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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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wieder zurück. Und Kunun stahl sich davon.
    Der Schattenprinz benahm sich, als wäre er hier zu Hause. Er kannte sich aus; es hatte sich nichts verändert. Die Halle. Und dort die breite Treppe in die unteren Gewölbe. Noch nicht ins Verlies, das kam später. Zunächst nur die Küche, die Vorratsräume und andere, weitaus geheimere Kammern, deren Zugang nicht jeder kannte. Schätze lagerten tief unter der Burg, von denen die meisten gar nichts wussten. Er selbst war achtzehn gewesen, als sein Vater ihn eines Tages mit nach unten genommen und ihm gezeigt hatte, was eines Tages ihm gehören sollte. Nicht nur Akink war von zahllosen Kellern unterhöhlt, auch die Burg thronte auf einem Labyrinth aus Gängen und Höhlen.
    »Passwort.« Ein Wächter trat ihm entgegen. Ein älterer Mann mit einem sorgsam gestutzten Bart. Solche Leute gaben sich meistens nicht mit Ausflüchten zufrieden.
    »Ich habe einen Auftrag«, sagte Kunun kühl.
    »Passwort!«
    Er sah sich rasch um. Sie waren allein, aber der Hall auf dieser großen Treppe trug weit; ein Schrei, und hundert Wächter würden angerannt kommen. Die Hand des Postens zuckte bereits nach seinem Schwert. Schon der Versuch, ohne Passwort einen kritischen Bereich zu betreten, bedeutete Alarm.
    Der Vampir bewegte sich so schnell, dass der Akinker nicht wusste, wie ihm geschah. Kunun trat durch seinen eigenen Schatten in die Wand, kam hinter dem Posten wieder heraus und verwandelte ihn mit einem Biss. Er fing den Wolf auf, während er ihn durch die Wand zog, zusammen mit den Kleidern und dem Schwert, bevor es auf dem Boden aufschlug. Sie befanden sich in einem der schmalen Geheimgänge zwischen den dicken Mauern. In seinen Armen zappelte der Wolf, dessen verdutztes Winseln ihn verraten konnte. Verdammt, jetzt hatte das Tier ihm auch noch das Pflaster abgerissen! Kunun hätte gerne darauf verzichtet, ihn zu töten, denn dies war sein Wolf, so wie es seine Stadt war, und er reduzierte nur ungern die Zahl seiner Gefolgschaft.
    Doch dieser ehemalige Wächter machte keinerlei Anstalten, sich zu beruhigen, und ließ ihm keine Wahl. Nach der Tat stieg Kunun leise fluchend die schmale Treppe zwischen den beiden Mauern hinab. Hier um die Ecke musste die Schatzkammer liegen.
    Löcher in der Wand spendeten ein wenig Licht. Es war ausreichend Schatten vorhanden, um in den nächsten Raum hinüberzuwechseln. Von den unzähligen mit Goldmünzen gefüllten Säcken, die er in seiner Erinnerung bewahrt hatte, war kaum etwas übrig. Gähnende Leere, wo sich einst Statuen und Pokale, Kisten voller Edelsteine und Perlen gestapelt hatten. Der Krieg gegen die Schatten hatte den Reichtum des Königs aufgezehrt, ohne dass er seine Schätze in eigenen Beutezügen hätte auffüllen können. Farank unterhielt viel zu viele Soldaten zum Schutz gegen das Dunkel …
    Entschlossen trat Kunun durch die gegenüberliegende Wand und befand sich auf einer weiteren Treppe. Ein paar Küchenmägde kamen um die Ecke, deshalb zügelte er seine Ungeduld und bemühte sich, langsam zu gehen. Die Mädchen beachteten ihn nicht weiter, doch ein alter weißhaariger Mann, der sich die Stufen hochkämpfte, warf dem Eindringling einen verdutzten Blick zu.
    Irgendetwas stimmte nicht, obwohl Kunun nicht wusste, welchen Fehler er gemacht haben könnte. Die Uniform passte ihm zwar nicht wie angegossen, aber gut genug. Der Posten an der Treppe wurde mit Sicherheit noch nicht vermisst. Was hatte ihn dann verraten? Vielleicht hätte jemand von der Stadtwache gar nicht hier unten sein dürfen? Kunun drehte sich noch einmal um und blickte dem Alten nach, der im Schneckentempo weiterschlurfte. Nichts deutete darauf hin, dass er gleich Alarm schlagen würde. Trotzdem hätte Kunun das Problem lieber sofort erledigt, um kein Risiko einzugehen. Aber hier war schon der Eingang zur Burgküche, wo ständig Dienstboten ein und aus gingen.
    Was auch immer den Alten an ihm gestört hatte, vermutlich würde er es nie erfahren. Kunun sah ihm noch einmal nach und wog die Risiken ab, dann eilte er weiter. Die Verliese waren weiter unten. Er musste herausfinden, wo sich die Gefangenen befanden, und den Fluchtweg vorbereiten. Für beides hatte er nicht viel Zeit. Die Nacht schritt rasch voran.
    Auch dort, wo eine schmalere Treppe tief hinunter in die Erde führte, stand ein Posten.
    »Passwort«, verlangte der Mann schroff.
    »Hier ist mein Passwort«, sagte Kunun und beugte sich vor, als wollte er flüstern.

ZWANZIG
    Akink, Magyria
    Etwas war nicht

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