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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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wenn man nicht wusste, was die Patrouille sich noch alles einfallen ließ. Schlimmstenfalls rannte er ihnen beim nächsten Mal direkt ins Messer.
    Er hatte keine Wahl. Er musste zurück, zu Kunun und den anderen, musste herausfinden, was passiert war.
    Irgendetwas war geschehen. Drüben. Hier. Wo auch immer. Während er im Wald gewesen war, war etwas vorgefallen, etwas Wichtiges …
    »Du musst mir helfen, Bela«, flüsterte er. »Lenk sie ab.«
    Bela drückte stumm den Kopf gegen seine Hand. Dann schlich er lautlos davon und verschmolz mit der Dunkelheit.
    Mattim wartete nicht auf die Schreie. Seine Unruhe war so groß, dass er nicht einmal Gewissensbisse hatte, obwohl er einen Schattenwolf auf Menschen, auf seine ehemaligen Kameraden losließ. Geduckt eilte er vorwärts, zwischen den Bäumen hindurch. Als er auf die Lichtung hinaustrat, hatte auch der Wolf sich bereits aus der Deckung gewagt. Eine hohe Frauenstimme schrie: »Wolf! Wolf! Achtung, hinter euch!«
    Der Prinz hielt nicht inne, um darüber nachzudenken, wem diese Stimme gehörte. Sie klangen alle anders, wenn sie schrien. Wenn die Angst sie ergriff, wenn plötzlich jeder zum Feind wurde. Alles war anders, wenn er sich daran erinnerte, dass sie keine Freunde mehr waren.
    »Stehenbleiben!« Vor ihm tauchte ein Wächter auf, der sich nicht hatte ablenken lassen. Ein noch junger Kerl, höchstens vierzehn, trotzdem schon mit einem Schwert bewaffnet, das er zweifellos zu nutzen verstand. Die Patrouille nahm nur wehrhafte Krieger mit, egal welchen Alters.
    Mattim wich einige Schritte zurück. Der Junge ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Ich hab einen! Kommt her, ich habe einen!«
    Erkannte er ihn nicht? Kannte nicht jeder in ganz Akink Mattim, den letzten Prinzen? Trotzdem rief der junge Wächter nicht seinen Namen, sondern noch einmal: »Schnell, hier ist einer!«
    Mattim hörte von der Seite her die Schreie der Flusshüter und Belas Knurren – und dann huschten weitere Wölfe aus dem Wald. Er hatte nicht gewusst, dass sich ein ganzes Rudel in der Nähe befand. In dem Durcheinander folgte niemand dem Ruf des Jungen. Trotzdem konnte Mattim weder das Schwert auf die leichte Schulter nehmen noch die Tatsache, dass man ihn sehen konnte, wenn er in der kleinen Höhle verschwand. Es war zu riskant, deshalb entschloss er sich dazu, umzudrehen und zwischen die Bäume zu laufen. Der Junge – konnte er denn so verrückt sein? – setzte ihm nach.
    »Bleib stehen!«, schrie er.
    Ob wohl nur besonders dumme Akinker zu Vampiren wurden? Weil jeder von ihnen es fertiggebracht hatte, sich von einem Schattenwolf beißen zu lassen? Weil sie sich von ihrem Trupp getrennt hatten? Einschließlich seiner selbst. Was war ich bloß für ein Idiot , dachte er mit leisem Bedauern.
    Mattim trat zur Seite, durch einen Baum hindurch, und ließ den Jungen an sich vorbeistürmen. Bela tauchte wie aus dem Nichts auf und setzte ihm mit weiten, lautlosen Sprüngen nach. Dann ein Schrei und ein Schluchzen. Der Prinz hastete zu der Stelle, wo der neue Schatten lag. Das Schwert hatte er fallenlassen, über ihm stand mit blutverschmiertem Maul der schwarze Wolf.
    »Steh auf«, sagte Mattim und zog den Akinker hoch. Selbst durch die Dunkelheit hindurch war sein Entsetzen zu spüren.
    »Fass mich nicht an! Nein! Nein!« Blindlings stürmte der junge Krieger fort, tiefer in den Wald.
    »Lasst ihn«, sagte Mattim zu Bela und den anderen Wölfen. »Sobald er sich beruhigt hat, wird er diejenigen suchen, zu denen er jetzt gehört. Ich habe meine Pforte. Es ist sowieso kein guter Zeitpunkt, um ihn mitzunehmen. Keine Ahnung, wo ich in Budapest herauskomme.«
    Kununs Pforte hatte an einen sicheren Ort geführt. Jeder neue Übergang war jedoch ein Risiko – den im Fahrstuhl hatte Mattim benutzen müssen, als er keine Wahl gehabt hatte. Er war einfach davon ausgegangen, dass die Pforte ebenfalls in die Höhlen mündete. Doch dieser Platz war zu weit von ihnen entfernt. Er würde nicht in Kununs Haus landen, sondern vielleicht in einem ganz anderen Gebäude. Oder gar mitten auf einer stark befahrenen Straße. Die unsichtbare Schwelle zu überschreiten hatte etwas von einem Sprung aus schwindelerregender Höhe. Vielleicht in ein Netz. Vielleicht ins Nichts.
    Wieder befiel ihn die Unruhe, diese Rastlosigkeit, die ihn in die andere Welt trieb. Etwas ist geschehen …
    Wenn sein Herz noch hätte schlagen können, es hätte in wilder Erwartung gepocht.
    Er hob den Fuß und ging hinüber auf die andere

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