Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
einen Tipp geben?« Linette schwieg. »Glaubst du, jemand aus Rauschwald steckt mit dem Grafen unter einer Decke?« Tante Linette zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder ihrer Kugel. »Und was macht er mit denen, die verschwinden? Wozu braucht er sie?«, bohrte Magnolia weiter.
»Ich kann im Moment nicht darüber sprechen, vergiss einfach, was ich gesagt habe«, antwortete Linette und erhob sich schwerfällig.
»Dein Essen steht übrigens auf dem Herd. Ich lege mich jetzt für ein Stündchen aufs Ohr. Wir sehen uns nachher beim Unterricht.«
»Apropos Unterricht!«, rief Magnolia ihr nach. »Ich habe mir heute überlegt, dass es allmählich Zeit für die richtigen Zaubersprüche wird. Was meinst du? Hast du nicht einen guten Furunkel-Zauber oder etwas Ähnliches in deinem Repertoire?«
Einen Moment starrte Linette ihre Nichte an, dann schüttelte sie betrübt den Kopf und schlurfte wortlos davon.
»Wie du willst«, murmelte Magnolia grimmig, »dann bleibt mir also nichts anderes übrig, als mir das nötige Wissen allein anzueignen.«
Es war nun mal eine traurige Tatsache, dass sie sich seit über einem Monat mit dem kleinen Hexeneinmaleins beschäftigte, ohne auch nur einen wirklich brauchbaren Zauberspruch gelernt zu haben.
Sie hatte es von der Mäuseplage über die Heuschreckenplage lediglich bis zur Schneckenplage gebracht. Und weitere Plagen sollten folgen.
Tante Linette hatte ihr zwar gnädig in Aussicht gestellt, zur Auflockerung das Kapitel Magnetismus einzuschieben (gähn). Leider war ihr dabei die entscheidende Kleinigkeit entgangen, dass es auf Gottes weiter Welt Menschen gab, die um fette Eiterpickel geradezu bettelten. Schneckenplagen und Magnetismus ließen solche Menschen dagegen ganz sicher kalt.
Neunzehntes Kapitel
Das große Hexeneinmaleins
Das kleine Hexeneinmaleins lag geschlossen auf dem Tisch. Magnolia schlug es auf und fing an, nach einem passenden Zauber zu suchen.
Es war deprimierend. Nach den Plagen folgte das Kapitel »Melken«. Wenn Magnolia richtig verstand, übte man auf den nächsten siebzig Seiten das Zapfen von Milch aus verschiedenen Gegenständen, wie Stuhlbeinen und Seilen. Sie sah die düsteren Nachmittage bereits vor sich. An das »Melken« schlossen sich Zauber wie Hüttenschutz und Stärkungstrünke an. Es war unglaublich, dieses Buch schien nicht einen einzigen brauchbaren Zauberspruch zu enthalten.
Für einen Moment war Magnolia ratlos, dann zerrte sie entschlossen das große Hexeneinmaleins aus dem Regal. Irgendwann würde sie sich sowieso damit beschäftigen müssen.
Die kleine warnende Stimme in ihrem Innern überhörte sie geflissentlich.
Das große Hexeneinmaleins war in dunkelblaues Leder gebunden und dreimal so schwer wie das erste Buch. Beinah wäre es Magnolia aus den Händen gerutscht.
Ein Hologramm auf seinem Umschlag fesselte ihren Blick. Großes Hexeneinmaleins stand da in roten Buchstaben, änderte man jedoch seinen Blickwinkel, sah man einen flackernden Scheiterhaufen, um den sieben Hexen tanzten.
Die Szene wirkte so lebendig, dass man meinte, das Feuer knistern zu hören.
Von diesem Buch ging etwas Ehrwürdiges aus. Bedächtig schlug Magnolia es auf. Die blanken Ecken der vergilbten, trockenen Seiten ließen die Generationen von Hexen erahnen, die damit schon gearbeitet hatten.
»Magnolia, was tust du da?« Ein Wispern streifte Magnolias Ohr. Erschrocken sah sie sich um, doch außer ihr war niemand im Raum.
Wer hatte da gesprochen. Etwa das Buch?
Neugierig fing Magnolia an, darin zu blättern und endlich fand sie so herrliche Kapitel wie: Flüche, Wetter machen, Maladitis und Flugstunden im Besenreiten.
Ihre Augen glänzten.
»Lasss esss sssein, ich bin nicht dein«, wisperte es abermals. Magnolia überhörte es gekonnt.
Bedeutete malade nicht so etwas wie krank? Egal, es klang jedenfalls genau wie das, wonach sie suchte.
»Mal sehen.« Forschend ließ sie ihren Finger über den Index dieses vielversprechenden Kapitels gleiten.
Tod und Teufel – zu hart.
Pest und Pocken – vielleicht.
Hals und Beinbruch – nein.
Kreisrunder Haarausfall – Magnolia grinste, nicht übel.
Pickel, Pustel, Eiterstippe – bingo, Seite 1123.
Rasch schlug Magnolia die gesuchte Seite auf.
»Leg mich weg, du Hexenschreck!«
Diesmal hatte das Wispern einen eindeutig drohenden Unterton.
»Halt die Klappe, alte Pappe!«, ranzte Magnolia zurück, sie war viel zu aufgeregt, als dass ihr solche Nuancen aufgefallen wären. Begierig beugte sie sich
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