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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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niemandem flüstern und die bangen Gefühle durch Scherze vertreiben, sondern nur dastehen und warten.
    Die Stunden verstrichen. Hinter sich hörte Mattim das Rauschen des Flusses, ein Lied, dem er noch nie so lange gelauscht hatte.
    Er wartete. Es war nicht wirklich langweilig, nicht so, wie er gedacht hatte, obwohl die Zeit so zäh dahintropfte wie Baumharz. Als die Schicht zu Ende war und die Brückenwache sich in Bewegung setzte, war er überrascht, dass es schon vorbei war. Er musste den Weg bis zum jenseitigen Ufer zurücklegen und dann auf der anderen Seite die gesamte Länge der Brücke abschreiten, während die nächsten Wächter sich in die Reihe einfügten. Da verwandelten sich die stummen Gefährten der Nacht mit einem Mal in gesprächige, aufgeweckte Kameraden, die ihm auf den Rücken klopften und scherzten.

    »Nicht schlecht, junger Mann, für den Anfang!«
    »Du musst aufhören, mit den Füßen zu scharren, Prinz Mattim.«
    »Man kratzt sich auch nicht während des Dienstes. Aber das wirst du noch lernen.«
    Nichts davon hatte er mitbekommen, weder das Füßescharren noch das Kratzen, und er betete, dass er nicht gezwungen sein würde, so zu werden wie sie.
    »Kommst du noch mit? In den Keller?«
    Ihm war nicht ganz klar, von welchem Keller sie sprachen, doch er war so ausgehungert nach Stimmen und Sprechen und Bewegung, dass er sich ohne viel zu fragen mitnehmen ließ.
    »Ich dachte, ihr geht schlafen, wenn ihr fertig seid.«
    »Beim Licht! Glaubst du, unser Leben besteht nur aus Wachen und Schlafen?«
    Eine Frau lachte. »Wir sind nicht so müde wie die Flusshüter, die stundenlang durch den Wald rennen. Komm.« Sie hakte sich bei ihm unter, eine vertrauliche Geste, die nicht einmal seine Kameradinnen von der Nachtwache sich erlaubt hätten. »Hier geht es runter.«
    Es war ein dunkler Keller mit einer niedrigen Decke aus rußgeschwärzten Balken. Fässer stapelten sich an den Wänden, und einige kleine Öllampen sorgten für schummrige Beleuchtung. Mattim sah sich um. Die zweihundert Brückenwächter waren auf ungefähr sechzig geschrumpft, doch selbst diese Gruppe konnte erstaunlich viel Lärm machen.
    Im Hintergrund des Gewölbes standen einige wuchtige Eichentische bereit, Strohballen und kleine Fässer dienten als Sitzgelegenheit.
    »Das ist das unterirdische Lager, oder?«, fragte Mattim. »Die Vorräte für den Fall einer Belagerung?«
    »Ja, aber nicht nur.« Jemand lachte. »Hier unten wurde schon immer gut gelebt. Es gibt keine Wirtsstuben, die groß genug sind für unsere Truppe.«

    »Gleich rennt er zu seinem Vater und petzt«, sagte einer, der aus dem Zapfhahn eines kleinen Fasses eine glänzende goldene Flüssigkeit fließen ließ und damit winzige Becher füllte.
    »Nein!« Mattim protestierte. »Ich würde nie …«
    Jemand drückte ihm eins der kleinen Gefäße in die Hand. »Spielst du Mack?«
    Mattim hatte dieses Wort noch nie gehört. Fasziniert sah er zu, als die anderen Karten und Würfel auf dem Tisch ausbreiteten.
    »Die Wilder-Variante?«
    »He, zieht dem Kleinen nicht gleich das Hemd aus!«
    »Was ist das, die Wilder-Variante?«
    »Mack ist harmlos«, erklärte ihm eine Wächterin. »Aber hierbei … Nun, du kannst sehr viel gewinnen. Und sehr viel verlieren. Wenn du es noch nie gespielt hast, ist das Wahnsinn. Sieh lieber erst mal zu, man lernt es ziemlich schnell.«
    Mattim wurde beinahe schwindlig, so schnell ging alles. Jemand mischte die Karten, teilte sie aus und legte sie nach einem undurchschaubaren System ab. Zwischendurch johlten die Zuschauer. Er begriff gar nichts.
    Ein älterer Mann setzte sich neben ihn. »So läuft das bei den Brückenwächtern«, sagte er. »Wohl nicht ganz das, was du erwartet hast, Prinz Mattim?«
    »Ich habe mich gefragt, wie ihr das aushaltet. Auf der Brücke, meine ich. Jeden Tag. Diese langen Stunden.«
    »Für Akink.« Er hob den Becher. »Auf Akink und den König!«
    Mattim probierte das Getränk, und ihm stockte der Atem.
    »Bloß nicht Luft holen!«, rief jemand ihm zu, doch dafür war es bereits zu spät.
    »Was ist das?«, keuchte er, als der Hustenreiz nachgelassen hatte.

    »Wonach schmeckt es denn?«
    »Scharf! Beim Licht, das zieht einem die Schuhe aus!« Er schloss kurz die Augen, um seine Umgebung auszublenden. »Obst. Irgendein Obst, stimmt’s?«
    Der Brückenwächter lachte. »Der feinste Obstbrand von Akink. Aus den süßesten Aprikosen Magyrias. Es wundert mich nur, dass du im Palast lebst und nicht weißt, was der

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