Magnus Jonson 01 - Fluch
den Knast erzählt hatte, verunsicherten ihn noch immer.
Ein Mann kam aus einem der Gebäude. Er war groß, fast zwei Meter, hatte langes helles Haar, einen Bart und eine breite Brust. In seinem blauen Overall steuerte er direkt auf den Mercedes zu. Bestimmt einer von diesen verkommenen Schafhirten, von denen dieser Kommissar gesprochen hatte. Feldman drückte die Türverriegelung herunter und war erleichtert, als er das tröstende elektronische Klicken hörte. Der Mann im Overall erblickte ihn im Wagen, nickte ihm kurz zu und stieg in einen Toyota-Pick-up.
Schließlich entdeckte Feldman im Eingang die elegante Gestalt von Kristján im Anzug, begleitet von einem großen Mann in einemblauen Trainingsanzug, der einen dicken Bauch vor sich herschob. Feldman reckte sich, entriegelte die Tür und stieß sie auf. »Gimli!«
Gimli ließ sich mit einem Grunzen auf den Rücksitz fallen. »Alles okay?«, fragte er.
Feldman zögerte. Es war das erste Mal, dass er Gimli persönlich traf, aber er hatte das Gefühl, ihn schon lange zu kennen. Die Gefühle übermannten ihn. Linkisch beugte er sich vor, um Gimli in die Arme zu nehmen.
Gimli rührte sich nicht. »Immer mit der Ruhe, Kumpel«, sagte er. Er hatte einen starken Yorkshire-Akzent.
Feldman löste sich schnell wieder von ihm.
»Wie war es?«, wollte er wissen. »Da drin? Wirklich so schlimm?«
»Schon in Ordnung. Essen ist okay. Aber das Fernsehen in diesem Land ist echt scheiße.«
»Und die anderen Gefangenen? Haben sie dich gut behandelt?« »Hab nicht mit ihnen geredet«, sagte Gimli. »Bin für mich geblieben.«
»Das war schlau«, bemerkte Feldman. Er betrachtete Gimli und versuchte herauszufinden, ob er log. Feldman hätte Verständnis dafür, wenn Gimli seine Gefängniserfahrungen nicht allzu genau schildern wollte.
Unter Feldmans Blick rutschte Gimli befangen umher. »Danke für die Hilfe, Lawrence. Mit Kristján und allem.«
»Schon gut. Und nenn mich bitte Isildur. Ich nenne dich Gimli.«
Gimli schaute Feldman an, hob die Augenbraue und zuckte mit den Achseln. »Meinetwegen. Ich hab denen nichts erzählt, ja? Aber anscheinend haben sie schon eine Menge selbst rausbekommen. Sie haben zum Beispiel das mit der Saga und dem Ring rausgekriegt, obwohl ich denen nichts gesagt habe.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Feldman und fühlte sich auf der Stelle schuldig, weil er der Polizei unter deutlich weniger Druck so viel verraten hatte.
Kristján ließ den Wagen an und fuhr zurück nach Reykjavík. Feldman war froh, das Gefängnis hinter sich zu lassen. Er warf seinem Begleiter einen Seitenblick zu. Jubb war größer, als er gedacht hatte. Wegen seines Spitznamens hatte Feldman ihn sich irgendwie kleiner vorgestellt. Aber dieser Gimli besaß dieselbe Unbeirrbarkeit wie sein Namensvetter aus Mittelerde. Ein guter Mitstreiter.
»Weißt du, Gimli, Gauks Saga können wir vielleicht nicht haben, aber den Ring können wir immer noch finden. Willst du mir helfen?«
»Nach allem, was hier passiert ist?«, fragte Gimli.
»Ich könnte natürlich verstehen, wenn du keine Lust mehr hast«, sagte Feldman. »Aber wenn wir ihn finden, können wir teilen. Die Zeit, in der wir ihn haben. Fünfundsiebzig zu fünfundzwanzig.« »Was meinst du damit?«
»Ich meine, du bekommst ihn fünfundzwanzig Prozent der Zeit. Jedes Jahr drei Monate.«
Gimli starrte aus dem Fenster auf die braune Ebene. Er nickte. »Hm, ich hab schon so viel mitgemacht, jetzt soll es sich auch lohnen.«
»Abgemacht?« Feldman hielt ihm die Hand hin.
Gimli ergriff sie. »Und wo fangen wir an?«
»Hat Agnar irgendwie angedeutet, wo der Ring sein könnte?« »Nein. Aber er war sicher, dass er an ihn herankäme. Hörte sich an, als wüsste er genau, wo er ist.«
»Gut. Und als die Polizei dich befragte, fielen da irgendwelche Namen?«
»Ja, die von einem Bruder und einer Schwester. Peter und Ingi-sowieso Ásgrímsson. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das die beiden sind, die die Saga verkaufen.«
»Gut. Dann müssen wir sie nur noch finden. Kristján? Können Sie uns helfen?«
»Ich habe Ihnen nicht zugehört«, sagte der Anwalt.
»Wir müssen zwei Personen ausfindig machen. Können Sie uns dabei helfen?«
»Das halte ich nicht für klug«, sagte Kristján. »Wenn ich Sie auch zukünftig vertreten soll, ist es besser, wenn ich so wenig wie möglich weiß.«
»Verstehe. Könnten Sie uns denn einen guten Privatermittler empfehlen? Der auch gewillt ist, die Gesetze etwas großzügiger auszulegen,
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