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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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nicht mehr retten konnte.
    »Nein«, widersprach sie. »Nein, du wirst nie sein wie die anderen. Du tust das für Réka.«
    »Ich werde Akink vernichten.« Wie ein Ertrinkender zog er sich an ihr hoch. »Für ein Mädchen, das bereits ein Schatten ist. Und ist es überhaupt für sie? Habe ich mir das nicht die ganze Zeit gewünscht, seit wir zurück sind?« Er lachte gurgelnd, als hätte er den Mund voller Blut; dann merkte Hanna, dass er weinte und versuchte, es vor ihr zu verbergen. »Was ist das Licht?«, fragte er. »Erklär es mir. Wenn man etwas opfern muss – was würde das Licht wählen?«
    »Das Licht würde sich immer für die Unschuldigen entscheiden«, antwortete Hanna. »Hast du das nicht selbst oft genug gesagt?«
    »Auch wenn es dabei schuldig wird? Wenn es sich selbst dabei verliert?«
    Darauf hatte sie keine Antwort. Sie begleitete ihn aus dem Garten auf die Straße, unter die künstlichen Sonnen der Laternen, aber sie wusste nicht, wie sie ihn aus dieser Dunkelheit herausführen sollte, in die seine Entscheidung ihn brachte.
    »Ich kann Réka nicht verloren geben.« Sie wiederholte es einige Male, wie ein Mantra. »Ich kann nicht. Und du kannst es auch nicht. Weißt du noch, wie wir das letzte Mal vor dieser Entscheidung standen? Réka oder Akink? Wir müssen uns um das kümmern, wofür wir verantwortlich sind. Aus diesem Grund habe ich Wilder in die Stadt gebracht. Für Attila. Aus diesem Grund wirst du den König bedrohen – für Réka. Dann werden wir erneut beide retten, das Mädchen und die Stadt. Du hast selbst gesagt, dass dies die einzige Chance ist, um das Licht dazu zu zwingen, sich in Sicherheit zu bringen. Wir tun es wieder, Mattim, ja? Wir tun das Richtige, und was daraus entsteht, wird uns recht geben. Nicht Réka oder Akink. Réka und Akink. Wir retten beide.«
    Seine Lippen waren so unglaublich weich. Wie konnte einer, der verloren war, so küssen? So, dass sie sich lebendig fühlte und voller Hoffnung, dass sie sich den düsteren Schatten der Angst und der Verzweiflung nicht hingeben mochte? So, dass sie alles, was sie eben gesagt hatte, wirklich glauben konnte?
    »Du wirst nie so sein wie die anderen Schatten«, flüsterte sie. »Was du auch tust, du wirst nie so werden wie sie.«
    Sie nahmen die neue Pforte auf der Baustelle. Mattim wagte es nicht, eine der Türen zu benutzen, die in die Höhlen führten; von Feuer hatte er genug.
    Im Wald, wo sie beide zwischen den Baumstämmen auftauchten, merkte er schnell, dass diese Entscheidung klug gewesen war. Die Wache – derzeit war es die Tagpatrouille – hielt die Flammen immer noch am Leben. Sie sammelten trockenes Holz; eine junge Wächterin kam gerade mit den Armen voller dünner Zweige vorbei.
    Um auf Nummer sicher zu gehen, hatten sie die kleineren Höhlen verrammelt, indem sie Steine davor aufgeschichtet hatten. Geschäftig eilten sie hin und her, ohne ihn zu bemerken. Eine größere Patrouille als sonst – die einen kümmerten sich um das Feuer, die anderen hielten die Waffen bereit. Sie wirkten alle nervös. Anscheinend rechneten sie damit, dass die Feinde bald hier auftauchten. Solta stand in der Mitte des Lagers und unterhielt sich mit einer Flusshüterin. Es war nicht Mirita; Mattim wusste nicht, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte.
    Hatten ihn die Schatten auch so beobachtet, als er verzweifelt versucht hatte, hinter das Geheimnis der Höhlen zu kommen? Hatte Atschorek hier gestanden und sich amüsiert, während sie bereits wusste, wohin sein Schicksal ihn führen würde?
    Kleiner Bruder bringt den Sieg …
    Er zog Hanna weiter ins Dickicht, fort von den Höhlen. Ob sich Wölfe in der Nähe befanden? Er atmete tief durch die Nase ein und versuchte sie zu wittern. In Budapest war es ihm nicht gelungen, Wilder auf diese Weise aufzuspüren, aber der Wald war durchdrungen von vertrauten Gerüchen. Wolf …
    »Sind sie hier?«, fragte Hanna.
    »Ja«, gab er zurück. »Ich werde sie herrufen.« Kurz zögerte er. Irgendwie war es ihm peinlich, vor ihr zu heulen. Mit Hannas Hand in seiner war es nicht so leicht, sich wölfisch zu fühlen, so natürlich wie sonst in den Rhythmus der Schritte zu finden, in die Düfte der Wildnis, sich eins zu fühlen mit dem Rudel. Ein Teil von ihm streckte sich bereits danach aus, der andere schien ihn zu beobachten. Wie er ungeschickt über Wurzeln stolperte und über Baumstämme und Gruben sprang. Immer noch auf zwei Beinen, immer noch zu langsam. Weil er darauf achten musste,

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