Magnus Jonson 01 - Fluch
um herauszubekommen, was wir wissen wollen?«
»Die Ermittler, die für uns arbeiten, würden so etwas niemals tun«, sagte Kristján.
Feldman runzelte die Stirn.
»Wen würden Sie denn nicht empfehlen?«, fragte Steve Jubb. »Sie wissen schon: Von wem sollten wir uns besser fernhalten?«
»Es gibt einen Mann namens Axel Bjarnason«, gab Kristján zu rück. »Er ist bekannt dafür, sich manchmal auf die falsche Seite des Gesetzes zu verirren. Von dem würde ich mich fernhalten. Sie finden seinen Namen im Telefonbuch, unter ›A‹. In diesem Land stehen die Menschen unter ihren Vornamen drin.«
Es dauerte eine Weile, bis Magnus einen Wagen für die Fahrt nach Hruni organisieren konnte, daher war es schon nach Mittag, als er vor der Galerie auf der Skólavördustígur hielt, um Ingileif abzuholen. Bis nach Hruni dauerte es etwas weniger als zwei Stunden, aber es blieb noch genug Zeit für die Fahrt, ein Gespräch mit dem Pastor und die anschließende Rückfahrt nach Reykjavík.
Ingileif trug Jeans und einen Anorak und hatte das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Sie sah gut aus. Und sie wirkte erfreut, Magnus zu sehen.
Unter einer großen dunklen Wolke verließen sie Reykjavík, rechts und links erstreckten sich die Vororte Grafarvogur und Breidholt in einem blasseren Grau. Als sie den Pass im Südosten hinauffuhren, vereinigten sich Wolken und Lavalandschaft zu einer Masse, bis sie den letzten Anstieg erklommen und in ein weitläufiges Tal hinabschauten, das in der Sonne strahlte. Die Ebene war mit Hügeln und kleinen Siedlungen betupft und wurde voneinem breiten Fluss zerschnitten, der durch die Stadt Selfoss hinunter zum Meer floss. In der Nähe stieg in großen Wolken Dampf aus den Bohrlöchern eines Erdwärme-Kraftwerks auf. Direkt da neben befanden sich die Treibhäuser von Hveragerdi, beheizt von Wasserfontänen, die aus der Erde schossen. In der Luft lag der Geruch von Schwefel, er drang bis ins Auto.
Die schwarze Wolke über ihnen hatte einen dünnen weißen Saum. Der Himmel war von einem blassen, grenzenlosen Blau. »Erzähl mir von Tómas«, schlug Magnus vor.
»Ich kenne ihn eigentlich, solange ich mich erinnern kann«, sagte Ingileif. »Wir waren zusammen auf der Grundschule in Fluðir. Seine Eltern trennten sich, als er ungefähr vierzehn war, dann zog er mit seiner Mutter nach Hella. Er ist völlig anders als sein Vater, ein kleiner Scherzbold, auf seine Art charmant, auch wenn ich ihn nie attraktiv fand. Ziemlich klug. Aber sein Vater war immer von ihm enttäuscht.«
Ingileif unterbrach sich, als Magnus abwärts um eine besonders steile Kurve fuhr und einem entgegenkommenden Lkw ausweichen musste.
»In diesem Land fahren wir auf der rechten Seite«, bemerkte sie.
»Ich weiß. Tun wir in den Staaten auch.«
»Sieht nur so aus, als wäre dir die Straßenmitte lieber.«
Magnus ging nicht darauf ein. Er hatte den Wagen völlig unter Kontrolle.
»Nach der Uni hing Tómas ein bisschen in der Luft«, fuhr Ingileif fort. »Dann fing er als Journalist an und hatte plötzlich diese Sendung, die er jetzt moderiert: Auf den Punkt . Er macht es perfekt. Der Produzent, der ihn entdeckt hat, muss ein Genie sein.«
»Wann war das?«
»Vor ein paar Jahren. Ich glaube, der Erfolg ist ihm ein bisschen zu Kopf gestiegen. Tómas hat immer schon gern getrunken und Drogen genommen, und seine Partys haben den Ruf, dass es dort ziemlich wild zugeht.«
»Warst du mal auf einer?«
»Nee. Ich habe ihn in letzter Zeit nicht oft gesehen, nur gestern. Aber er hat mich zu einer Party am Samstag eingeladen.«
»Dafür würde ich mir kein Abendkleid kaufen.«
»Nein«, sagte Ingileif. »Ich habe schon gehört, dass er eventuell was anderes vorhat.«
»Du hast gesagt, du hättest ihn gestern getroffen?«
Ingileif erzählte von ihrer Verabredung mit Tómas im Café Mokka und von seinen kryptischen Fragen zum Mordfall Agnar.
»Wie kommt er mit seinem Vater aus?«, wollte Magnus wissen.
»Wie es jetzt ist, weiß ich nicht. Früher war es die klassische Beziehung zwischen einem zu anspruchsvollen Vater und einem Sohn, der ihn immer zufriedenstellen will, es aber nie so richtig schaff t. Tómas lehnte sich dagegen auf, wollte aussteigen, warf die ganzen Partys und so, aber irgendwie gelang es ihm nie so recht. Er spürte immer deutlich das Missfallen seines Vaters. Mit Sicherheit bis heute.«
»Das heißt, er würde seinem Vater einen Gefallen tun, einen großen Gefallen?«
»Zum Beispiel jemanden
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