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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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nicht. Ihre Gesichter waren ernst und erschrocken, die Augen geweitet. Die Aufmerksamkeit auf eine andere Beute gerichtet, eilten sie an ihm vorüber, den Hügel hinab und in Richtung Fluss. Im ersten Augenblick erwog er, ihnen zu folgen. Wenn es um Mattim ging … Möglicherweise gelang es ihm, zusammen mit seinem Bruder den Wachen zu entfliehen. Aber der Kleine war stur – ohne Hanna würde er nicht mitkommen.
    Der Schattenprinz wartete eine geraume Weile, bis der letzte Wächter vorbeigehuscht war. Fast schien es, als wollte der Strom niemals versiegen, doch schlussendlich schwangen die Flügel des Tores wieder zu.
    Kunun zögerte kurz, dann ging er um die Burg herum zu einem der Nebeneingänge, wo zwei Männer an der Mauer der Wachstube lehnten. Das war ungünstig; früher hatte hier immer nur ein Posten Dienst gehabt. Zwei Wachen gleichzeitig anzugreifen war zu gewagt, denn sobald einer Alarm schlug, war alles verloren. Der Prinz wandte sich wieder um und beschloss, dem Tross zu folgen.
    Um unauffällig an eine Uniform zu kommen, musste er den exakt richtigen Zeitpunkt abpassen, denn viele Leute beobachteten aus ihren Fenstern, wie die Stadtwächter alle Passanten von der Straße scheuchten und sich zu einer Gasse formierten. Stille breitete sich aus wie eine ansteckende Krankheit. Nach und nach verstummten alle Geräusche, niemand rief nach seinen Freunden, niemand fragte, was los sei. Ängstliche Erwartung legte sich über die spärlich beleuchteten Häuserschluchten. Bleiche Gesichter lugten vorsichtig durch die Scheiben, aber die Türen blieben verschlossen.
    Kunun trat in eine schmale Seitengasse und wartete dort im Schatten zwischen den Gebäuden. Irgendwann ging ein Raunen durch die Reihen, und danach wurde das Schweigen noch tiefer. Dann entdeckte der Vampir, zwischen den Wachen hindurch, die ihm die Aussicht versperrten, den blonden Haarschopf seines Bruders.
    Bis zu diesem Moment hatte Kunun hoffen können, dass Mattim es doch irgendwie geschafft hatte. Jetzt wünschte er sich nur, dass der Junge in der waffenumsäumten Straße keine einzige falsche Bewegung machte. Der junge Prinz gehörte ja nicht unbedingt zu den Einsichtigsten – einem wie ihm war durchaus zuzutrauen, dass seine Nerven versagten und er versuchte, irgendwo durchzubrechen. Das wäre sein Ende.
    Die Wächter standen stocksteif da. In der Stille war ihr angespanntes Atmen zu hören, Schweiß glänzte auf ihrer Haut.
    Bei allen, an denen der Junge vorbeigegangen war, war die Erleichterung sichtbar und hörbar. Seufzend entspannten sich die Gesichter, und die Soldaten beider Reihen fanden sich wieder zusammen und marschierten dem Gefangenen nach.
    Kunun trat durch eine Hauswand, durchquerte mit zwei schnellen Schritten ein leeres Zimmer und wagte einen prüfenden Blick aus dem kleinen Fenster. Hier war Mattim gerade vorbeigekommen, und die Wächter fügten sich dem Trupp ein. Die Laterne auf der anderen Straßenseite warf die Umrisse der Männer auf die Hauswand. Perfekt.
    Der Schattenprinz glitt durch die Wand, umfasste den nächsten Wachmann und zog ihn rücklings zurück in ihrer beider Schatten. Schon standen sie wieder in dem Zimmer. Kunun hielt seinem Opfer den Mund zu und grub seine Zähne in dessen Hals, direkt über dem speckigen Kragen.
    Der Mann erschauerte, ein erstickter Schrei drang durch Kununs immer noch unerbittlich zupackende Finger, dann verwandelte sich der Wachmann in die Gestalt des Wolfs.
    Der Vampir sammelte die Kleider vom Boden auf und zog sich hastig um, während sich das Tier verwirrt in eine Ecke duckte, seltsam menschlich, noch nicht ganz in der neuen Existenz angekommen. Es sah aus, als wollte es gleich losheulen. Kunun kniete sich hin und hielt ihm die Schnauze zu.
    »Still!«, zischte er. »Ein Laut, und sie werden dich zu Tode prügeln. Sie hetzen dich durch die ganze Stadt. Verkriech dich. Das Haus ist bewohnt; wenn dich jemand hier sieht, bist du verloren. Lauf nicht auf die Straße, nicht jetzt. Ich lasse das Fenster offen. Wenn wirklich niemand mehr draußen ist, springst du hinaus und versuchst zum Fluss zu gelangen. Du bist ein Wolf, das Wasser kann dir nichts anhaben. Schwimm auf die andere Seite. Verstanden?«
    Panik würde in der Stadt ausbrechen, wenn noch ein Wolf gesichtet wurde. Die Leute konnten Schattenwölfe und normale Wölfe nicht voneinander unterscheiden; schon ein zweites Tier würde ihnen das Gefühl geben, dass ganz Akink in Todesgefahr schwebte. Dieses Geschöpf musste daher so

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