Magyria 02 - Die Seele des Schattens
können, um sie auf einen zarten Frauenknöchel zu legen.
Sein Mund begann zu brennen, dumpfer Schmerz durchfuhr seine Kiefer. Er presste sein Gesicht ins Fell des Wolfs und wartete ab, bis sie vorüber waren.
»Du musst hier weg«, sagte er leise zu Bela, später, nachdem sie eine schier endlose Zeit gewartet hatten. »Weit weg. Komm.«
Der weiche Waldboden verschluckte ihre unhörbaren Schritte.
»Kunun!« Réka strahlte übers ganze Gesicht. Sie drehte sich zu ihren Freundinnen um, die mit offenen Mündern auf den dunkelhaarigen jungen Mann im Auto starrten.
»Das ist er?«, flüsterte Valentina. »Dein – Prinz?«
»Hoheit«, kicherte Dorina und vollführte einen Knicks.
Kunun beachtete die anderen Mädchen gar nicht. »Steig ein.«
Réka grinste triumphierend, bevor sie zu Kunun auf die Rückbank des BMW rutschte.
»Du hast mich noch nie von der Schule abgeholt.« Sie sah aus dem Fenster; ihre Mitschülerinnen standen immer noch auf dem Bürgersteig und glotzten, als wären sie einem Filmstar begegnet.
Zufrieden wandte Réka sich ihrem Freund zu, und sofort fiel ihr das Pflaster auf. »Was ist passiert? Hast du dich verletzt?«
»Ja«, sagte er schroff und berichtigte sich gleich wieder, mit sanfter, freundlicher Stimme. »Nichts Ernstes.«
Atschorek drehte sich halb zu ihr um und nickte ihr zu. »Hallo, Réka.«
»Wohin fahren wir?«, fragte sie aufgeregt. »Das ist nicht der Weg nach Hause.«
»Ich will dir etwas zeigen«, sagte Kunun. »Und dich um etwas bitten. Es ist sehr wichtig für mich. Für meine ganze Familie.«
»Aha.« Nervös knetete Reka den Schulterriemen ihrer Schultasche. »Was denn?«
»Du wirst schon sehen. Wir fahren aus der Stadt heraus. Mach dir keine Sorgen.«
Das Gesicht des Mädchens war voller gespannter Erwartung, während der schwarze BMW sich durch den Verkehr schlängelte. Als sie in ihrer Tasche nach dem Handy kramte, legte Kunun ihr eine Hand auf den Arm.
»Was hast du vor? Wen willst du anrufen?«
»Hanna.« Sie schaute ihn überrascht an. »Ich will ihr nur Bescheid sagen, dass ich später nach Hause komme. Wie viel Uhr wird es denn?«
Atschoreks Blick im Rückspiegel traf sich mit Kununs. Réka entging nicht das Zögern in seiner Stimme.
»Es wird nicht lange dauern. Aber vielleicht sagst du, du bist bei einer Freundin. Und falls du nicht nach Hause kommst, würdest du bei ihr übernachten.«
Réka ließ das Handy wieder sinken. »Dann brauche ich auch gar nicht anzurufen. Das erlauben die sowieso nicht.«
»Sag lieber trotzdem Bescheid. Dann machen sie sich wenigstens keine Sorgen. Nicht dass sie noch die Polizei verständigen.«
Am anderen Ende der Leitung wollte Hanna natürlich wissen, bei welcher Freundin sie war, aber Réka lachte nur und beendete das Gespräch.
Sie genoss es, neben Kunun zu sitzen und irgendeinem unbekannten Abenteuer entgegenzufahren, doch ein wenig unsicher fühlte sie sich auch, weil er ihr nicht verraten wollte, was er vorhatte.
Sie ließen die Stadt hinter sich und fuhren weiter an der Donau entlang. Der Fluss blitzte immer wieder in der Abendsonne auf. Atschorek lenkte den Wagen schließlich zu einem kleinen Haus mit einem mager bepflanzten Vorgarten. Gerümpel versperrte den Blick auf die Haustür. Auf der Garageneinfahrt stand ein Volvo mit einem leeren Bootsanhänger. Kunun nickte zufrieden.
»Sie haben das Boot schon rübergebracht«, meinte Atschorek. »Wir können sofort beginnen.«
»Was?«, fragte Réka. »Geht es um eine Bootsfahrt? Wir beide auf der Donau?« Sie schlang die Arme um Kunun und drückte ihn.
»Ja, es geht um eine Bootsfahrt«, sagte er ernst, er brachte es nicht fertig zu lächeln. »Komm ins Haus.«
Das graue Häuschen wirkte wenig einladend. Réka blieb stehen und hielt Kununs Hand fest. Es wurde schon dunkel, und aus dem Fenster drang trübes gelbliches Licht. »Wer wohnt da?«, fragte sie vorsichtig.
»Ein Freund«, erklärte er. »Ein sehr guter Freund, der alles für mich tun würde. Also hab keine Angst.«
Er führte sie durch die angelehnte Tür. Ein Mann mittleren Alters, dem ein Ohr fehlte, saß an einem kleinen, wackeligen Tisch und rauchte. Als er die Ankömmlinge sah, drückte er hastig seine Zigarette aus und sprang auf. »Prinz Kunun. Hoheit.«
Réka kicherte. »Wow, sind das deine Exil-Untertanen oder so?«
»So in der Art. – Ist alles bereit?«
Der Einohrige nickte. »Die anderen warten schon seit Stunden auf euch.«
»Wie groß ist das Boot?«, fragte Atschorek.
Weitere Kostenlose Bücher