Magyria 01 - Das Herz des Schattens
würde dich nicht hier haben wollen.«
»Ich habe ihr nicht das Geringste getan.« Das Ganze war so lächerlich. »Woher kennt sie überhaupt Rékas Freund? Bei den Szigethys zu Hause war er jedenfalls noch nie.«
»Wir haben ihn mal auf der Straße gesehen. Weißt du, was für einen Wagen er fährt? Einen Audi R8, wenn dir das was sagt. Er raubt den Leuten ihr Blut und ihr Geld, ich sage dir, das ist kein Mensch!«
»Mit Autos kenne ich mich nicht aus«, sagte Hanna bescheiden. »Das ist also die Marke, die Vampire bevorzugen?«
»Du glaubst mir nicht!«, rief Mária zornig.
»Ich soll also glauben, dass dieser Kerl Tag und Nacht mit seinem tollen Wagen durch die Stadt fährt und nach Mädchen sucht, die er aussaugen kann?«
»Oh, bestimmt nicht.« Mária lächelte verächtlich. »Typen wie er treten nur nachts in Erscheinung.«
»Das stimmt nicht. Ich hab ihn auch schon mal getroffen, und das war am helllichten Tag. Mária, du glaubst doch nicht im Ernst an Vampire!«
»Du hast ihn am Tag gesehen?« Mária blickte sehr ungläubig drein. »Setz dich und gib mir die Blumen.«
Hanna beobachtete, wie die Ungarin im Wohnzimmerschrank nach einer passenden Vase kramte.
»Du hast ja keine Ahnung«, meinte Mária. »Ich hab es gesehen, verstehst du? Wie er sie gebissen hat, dieser Kunun. In den Hals. Genau hier.«
»Im Ernst?«
»Du glaubst es ja doch nicht, also warum fragst du? Meine Oma ist die Einzige, die mir glaubt. Und sonst erzähle ich es auch keinem. Ich bin ja nicht verrückt. Aber ich weiß, was ich gesehen habe.«
»Wenn er sie gebissen hat, dann ist Réka jetzt also auch ein Vampir?«
Mária wedelte unwillig mit den Händen. »Tust du nur so, oder bist du so dumm? Réka ist kein Vampir, sie ist das Opfer. Er lebt von ihrem Blut. Deshalb ist sie ja auch so blass und traurig. Trotzdem will sie diesen Kunun ja partout nicht aufgeben!«
»Kunun heißt er? Was ist das denn für ein Name?«
Mária schüttelte den Kopf. Wütend. Egal, was sie tat, sie wirkte immer wütend. Selbst als sie Hanna etwas zu trinken anbot, bebte sie vor unterdrücktem Zorn. Zu gern hätte Hanna ihr gesagt, dass sie ihr glaubte, dass sie verstehen konnte, warum sie nicht mehr bei den Szigethys arbeiten wollte, dass niemand anders gehandelt hätte als sie - nur wie konnte man so etwas glauben?
»Würdest du deine Oma bitte trotzdem überreden, wiederzukommen?«
Um Márias Mundwinkel zuckte es.
»Mónika kann doch nichts dafür. Wenn sie eine neue Hilfe einstellen muss, dreht sie am Rad. Außerdem glaube ich, sie mag Magdolna wirklich.«
»Ich werde sie überreden«, sagte Mária zu Hannas Überraschung. Sie hatte gerade überlegt, ob sie der jungen Ungarin auch dafür Geld anbieten sollte und wie viel das kosten mochte. »Unter einer Bedingung. Du sorgst dafür, dass das aufhört.«
»Gerne. Réka liegt mir selbst sehr am Herzen. Aber wie stellst du dir das vor?«
»Sorg dafür, dass sie sich nicht mehr mit diesem Vampir trifft. Bring sie zur Vernunft. Auf mich hört sie nicht, auf dich dagegen …?«
Hanna versuchte, ruhig zu bleiben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Mária es völlig ernst meinte, dass sie nicht scherzte; überhaupt schien die Ungarin recht wenig Humor zu haben.
»Glaubt Réka auch daran?«, fragte sie und wählte ihre Worte sehr sorgfältig. »Ich meine daran, dass ihr Freund ein Vampir ist? Weiß sie es?«
»Sie lacht mich aus«, erklärte Mária finster. »Wenn du mich jetzt auch noch auslachst, dann …« Sie brachte ihren Satz nicht zu Ende. Es klang nicht wirklich wie eine Drohung, sondern eher verzweifelt.
Auf einmal konnte Hanna das Ganze nicht mehr lächerlich finden. Wenn Mária wirklich so etwas glaubte, war sie vielmehr zu bedauern.
»Ich lache dich nicht aus«, versicherte sie. »Ich werde mir diesen Kunun einmal näher ansehen. Das zumindest kann ich dir versprechen.«
Hanna hatte völlig vergessen, dass sie das Foto auf ihrem Schreibtisch hatte liegen lassen. Es fiel ihr erst wieder ein, als Attila damit durch die Wohnung tanzte.
»Gib das her! Wirst du das wohl hergeben!«
Lachend rannte Attila vor ihr her.
Gleich kam Réka aus der Schule. Es würde noch viel mehr Unheil geben, wenn das Mädchen das hier mitbekam.
Hanna verfolgte Attila durch die ganze Wohnung. Sie kletterte ihm übers Sofa nach, versuchte ihn unter dem Tisch zu erwischen und schließlich unter seinem Bett hervorzulocken. Der Junge lachte sich halbtot.
»Hanna ist verliebt!«, sang er. »Hanna ist
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