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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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loszuwerden, was in dir wütet. Alles nur Einbildung. Ein Schatten steht über diesen Dingen.
    » Vergiss es«, flüsterte Mattim. »Ich brauche keine Ratschläge von dir. Gar nichts brauche ich von dir.« Zu Fuß schritt er über die Kettenbrücke, über das dunkle, eilig dahinfließende Wasser der Donau, auf dem die Eisbrocken schwammen. Zurück nach Pest, auch wenn er sich vornahm, nie wieder die hohe Fassade des Ostbahnhofs zu betrachten und sich dann umzuwenden, um ein schmales graues Haus zu betreten, das ihn mit dem trügerischen Versprechen von Sicherheit, Geborgenheit und Familie empfing. Immer wieder starrte er hinunter ins Wasser. Die Eisschollen schoben sich knirschend an den Brückenpfeilern vorbei. Ein Fluss, durchdrungen von Licht … Nein, seine trübe Zwillingsschwester, ein Fluss, der niemals unter dem Licht des Königs hell geworden war, immer heller und tödlicher … Konnte die Donau ihn töten? Würde sie ihn auflösen, wie ihn der Donua umbringen würde, würde der Fluss seinen Schmerz in sich aufnehmen und auslöschen,
wie zwei Finger die Flamme einer brennenden Kerze auslöschen konnten?
    Er sah hinunter in das Wasser und erinnerte sich an die eisige Kälte des Flusses, den er durchschwommen hatte. Ihm war nicht nach noch mehr Kälte, nach noch mehr Dunkelheit und Leere. Vielmehr sehnte er sich nach Wärme, nach zwei Armen, die ihn umfingen und an sich drückten. Nach Hanna … Aber er kehrte nicht um. Er zwang sich, nicht umzukehren. Er schlenderte an den Häusern auf der Pester Seite entlang. Manch eine hohe, verzierte Fassade erinnerte ihn an Akink. An eine Stadt, die er nie wieder betreten würde, die er für immer verloren hatte. Eine Stadt, die Kunun sich untertan machen würde, so wie er alles unterwarf, was Mattim liebte.
    Ziellos wanderte er durch die Straßen. Nein, Budapest hatte nichts, aber auch gar nichts mit Akink gemeinsam. Statt über das Kopfsteinpflaster zwischen schlafenden Häuserzeilen zu gehen, das Gelächter der Karten spielenden Brückenwächter noch in den Ohren, marschierte er über dunkle Bürgersteige, den nicht enden wollenden Strom der Autos neben sich. Blendende Scheinwerfer. Es roch nach Nässe und Fäulnis. Obdachlose durchwühlten die Mülltonnen. Aus den Restaurants drang der verlockende Geruch von warmem Essen und menschlicher Gemeinschaft. Ein Leben, das ohne ihn stattfand. Eine Welt, an der er keinen Anteil hatte.
    Mattim stand da und starrte auf die grelle Leuchtreklame.
    Hanna.
    Du Idiot. Wie konntest du das tun? Wie konntest du sie anklagen, deine Hanna, die dein Licht ist, dein Leben und dein Herz?
    Aber, Kunun, sagte der Schmerz. Kunun hat sie mir weggenommen. Kunun, der über mich lacht …
    Auf einmal war es, als hörte er seine eigene Stimme, aus einer Zeit, die Jahrhunderte her schien und vielleicht auch
erst gestern gewesen war: Wie könnte ein Biss aus meinem Herzen voller Licht etwas Dunkles machen - wie, wenn ich es nicht will?
    Hanna war stark. So stark, dass sie ihre Erinnerungen mit Gewalt zwang, zu ihr zurückzukehren, obwohl es eigentlich unmöglich war. So stark, dass selbst Schmerz und Schrecken sie nicht davon abhalten konnten, immer wieder zu ihm zu kommen. Wie hatte er nur glauben können, dass sie ihn wegen Kunun verriet?
    Der junge Prinz machte auf dem Absatz kehrt und rannte den Weg wieder zurück, rannte, bis ihm fast schwarz vor Augen wurde, bis er sich daran erinnerte, dass sein Körper weder Luft zum Atmen noch Ruhepausen zur Erholung benötigte. Auf keinen einzigen Augenblick wollte er verzichten, den er schneller bei ihr war, um jede Minute, jede Sekunde, die er später kam, tat es ihm leid. Er lief wieder über die Brücke, lief den Hügel hinauf und wieder hinab, in die immer ruhiger werdenden Straßen, im gleichmäßigen, unermüdlichen Trab eines Langstreckenläufers, eines Wolfs, das Ziel schon vor Augen. Lief, bis ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss, grausam wie ein brennender Pfeil: Was, wenn sie dachte, dass er nur zurückkam, um sie nach dem Code zu fragen? Wenn jede seiner gestammelten Entschuldigungen einen schalen Beigeschmack hatte, weil sie womöglich annahm, dass es ihm bloß um den Weg in den Keller ging?
    Er hielt inne, zutiefst erschrocken. Wartete darauf, das Blut in seinen Ohren rauschen zu hören, den Schmerz in den Beinen, in der Brust zu spüren. Aber sein Körper hielt still, ohne sich zu rühren, ohne zu keuchen, zu schwitzen. Abwartend.
    Wie konnte er gehen und Hanna um Verzeihung

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