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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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direkt Schattendunkel. Kein Lichtstrahl fiel in den Raum, keine scharf umrissenen Durchgänge boten sich an. Und doch, war nicht jede Dunkelheit, die das Licht ausschloss, Schatten? War er nicht der Prinz der Dunkelheit? Wer hatte die Regeln bestimmt, nach denen er nur durch Schatten gehen konnte?
    Kunun fasste gegen die Wand und berührte raue Ziegelsteine. Er tauchte beide Hände ins Schwarz und machte einen entschlossenen Schritt hindurch.
    Der zweite Kellerraum war größer als der erste. Der Schattenprinz konnte es riechen, konnte spüren, dass ihn hier das Dunkel anders umgab. Er streckte die Hände aus. Direkt neben ihm war ein Holzregal … Fässer … Nur einen Schritt weiter nach rechts und er hätte beim Durchqueren der Wand ein mannshohes Regal umgestoßen. Vor ihm befand sich eine große Holzkiste, über die er hinwegkletterte.
    Der Boden war glatt. Irgendwo wisperten Mäuse. Die Treppe war breiter als die im Nebenraum und endete nicht unter der Decke, sondern vor einer schmalen, aufrechten Tür. Der Schattenprinz biss die Zähne zusammen und glitt durchs Dunkel.
    Es roch nach Rauch, nach demselben Qualm, den er auf seinen Kleidern trug. Rasch sah er sich um. Wohlhabende Leute lebten hier, das hatte er schon im Keller gemerkt. Sanftes Dämmerlicht erfüllte die Stube. Aus einem der anliegenden Zimmer kamen Stimmen und leiser Gesang. Er spähte durch den Türspalt. Ein Kindermädchen saß auf einem Korbstuhl zwischen zwei Betten und streichelte Kinderhände. Heute schliefen die Kleinen unruhig und weinten vor Angst.
    Kununs Schuhe quietschten leise, als er zur Haustür schlich.
    »Wartet einen Moment, bitte.«
    Das Mädchen kam aus dem Schlafraum, sah sich um. »Seid Ihr zurück? Ich dachte …«
    Sie stand so dicht neben dem Vorhang, hinter dem er sich verbarg, dass er die Hand nach ihr hätte ausstrecken können. Ihr helles, freundliches Gesicht schimmerte. Was würden die Besitzer dieses schönen Hauses sagen, wenn sie zurückkamen und drei Wölfe vorfanden, einen großen und zwei kleine?
    Aber die junge Kinderfrau bemerkte ihn nicht. Den Eindringling, der nicht atmete. Sein Herz schlug nicht, und sein Lächeln war unhörbar.
    Später. Später, nicht jetzt. Nicht, wenn diese Pforte im Nachbarkeller die einzige war, die nach Akink und wieder zurück führte. Nichts würde er tun, um jemandes Verdacht auf dieses Haus zu lenken. Leise, sehr leise öffnete er die Haustür und trat hinaus auf die Straße.
    Er sah zurück. Prägte sich das Gebäude ein. Die dunkelgrüne Tür war schön breit, unzählige Blumenranken und Vögel aus feinem Schnitzwerk wucherten darauf, und in der Mitte prangte ein Löwe, dessen Maul einen eisernen Ring umschloss. Auf der anderen Straßenseite brannte eine trübe Laterne. Der Rauch waberte auch hier noch über den Köpfen, doch das Feuer hatte diese Straße verschont. Kunun blickte nach rechts und links und schlug dann den Weg in die Richtung ein, wo er Perons Pforte vermutete. Er ging nicht zu schnell und bemühte sich nicht, sein Gesicht zu verbergen. Mattim konnte nicht unbemerkt durch diese Stadt spazieren, den wahren Thronerben dagegen hatten die Leute längst vergessen. Niemand lebte mehr hier, der in ihm den verlorenen Prinzen hätte erkennen können, außer seinen Eltern, denen er wohl kaum in diesen verräucherten Gassen begegnen würde.
    Die ganze Stadt war trotz der späten Stunde in Aufruhr. Die Glocke der Feuerwache läutete nicht mehr, aber die Kette der Wasserträger war noch nicht aufgelöst worden. Immer noch schleppten die Menschen Wasser aus dem Fluss herbei. Ein Eimer wurde von einem zum anderen weitergereicht, rasch ging es zur Brandstelle und ebenso schnell wieder zurück. Der Rauch wurde hier dichter, er hörte die Leute husten.
    »Aus dem Weg!«, rief jemand.
    Er gesellte sich zu denen, die sich mit Zuschauen begnügten. Der Qualm verbarg, wie viele Häuser dem Feuer zum Opfer gefallen waren, daher ergingen die Leute sich in wilden Spekulationen über die Ausmaße der Katastrophe – es konnte genauso gut ein einziges Haus sein, direkt über dem Keller, in den sie den Wolf hineingetrieben hatten, bis zu einer ganzen Häuserzeile oder gar der halben Stadt.
    Kunun blieb stehen und lauschte, um zu erfahren, was aus Mattim geworden war. Niemand sprach davon, dass man einen Schatten gefangen hatte. Nur über den Wolf zerrissen sie sich das Maul. Ein weiteres Thema waren die Häuser, die bis vor kurzem hier noch gestanden hatten, und die Vorräte, die nun

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