Magnus Jonson 01 - Fluch
Kalifornien bis nach Island.
»Es tut mir leid, Árni. Ich habe Isildur heute Morgen im Hótel Borg entdeckt.«
»Und? Hat er dir ein paar nützliche Sachen verraten?«
»Ja, allerdings. Bloß dass es deinen Chef nicht interessiert.« »Warum nicht? Was ist passiert?«
»Er hat jemand anderen eingebuchtet. Einen Mann namens Tómas Hákonarson.«
»Doch nicht der von Auf den Punkt ?«
»Doch, genau der.«
Árni pfiff ins Telefon. »Und? Was soll ich jetzt tun?«
»Ich würde sagen, du kommst besser zurück nach Hause. Dein Flugzeug dreht wahrscheinlich direkt um und fliegt zurück nach New York. Schau mal nach, ob noch ein Platz für dich frei ist.«
»Ach, du Scheiße«, sagte Árni. »Es kommt mir jetzt schon vor, als hätte ich tagelang im Flieger gesessen. Ich glaube nicht, dass mein Körper noch so einen langen Flug mitmacht.«
Stell dich nicht so an, dachte Magnus. Aber er hatte Mitleid mit seinem jungen Kollegen. »Du kannst dir auch einfach ein Hotel nehmen und meine Nachricht erst morgen früh abhören.« »Gute Idee. Das mache ich. Danke, Magnus.«
»Kein Problem.«
»Und noch was, Magnus ...«
»Hm?«
»Bleib dran! Gib nicht auf. Du schaffst es.«
»Nacht, Árni.«
Als Magnus sein Telefon ausschaltete, dachte er über Árnis letzte Bemerkung nach. Er freute sich, zurück nach Hause fliegen zu dürfen. Aber er gab nicht gern auf. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass er Island verließ und der Mord an Agnar ungeklärt war. Um ganz ehrlich zu sein, konnte er es genauso wenig ertragen, dass Baldur den Fall allein löste. Árni hatte recht, er sollte nicht aufgeben. Er freute sich schon darauf, am nächsten Tag mit Ingileif nach Hruni zu fahren. Auch der Tod ihres Vaters musste noch geklärt werden.
Es gab so vieles aufzudecken. Unvermeidlich kehrten Magnus’ müde Gedanken an den Tod seines eigenen Vaters zurück.
Er öffnete das kleine Pförtchen vor dem Grand Rokk und steuerte auf das Licht der Theke zu. Die Wärme von Geplauder und Alkohol sickerte bis nach draußen in den kleinen Vorhof.
Er ging hinein.
Magnus saß in der Klemme. Er hatte schon drei Feinde umgelegt, aber es schlichen noch mindestens zwei umher. Er war mit einer Remington-Schrotflinte und einer .357 Magnum bewaffnet. In den Docks war es dunkel. Irgendwo raschelte etwas.
Magnus fuhr herum, sah eine Pistole hinter einem Container hervorlugen und drückte seine Remington zweimal ab. Eine Gestalt rollte auf den Asphalt, tot. Zwei weitere sprangen aus nächster Nähe auf ihn zu; er erschoss die erste, dann leuchtete eine Mitteilung in der unteren Ecke des Bildschirms auf: Schulterverletzung. Er musste seine Waffe fallen lassen. Die grinsende Visage eines Gangsters erschien auf dem Monitor, gefolgt von der Mündung einer MP5. »Make my day«, sagte der Typ, und der Bildschirm wurde erst orange und dann schwarz.
Game over.
Johnny Yeoh fluchte und schob seinen Stuhl nach hinten. Fünf Stunden am Stück war er jetzt Magnus gewesen. Kops Life war sein Lieblingsspiel, und er nannte sich immer Magnus. Der Typ war einfach supercool.
Johnny fragte sich, ob er es wagen und sich tatsächlich bei der Polizei bewerben sollte. Schlau genug wäre er mit Sicherheit. Und er fand, er reagierte gut unter Druck. Sicher, er war nicht gerade groß, aber wenn man eine richtige Kanone trug, was machte das dann schon?
Es klingelte. Johnny sah auf die Uhr: halb eins in der Nacht. Plötzlich fiel ihm auf, wie viel Hunger er hatte. Vor einer Dreiviertelstunde hatte er eine Pizza bestellt, auch wenn es sich nur wie zehn Minuten anfühlte, so versunken war er in das Computerspiel gewesen.
Er drückte dem Pizzaboten die Haustür auf, und eine Minute später schloss er die Wohnungstür auf, um ihn hereinzulassen.
Die Tür wurde aufgestoßen, Johnny wurde gegen die Wohnzimmerwand gedrückt und hatte plötzlich einen Revolver im Hals. Ein hellbraunes Gesicht mit kühlen Augen starrte ihn an, nur Zentimeter entfernt. Johnny schielte auf die Waffe in seinem Mund, bis ihm die Augen wehtaten.
»So, Johnny, ich hab genau eine Frage an dich«, sagte der Mann.
Johnny wollte etwas sagen, bekam aber nichts heraus. Er wusste nicht, ob es an der Angst oder an dem Metall in seinem Mund lag. Der Mann zog die Waffe zurück, hielt sie ihm zwei Zentimeter vor die Lippen.
Abermals versuchte Johnny zu sprechen. Kein Laut kam hervor. Es war doch die Angst.
»Wie bitte?«
Es gelang Johnny, ein paar Worte herauszuquetschen. »Was wollen Sie
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