Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Stadt unterwerfen … Ist es Atschorek? Dann sind wir verloren. Aber wenn es Mattim ist, meine liebe Réka, den die Hörner ankündigen, dann wird diese Welt heute eine andere werden. Dann läutet dieser Klang Akinks Vernichtung ein. Vielleicht auch unsere – aber das wollen wir mal nicht hoffen, nicht wahr?«
»Mattim wird Akink vernichten?« Réka verzog ungläubig das Gesicht. »Hannas Freund? Er ist doch nur ein Junge. Ich hab ihn gesehen. Er ist so – nett.«
Es war ihr unmöglich, sich Mattim als einen Krieger vorzustellen, als finsteren Soldaten, ein Schwert in der Hand.
»Nett?« In Kununs heiserem Lachen schwang etwas mit, das sie nicht deuten konnte. »Oh ja, das ist er. Oh, das Licht, dieses verräterische, todbringende Licht! Das an ihm haftet wie ein Parasit, wie eine unheilbare Krankheit! Du hast recht, Réka. Er ist lieb. Sonst würde er gewiss nicht kommen, um dich zu holen. Sonst wäre er nicht so berechenbar. Sonst würde er nicht in die Falle tappen, die wir ihm bereitet haben.«
»Wir haben was? Wieso eine Falle?«
»Ich war der Köder für dich«, sagte Kunun. »Und du bist der Köder für ihn.«
»Ich? Für ihn? Aber ich bedeute ihm nichts. Wir kennen uns kaum.«
Durch den Rauch und die Flammen versuchte sie den Geliebten zu erkennen, sein verzerrtes Gesicht, das Porträt einer gefolterten Figur.
»Du weißt nichts darüber, wie das Licht denkt und wie es fühlt und was es glaubt und wie es liebt … so wenig, liebste Réka. Ich hatte erwartet, dass Mattim alle Hebel in Bewegung setzen würde, um Hanna zu retten, als sie hier festsaß. Stattdessen ist er ihr blind nachgestürmt … Dieser Fehler wird ihm nicht noch einmal unterlaufen. Diesmal macht er es richtig. Diesmal gellen die Hörner. Diesmal werden Licht und Schatten aufeinanderprallen. Und dann wird mein Traum endlich wahr.«
DRITTER TEIL
STADT IM FEUER
FÜNFUNDZWANZIG
Budapest, Ungarn
Übers ganze Zimmer verteilt bedeckten Karten und Lagepläne den Boden. Mit Rotstift waren verschiedene Linien eingezeichnet. Einer der Vampire kniete auf den schwarzen Fliesen und malte mit Kreide Striche, Punkte und Pfeile.
»Hier … und wenn wir von da kommen und von da drüben«, führte er aus, »werden sie uns erst bemerken, wenn es zu spät ist.«
»Alles Quatsch. Dort steht die Patrouille.«
Atschorek blickte auf. »Ach, Mattim. Hast du etwa Lust, ein bisschen zu spionieren?«
Mattim nickte den anderen Schatten zu. Die Prinzessin hatte ungefähr dreißig ehemalige Soldaten für eine Lagebesprechung versammelt – Flusshüter und Nachtwächter, so viel er wusste. Der eine oder andere mochte auch schon Dienst in der Burg verrichtet haben.
»So funktioniert es nicht. Ihr würdet nicht über das erste Stockwerk hinauskommen.«
»Ach, und wer sagt, dass Kunun sich nicht gerade da befindet? Im Hof oder im Keller, und dort werden wir …«
»Vergiss es«, widersprach Mattim. »Er ist mindestens in einem der Türme. Nicht unten, wo man unterirdisch durch die Dunkelheit herankommt.«
»Vielen Dank auch.« Atschorek funkelte ihn wütend an. »Warum bist du hier? Möchtest du es dir mit deiner niedlichen Freundin oben in deinem Zimmer gemütlich machen? Bitte schön, lasst euch nicht aufhalten. Aber ich will dich nicht hier bei uns haben, Mattim.«
»Ich werde den Angriff führen«, sagte er. »Ich werde die Verhandlungen leiten.«
»Was?« Die Schattenfrau fletschte die Zähne zu einem wölfischen Grinsen. »Verschwinde, kleiner Bruder.«
»Ich kann Akink erobern.«
»Ach ja? Sonst noch etwas?«
Der Vampir am Boden richtete sich auf. »Wo würdest du denn einfallen, Prinz Mattim?«
»Still!«, zischte Atschorek. »Sagt ihm nichts. Vertraut ihm nicht. Er wird uns sowieso nur falsche Informationen geben. – Nicht wahr, Mattim? Zwischen uns ist alles gesagt. Spiel den edlen Helden des Lichts, so lange du willst. Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du nur wieder versuchst, uns zu verraten?«
»Réka ist in Akink«, sagte Hanna.
»Ach.« Die Vampirin wandte sich erstmals der jungen Deutschen zu. »Wie das?«
»Wann war dein letzter Spion drüben, um sich umzuhören?«, fragte Mattim. »Erzähl mir nicht, dass die Nachricht neu für dich ist. Sag mir nur, ob das Mädchen lebt.«
Atschorek runzelte die Stirn, dann seufzte sie. »Ihretwegen waren sie nahe dran, Kunun zu töten. Aber anscheinend konnte sie ihnen glaubhaft versichern, dass sie allein ist. Sie lebt – noch. Wir konnten jedoch weder in Erfahrung bringen, wo sie ist,
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