Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Badezimmerspiegel. »Und das ist noch nicht alles. Du hast Zoltan hergebracht. Man wird ihn suchen. Irgendwer wird sich daran erinnern, dass er in dieses Haus gegangen ist.«
»Es war nie geplant, dass er es nicht wieder verlässt«, sagte Atschorek.
»Die Polizei wird herkommen und Fragen stellen«, sprach Kunun weiter. »Es wird ihnen auffallen, dass dieses Haus nicht in den siebten Bezirk passt. Sie werden sich fragen, warum jemand in dieser Gegend lebt, der sich ohne weiteres ein Schloss kaufen könnte. Was soll ich ihnen sagen? Dass ich hier wohne, weil ich eine geheime Tür im Keller habe, die mich mit meiner Heimatstadt verbindet? Soll ich den Schatten befehlen, die Wände und Fenster mit Dreck zu bewerfen, damit keiner merkt, wie reich ich wirklich bin?«
»Wenn jemand von der Polizei herkommt, beißen wir ihn. Oder«, fügte sie lächelnd hinzu, »wir bezahlen ihn.«
»Dass ein Polizist dieses Haus vergisst, dafür kann ich sorgen. Aber wenn seine Ermittlungen ihn immer wieder herführen, drehen wir uns irgendwann im Kreis. Und erpressen lasse ich mich gewiss nicht.«
»Was schlägst du vor?«, fragte sie. »Willst du das Hauptquartier aufgeben?«
»Verdammt, Atschorek«, fluchte Kunun leise, »wenn es in deinem Haus passiert wäre, dann hätten wir nun wenigstens, was wir wollen. Wir hätten den Zugang.« In seinen dunklen Augen leuchtete etwas auf. »Es hat funktioniert, das wissen wir nun. Bela hat zwar den Verstand verloren, aber nicht seine Macht, Menschen zu verwandeln. Wenn du nicht so voreilig gewesen wärst, hätten wir die Pforte jetzt!«
»Nein, wir hätten sie nicht. Das Geschrei hätte die Polizei auf den Plan gerufen. Wir hätten die Tür nicht benutzen können. Das weißt du so gut wie ich.«
»Ich muss nach Akink.« Vorsichtig knöpfte er sein sauberes schwarzes Hemd zu. »Ich muss nach Akink.« Er sagte es ein drittes Mal: »Ich muss nach Akink.«
»Glaubst du, es wird dort heilen?«
»Ich weiß es nicht«, gab Kunun zu, »aber wenn nicht dort, wo dann? Wie sonst? Was könnte es noch für eine Möglichkeit geben, heil zu werden? Du hast Mattim gesehen. Er hat keine einzige Narbe zurückbehalten. Er war als Einziger von uns wirklich drüben auf der anderen Seite. Es funktioniert. Licht heilt die Wunden.« Er beugte sich näher zum Spiegel und betrachtete eingehend sein Gesicht. »Ich will nach Akink. Jetzt. Wir können nicht länger warten.«
»Dein alter Plan?«
Kunun nickte. »Ja«, sagte er. »Der alte Plan.«
»Es geht nicht. Du wolltest mindestens noch zwei, drei Jahre warten. Réka ist zu jung. Sie wird es nicht schaffen.«
»Réka wird tun, was ich ihr sage.« Er holte eine Packung Pflaster aus dem Badschränkchen und reichte sie Atschorek.
» Szigethy-Blut für die Stadt «, murmelte Atschorek. »Du glaubst doch nicht etwa, die Prophezeiung könnte auf diese Weise verstanden werden?«
»Warum nicht?«, fragte er zurück. »Ihr Blut hat uns nicht weitergebracht. Vielleicht ist es ganz anders gemeint. Nicht Rékas Blut, sondern ihr Einsatz. Was, wenn es diese Heldentat ist, die ihr vorherbestimmt ist? Willst du ihr die Gelegenheit verweigern, sie zu vollbringen?«
Sorgfältig klebte ihm seine Schwester ein großes Pflaster über die Wange. »Und wenn sie versagt?«
»Ich weiß«, sagte er. »Beim Licht, Atschorek, ich weiß.« Seine Hand fuhr zu seinem Gesicht. »Aber ich kann nicht mehr. Deshalb habe ich es mit Bela versucht. Ich will nicht mehr warten. Und jetzt erst recht nicht. So wie ich momentan bin? Das wird niemals heilen. Ich muss nach Akink.«
Atschorek nickte. »Ich fahre dich zu Réka.«
»Noch nicht. Sie ist in der Schule. Wir fangen sie heute Nachmittag ab. In der Zwischenzeit bereiten wir alles vor. Wir brauchen ein Boot. Das müssen wir hier kaufen und nach Magyria bringen, wenn es dunkel wird. Die Schatten sollen sich bereithalten.«
Der Käfig war zu schwer, um ihn aus dem Fahrstuhl zu ziehen, und da zwischen Liftwand und Gitter kein Platz war, konnte auch niemand von hinten schieben. Nur noch Goran war da, um ihm zu helfen. Sie hatten sich beide auf das Gitter gesetzt, als der Fahrstuhl nach unten fuhr, denn die kleine Kabine bot nicht mehr Platz. Sobald die Tür aufging, waren sie hinausgeklettert. Nun standen sie im Keller vor dem offenen Lift und berieten sich.
»Das schaffen wir nicht zu zweit«, sagte Mattim.
»Die anderen Schatten hat Kunun weggeschickt«, erklärte Goran. »Irgendwas mit einer Pforte, außerhalb von Budapest.«
»Wir
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