Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
Mattim den König aus dem Raum. Kurz wandte er sich um und nickte seinem Bruder zu. Graue Augen und bronzefarbene begegneten sich; sie verstanden sich wortlos.
    Kümmere du dich um Réka. Der König gehört mir.
    Ja, Bruder.
    In Panik floh Farank vor dem goldenen Wolf. Er lief durch den Gang, stolperte und fiel, aber das Tier stürzte sich nicht auf ihn, sondern blies ihm nur seinen heißen Atem in den Nacken. Er rappelte sich auf und taumelte weiter. Dort ging es hinauf zu den Türmen. Der König eilte die Stufen empor, keuchend vor Anstrengung, und immer blieb der Wolf hinter ihm. Schließlich erreichten sie beide die oberste Plattform. Von hier aus hatte man einst weit ins Land hinaussehen können, doch schon lange war es nicht mehr hell genug dafür. Nun war es nichts weiter als eine leuchtende Insel in einem Meer aus Nebel und Finsternis.
    Farank lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer und rang um Atem. Er brauchte eine Weile, bis er wieder sprechen konnte, und die ganze Zeit beobachtete ihn der Wolf aus runden grauen Augen.
    »Niemals«, sagte der König schließlich. »Niemals trete ich zu euch über. Du willst mich beißen? Lieber stürze ich mich hier vom Turm.«
    Der Wolf konnte nicht sprechen, konnte nicht darum bitten: Vertrau mir. Oh bitte, vertrau mir! Der Wolf konnte nicht flehen: Folge mir, ich bringe dich aus der Stadt. Komm mit mir. Bitte, Vater, komm …
    Er neigte den Kopf, er wartete auf die alles entscheidenden Worte: Ich weiß, wer du bist.
    Endlich sprach Farank sie aus, als teilten sie beide dieselben Gedanken. »Ich weiß, wer du bist«, stieß er hervor, heiser vom Rauch, atemlos vom anstrengenden Aufstieg. »Ich erkenne dich, als was du auch zu mir kommst. Du bist die Nacht im Gewand des Mittags, die Dunkelheit hinter der Maske des Lichts. Habe ich es nicht immer gewusst? In dir war so viel Licht, dass deine Dunkelheit schrecklicher ist als alles! Du bist der Verrat und der Verlust, und dein Name ist der Name meiner Niederlage … Akink ist dein. Aber ich werde dir nicht die Hand reichen und in die Knie gehen. Nie wieder.« Der König schob sich etwas weiter an der Brüstung entlang, dorthin, wo die Mauer kaum hüfthoch war. »Wer hätte gedacht, dass es so endet«, flüsterte er. »Mattim.«
    Im Käfig saß ein Mädchen mit kurzem schwarzem Haar und hielt seine Knie umfasst. Neben ihr hockte ein roter Wolf, der sofort den Kopf hob und Laut gab, als der Schattenprinz über die Schwelle spähte.
    »Wo ist der König?«
    Réka richtete sich auf, soweit der begrenzte Raum es zuließ. »Kunun! Du lebst! Oh Kunun!«
    Mit raschen Schritten kam er zu ihr und hob die Klappe des Käfigs hoch. Réka kroch heraus und fiel ihm um den Hals.
    Er wehrte ihre Umarmung ab. »Reiß dich zusammen, dafür ist jetzt keine Zeit. Wo ist der König?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, er ist noch hier in der Burg. Spürst du es nicht? Es tut immer noch weh, es brennt unaufhörlich.«
    »Ja, er ist hier in der Burg«, bestätigte Kunun. Als ob er es nicht genauso gefühlt hätte, diesen Schmerz, dieses Brennen. Schon zu lange kein Blut getrunken. Er hatte sich aufs Zubeißen verlegt auf dem Weg hierher, nicht aufs Trinken. Vor dem Licht geschützt hätte ihn doch nur das Blut eines Menschen aus der anderen Welt. Réka war dazu nun leider nicht mehr zu gebrauchen.
    Er wischte ein paar grüne Holzsplitter mit dem Fuß zur Seite, lehnte sich aus dem Fenster, mit dem Rücken gegen das Sims, und sah an der Mauer hoch.
    Das Licht schien sich oben zu sammeln wie in einem Leuchtturm, ein schwaches, ängstliches Licht. Nur noch ein Funke.
    »Komm, Wilder«, befahl er. »Gehen wir hinauf. Du musst es tun, ich komme nicht nah genug an ihn heran.«
    Er beeilte sich nicht. Farank konnte ihm nun nicht mehr entkommen. Gemessenen Schrittes durchquerte er den Gang.
    Eine kühle Schnauze legte sich in seine Hand, als er die Tür zur Turmstiege öffnete.
    »Warte!«
    Kunun drehte sich um, als er Atschoreks Stimme hörte. Sie eilte ihm nach, ihre Augen leuchteten. »Warte, mein Bruder. Lass mich dabei sein.«
    Um ihre Schultern ein durchlöcherter schwarzer Mantel. Ihr schönes Gesicht, gezeichnet von Brandspuren und Kampf.
    »Ist der König dort oben?«
    »Ja«, antwortete Kunun. »Gute Arbeit, Schwester.«
    Sie neigte dankend den Kopf. »Wollen wir?«
    Wilder sprang die schmale Wendeltreppe hoch. Atschorek und Kunun stiegen ihm nach, dem Licht entgegen.
    »Réka! Réka, du lebst!«
    Hanna wollte auf das Mädchen zustürzen, das

Weitere Kostenlose Bücher