Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
einem Baum verbracht.« Sie wollte sehen, ob es den Prinzen noch irgendwie traf, was mit seinen ehemaligen Kameraden geschehen war. »Die Schatten sind hinter mir her, und wenn kein Wunder geschieht, werde ich Akink nie wieder betreten.«
    »Sie sind hinter dir her? Wölfe und Schatten?«
    »Hilf mir.« Sie konnte kaum glauben, dass sie das tat. Dass sie ihn, den Schatten, darum bat, ihr beizustehen. Wenn er nur nicht so ausgesehen hätte wie der Junge, dem ihr Herz gehört hatte. Wenn nur dieses Gesicht nicht gewesen wäre und dieses goldene Haar und der Blick seiner grauen Augen. Dann wäre sie jetzt losgerannt, obwohl es keinen Zweck hatte. So jedoch hielt sie still und fühlte die Gewalt ihrer Hoffnung wieder in sich aufbranden. »Hilf mir, Mattim. Lass nicht zu, dass sie mich kriegen. Bitte.«
    Er dachte nach. Der frühere Mattim hätte keinen Augenblick gezögert, ihr zu helfen. Dieser brauchte eine geraume Weile, bis er wieder sprach, Sekunden, die ihr lang und schwer und zäh vorkamen wie dicke Tropfen, die von den Blättern fielen.
    »Du erwartest, dass ich dich zur Brücke bringe?«, fragte er schließlich
    »Nein, nicht zur Brücke! Dort werden sie auf mich warten, ganz bestimmt.«
    »Die Wölfe werden die Schatten zu dir führen, wo du auch bist«, sagte er. »Aber es gibt einen Ort, an dem ich dich verstecken kann. Gehen wir zu den Höhlen.«
    Sie hielt sich dicht neben ihm. Auf der anderen Seite schritt das schwarze Untier, während die kleineren Wölfe, entlassen, sich zwischen den Bäumen verloren. Sie waren immer noch da, das war Mirita nur zu bewusst. Ihr Leben war wie ein seidener Spinnfaden, der im Morgenlicht glänzte und den ein Windhauch davonwehen konnte. Mattim musste nur die Hand ausstrecken, sie packen und beißen, und die Mirita, die sie war, die beste Bogenschützin von Akink, die jüngste Flusshüterin von Magyria, würde aufhören zu existieren.
    Sie blickte ihn von der Seite her an und sah seine Hand auf sich zukommen, seine Finger berührten ihr Haar – entsetzt schrie sie auf und schämte sich dann, als sie sein betroffenes Gesicht bemerkte.
    »Da war ein Blatt«, sagte er leise, und sie wunderte sich darüber, dass es möglich war, einen Schatten zu verletzen, dem doch nichts etwas anhaben konnte als Feuer und Wasser.
    Schweigend gingen sie nebeneinander her. Mirita konnte nicht anders, als Mattim immer wieder Blicke zuzuwerfen. Merkwürdig gekleidet war er, das war ihr schon bei ihren letzten Treffen aufgefallen. Ansonsten hatte er sich nicht verändert, nicht sichtbar jedenfalls. Als wäre er immer noch der alte Mattim, dem sie so sehr vertraute, dass sie bereit war, ihm überallhin zu folgen.
    »Hier«, sagte er leise, als die bekannte kleine Lichtung sich vor ihnen auftat. »Nicht die große Höhle. Dort, jene. Bela, du achtest darauf, dass niemand hier hereinkommt, ja?«
    Mirita bückte sich und kroch in die Vertiefung im Fels. Es war hier so dunkel, dass sie so gut wie nichts sehen konnte. Langsam erst gewöhnten sich ihre Augen daran, und sie konnte wenigstens erkennen, dass Mattim neben ihr saß, dunkler als jeder Schatten.
    »Warum jagen sie dich?«
    »Ist die Frage ernst gemeint?« Sie hatte nicht vor, ihm von dem Boot zu erzählen. Vielleicht war er hier, um genau das herauszufinden – wie viel sie wusste, wie viel sie in Akink verraten konnte. Vielleicht hatten die Schatten ihn geschickt, um sie in Sicherheit zu wiegen, alle Informationen aus ihr herauszuholen und sie dann zu töten. Aber dann hätten die Feinde sie genauso gut gleich zu einer der Ihren machen können. Vielleicht wusste Mattim tatsächlich nichts von der rätselhaften Begebenheit am Fluss.
    »Ich warte auf deine Frage«, sagte er nach einer Weile.
    »Was? Welche Frage?«
    »Wie es ist.« Seine Stimme in der Dunkelheit. Diese Stimme, für die sie hätte sterben mögen. Worte, vertraulich in der Nacht geflüstert, eine Nähe, die die ganze Welt da draußen ausschloss und nur sie beide meinte. Warum musste er sie daran erinnern, was er war?
    »Und, wie ist es?«, flüsterte sie. »Ist es so, wie du erwartet hast?«
    »Es ist schlimm«, antwortete er leise. »Und nein, es ist ganz und gar nicht so, wie ich dachte.«
    »Wie schlimm?«, fragte sie furchtsam. Wenn er in der Lage war, seinen Zustand zu beurteilen, war womöglich doch noch mehr von dem alten Mattim in ihm, als sie gedacht hatte. Vielleicht war in diesem Schatten der schöne junge Prinz gefangen, der für Akink kämpfen wollte, und rüttelte an

Weitere Kostenlose Bücher