Magyria 01 - Das Herz des Schattens
Hofbrenner für Schätze herstellt.«
Farank ließ ihn nichts trinken, was stärker war als Milch. Wenn der König gewusst hätte, wie viele leere Fässer hier herumstanden - und dass sein Sohn hier saß, trank und beim Kartenspiel zusah - wäre er an die Decke gegangen.
Mattim beschloss, das Thema zu wechseln. »Sehnt ihr euch nicht nach einem Angriff, damit endlich mal was passiert?«
»Es hat einige Angriffe gegeben. Wenn du das einmal erlebt hättest, würdest du dich nicht danach sehnen. Wer einmal mit einem Schatten gekämpft hat, vergisst das nie wieder. Und man wacht. Glaub mir, man wacht ganz anders, wenn man weiß, wovor man die Stadt beschützt. Kein Schatten wird es jemals schaffen, über die Brücke zu kommen.«
Ein paar der Anwesenden stimmten ihm lautstark zu, dann wandte sich die Aufmerksamkeit wieder dem Spiel zu. Mattim war sich nicht sicher, ob er es überhaupt lernen wollte. Er hatte nicht vor, so lange bei der Brückenwache zu bleiben, dass es darauf ankam. Die anderen lachten laut, er dagegen fühlte sich merkwürdig benommen.
»Noch eins?«
Mattim schüttelte den Kopf. »Ich gehe lieber nach Hause. Ich bin müde.«
Einige winkten ihm zu. »Dann bis morgen.« Er hörte, wie sie lachten, und hoffte, dass es nicht über ihn war.
Draußen war es dunkel. Noch ein, zwei Stunden, bis die Sonne aufging und mit ihr das Licht des Königs, das blassere
der Königin und sein eigenes. Hier auf der Straße hörte man den unglaublichen Lärm nicht mehr, den die Brückenwächter veranstalteten. Es war fast zu still. Die Menschen schliefen, die Arbeit ruhte. Nicht einmal die Wölfe jenseits des Donua waren zu hören. Die kühle Nachtluft tat ihm gut, sein Kopf fühlte sich schon wieder normal an. Schritte kamen ihm entgegen, das konnte nur der Nachtwächter sein. Schnell drückte er sich in den Schatten eines Hauses; er hatte nicht vor zu erklären, was er um diese Zeit hier zu suchen hatte. Außerdem würde sein Vater davon erfahren. König Farank hatte sehr strenge Ansichten über das Glücksspiel.
Der Nachtwächter bemerkte ihn nicht. Erleichtert huschte Mattim über das holprige Pflaster hinauf zur Burg. Die Hauptpforte zu benutzen kam ebenfalls nicht infrage, also lief er durch den Hof zum Dienstboteneingang. Natürlich hielt man ihn an, aber sobald der Wächter ihn erkannte, nickte er ihm zu. »Guten Abend, Prinz Mattim.«
So kurz vor Sonnenaufgang kam ihm dieser Gruß etwas merkwürdig vor, doch er lächelte nur freundlich und schlenderte durch die Küche, in der bereits die Arbeit für den Tag begann. Der Dienstboteneingang hatte seine eigenen Gesetze; es war unwahrscheinlich, dass ihn hier jemand anschwärzte. Er schnappte sich einen Apfel und ließ sich von einer Köchin ein Frühstück aufschwatzen, obwohl er keinen Hunger hatte. Gestärkt eilte er die Treppe hoch und lief fast den alten Mann um, der langsam vor ihm durch den Gang schlurfte.
»Verzeihung.«
Der Alte drehte sich zu ihm um. Als Mattim noch als kleiner Junge hier herumgesprungen war, war ihm dieser Diener schon wie hundert vorgekommen. Sein zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
»Der kleine Prinz.«
»Na ja, so klein bin ich auch nicht mehr.«
»So ist er jedes Mal hier hereingeschlichen«, sagte der Alte. »Immer durch die Küche. Fast jede Nacht. Hat mich stets beschworen, der Königin nichts zu verraten. Ich sag nichts, Jungen sind so. Weiß ich doch, Jungen sind so.«
»Wer ist hier hereingeschlichen?«, fragte Mattim neugierig.
»Der Prinz macht ihnen Kummer«, erklärte der Alte. »Muss nicht noch mehr sagen. Ist schlimm genug. Aber ein guter Junge. Ich weiß das. Der König kann es gar nicht haben, dass er spielt, trotzdem ist er ein guter Junge. Hast du was getrunken? Ich rieche es. Man kann die Stadt nicht verteidigen, wenn man trinkt, das müsstest du wissen.«
»Nur ein wenig.« Mattim wollte mehr erfahren. »Von wem sprichst du? Der Prinz hat gespielt und getrunken? Du meinst einen meiner Brüder, nicht?« Es war so gut wie unmöglich, etwas über seine verlorenen Geschwister zu erfahren. Ihre Namen durften nicht erwähnt werden, es war, als hätte es sie nie gegeben. Allen neugierigen Fragen wich die Königin stets aus, und seinen Vater wagte Mattim gar nicht erst zu fragen. Doch dieser alte Mann musste sie gekannt haben. Er war lange genug hier im Schloss und vielleicht verwirrt genug, um das Gebot des Königs zu vergessen.
»Ein schöner Junge«, murmelte der Diener. »Der mit dem roten
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