloon Steve am liebsten den Hals umgedreht, das war nicht zu übersehen.«
Joanna schluckte. »Es … es ist nicht so, wie du denkst.«
Mitfühlend griff Carol nach ihrer Hand und drückte sie. »Keine Angst, ich würde euch nie dafür verurteilen. Solche Dinge passieren nun mal, kein Mensch kann etwas für seine Gefühle. Wenn man sich verliebt, hat der Verstand keine Chance, selbst wenn es der eigene Bruder ist.«
»Oh nein«, sagte Joanna entsetzt, »das verstehst du völlig falsch – Jake ist nicht mein Bruder.«
Carol runzelte die Stirn. »Was? Aber ihr habt doch gesagt …«
»Das war gelogen«, gab Joanna zu, »wir wollten nicht, dass jemand etwas von uns erfährt. Ich war erst siebzehn, als wir … als wir uns kennengelernt haben.«
Hilflos senkte sie den Kopf, hörte wie die Freundin erleichtert auflachte.
»Oh mein Gott, und ich dachte wirklich …«
»Ja, das war Jakes geniale Idee«, murmelte Joanna bedrückt.
»Gut, aber inzwischen bist du achtzehn und euch kann nichts mehr passieren. Warum bist du also so niedergeschlagen?«
»Ach Carol«, seufzte Joanna unglücklich, »das ist eine lange Geschichte und alles sehr kompliziert und verfahren.«
»Kein Problem, wir haben noch viel Zeit, bis Taylor zurück ist, und ich kann gut zuhören. Du brauchst auch keine Angst zu haben, ich werde niemandem etwas sagen, selbst Taylor nicht. Wenn du willst, kannst du mir dein Herz ausschütten, ich glaube, das würde dir ganz guttun.«
Joanna einen Moment und nickte schließlich. »Okay.«
Erst stockend, dann immer flüssiger, begann sie zu erzählen. Sie berichtete Carol alles, was seit
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