Magyria 01 - Das Herz des Schattens
gepresst.
Mattim, der neben ihm ritt, nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und riss sein Pferd herum.
Doch es waren nur drei, vier kleine Hunde, die auf der Schwelle eines Hauses miteinander balgten.
»Wenn die Hunde noch da sind …«, wollte er sagen, um irgendetwas Gutes zu finden, was Hoffnung in ihnen weckte. Vielleicht, hatte er hinzufügen wollen, sind in diesen vielen Häusern noch Menschen, die sich verstecken, die wir suchen müssen.
Morrit unterbrach ihn. »Das sind keine Hunde, sondern Wolfsjunge. Sie haben sogar die Kinder verwandelt. Töte sie.«
»Ich?«, fragte Mattim erschrocken.
Morrit nickte ihm zu. »Wenn du je wieder zu mir in die Nachtpatrouille willst, töte sie vor unser aller Augen. Ich brauche etwas, was ich dem König über dich berichten kann.«
Die kleinen Wölfe jagten einander über den Dorfplatz, selbstvergessen und gefangen in ihrem Spiel, ohne die Reiter überhaupt zu beachten.
Mattim stieg vom Pferd. Er näherte sich den Welpen vorsichtig. Drei sprangen davon, eins blieb liegen, auf dem Rücken, und blickte ihn erwartungsvoll an.
»Fass sie bloß nicht an!«, schrie Morrit, als Mattim die Hand ausstreckte, um das Tier zu kraulen. »Verdammt, fass sie nicht an!«
Der Königssohn fuhr zurück. Der Welpe sprang auf und tollte seinen Freunden oder Geschwistern hinterher.
»Töte sie endlich!«, rief der Anführer. »Nun mach schon!«
Es waren Kinder. Nein, es waren Kinder gewesen. Von
Schatten gebissen, zu Wölfen gemacht. Konnte wiederum ein Biss dieser so harmlos wirkenden Kreaturen ihn zum Schatten machen? Er war sich nicht sicher, ob es nicht andere Wölfe sein mussten, groß und klug wie die silbergraue Wölfin, auch wenn die anderen Wächter davon ausgingen, dass die Tiere alle gleich gefährlich waren. Aber in jenem Wolf, den er getötet hatte, hatte er etwas anderes gespürt, eine ungeahnte Stärke, etwas Schattenhaftes. Diese Welpen dagegen sprangen so lustig vor ihm her, dass er unmöglich glauben konnte, sie wären eine Bedrohung. Doch er wusste genau, was Morrit sagen würde: Der Kreislauf der Dunkelheit … du musst ihn beenden, an dieser Stelle, mitleidslos. Kinder? Das sind keine Kinder. Das sind Geschöpfe der Nacht.
Und dennoch, Mattim konnte es einfach nicht tun. Seine Hand lag am Schwert, ohne es zu ziehen. Er ging ihnen nach, während sie zwischen den Häusern tollten, und hörte nicht mehr, was Morrit hinter ihm schrie.
Dort war schon der Wald. Die Welpen sprangen ins Gebüsch. Nein, einer kam wieder zurück, mit diesen großen, runden Augen, denen man nicht widerstehen konnte. Mattim bückte sich und berührte das weiche Fell. Eine kleine rosa Zunge leckte ihm über die Hand.
Wie schnell sich diese Kinder daran gewöhnt hatten, was sie waren! Wie konnten sie nur wissen, wie man sich als Tier benahm? Und wieso wussten sie nicht, dass sie ihn beißen mussten, dass sie nun für die Seite der Finsternis arbeiteten? Ahnten sie denn nicht, dass sie böse waren?
Mattim hob den Blick und sah zwischen den Bäumen einen Mann stehen, groß und schlank und dunkel. Sein Gesicht konnte Mattim nicht erkennen, aber er hörte die Stimme des Fremden klar und deutlich, eine leise, verlockende Stimme.
»Komm her. Komm zu mir.«
Bewegungslos verharrte Mattim und merkte nicht einmal, dass er immer noch den kleinen Wolf streichelte.
»Ich warte auf dich«, sagte der Schatten.
Der junge Prinz schrak zusammen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte.
»Steh auf«, befahl Morrit. »Und komm zurück.«
Mattim gehorchte. Der Welpe sprang um seine Füße, dann spitzte er auf einmal die Ohren und sauste ins Gebüsch.
»Es tut mir leid«, sagte der Königssohn. »Er hat mich nicht gebissen, er war lieb, ich habe nicht einmal …«
»Still«, zischte Morrit. »Komm zurück, langsam. Beim Licht, du weißt nicht, wie viele Wölfe da noch im Wald lauern. Was würdest du tun, wenn sie auf einmal alle herausspringen? Jetzt komm.«
Mattim fühlte sich beschämt, weil er ohne nachzudenken den Welpen gefolgt war, ohne irgendeinen Gedanken an die Gefahr zu verschwenden. Zum Glück sagten die anderen nichts. Er bemerkte lediglich die Erleichterung in ihren Gesichtern.
»Zeig mir deinen Hals. Nur damit alles korrekt ist.«
»Das wird langsam zur Gewohnheit, wie?«, fragte Mattim, während er zuließ, dass Morrit ihm das Haar zur Seite schob. »Außerdem hätten die Kleinen mich wohl eher in die Hand gebissen, oder?« Er wedelte mit seinen unverletzten Händen vor
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