Magyria 02 - Die Seele des Schattens
keine anderen Kinder da, außer mir. Es war ein Erwachsenengeburtstag.«
»Sieht ganz so aus.«
»Was haben wir ihm denn geschenkt?«
Ein Polizeiauto fuhr ohne anzuhalten an ihnen vorbei. Dann standen sie vor dem Tor zur Villa.
Mattim sah zu den erleuchteten Fenstern hinüber. Er hatte fast damit gerechnet, dass man ihn festnehmen würde, sobald er sich mit dem Kind dem Haus näherte. Die Versuchung war groß, den Jungen allein reinzuschicken und sich aus dem Staub zu machen, aber das war eines Prinzen von Akink nicht würdig. Er klingelte am Tor, und bevor das Schellengeläut verklungen war, kam schon Attilas Mutter herbeigerannt.
»Attila! Attila!«
»Ich habe eine ganze Flasche Cola getrunken. Ist das schlimm?«
Mónika Szigethy schloss ihren Sohn in die Arme. »Ich hatte solche Angst!«
Am Fenster erschien Rékas bleiches Gesicht, ihr Mund bewegte sich, als wollte sie ihm etwas zurufen. Hanna. Wo ist Hanna? War es das, was sie fragen wollte? Doch Mattim wurde abgelenkt, als Ferenc über den Gartenweg auf ihn zustürzte, hinter ihm ein Fremder, in dem Mattim schon von weitem den Polizisten erkannte. Er war lange genug Flusshüter gewesen; einen Wächter im Dienst konnte er nahezu riechen, ganz gleich, in welcher Welt.
»Bist du nicht …?« Mónika versuchte sich anscheinend zu erinnern, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte.
»Das ist Hannas Freund«, hörte er Ferenc’ forsche Stimme. »Du schuldest uns ein paar Erklärungen.«
»Sieh an. Der Freund des verschwundenen Au-pair-Mädchens?« Der Fremde näherte sich mit raschen Schritten. Ein prächtiger schwarzer Schnauzbart verlieh seinem Gesicht Autorität. »Nicht so schnell, der junge Herr. Wir hätten da ein paar Fragen …«
»Wo warst du?«, rief Ferenc und drückte seinen Sohn an sich. »Wo um alles in der Welt hast du gesteckt?«
Tränen quollen aus Attilas Augen. »Du hast versprochen, sie würden nicht schimpfen. Und jetzt schimpfen sie doch!«
Mattim überließ die Familie sich selbst. Er drehte sich um und ging. Die Aufforderung des Polizisten, sofort zurückzukommen, ignorierte er einfach. Nachdem er um die Straßenecke gebogen war, begann er zu laufen. Die Strecke war lang, trotzdem reichte es nicht, um seinen Zorn zu dämpfen. Hanna ist verschwunden.
Seine Gedanken kamen nicht zur Ruhe.
Hanna!
Er konnte noch keinen Sinn in der ganzen Geschichte erkennen, aber er würde es herausfinden. Genau jetzt. Hier, in Atschoreks Haus. Das Licht brannte, also war sie da. Vor Wut zitternd ging er durch die Wand.
Das Kaminzimmer war leer, dafür fand er sie im Wohnzimmer. Kunun und Atschorek. Als wenn nichts wäre, saßen sie auf dem edlen weißen Ledersofa, bei gedämpftem Licht, vor sich eine halb geleerte Weinflasche. Beide blickten auf, als Mattim hereinstürzte, kaum in der Lage, von den vielen Vorwürfen einen auszuwählen, mit dem er beginnen sollte.
»Guten Abend«, sagte Atschorek und hob leicht die Brauen. »Setz dich zu uns.«
»Worauf wartet ihr hier?«
Die lässige Ruhe seiner Geschwister steckte ihn nicht an, im Gegenteil.
»Auf gute Neuigkeiten.« Atschorek sagte nie mehr, als sie sagen wollte. Aber heute war nicht der Tag, an dem er sich an der Nase herumführen lassen würde.
»Ich habe Attila nach Hause gebracht. Ist die Nachricht gut genug? Wenn ein Kind wieder da hinkommt, wo es hingehört?«
»Wann?«, fragte sein Bruder nur.
»Gerade eben. Kunun, was fällt dir ein? Du hast ein Kind entführt? Seit wann benutzt du kleine Kinder? Beim Licht, was geht hier eigentlich vor?«
» Ich habe Attila entführt, übrigens«, warf Atschorek ein.
»Du hattest nicht das Recht, dich da einzumischen«, sagte der Schattenprinz kalt.
»Nicht das Recht?«, rief Mattim außer sich. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Atschoreks Weinglas kippte um, und eine blutrote Lache breitete sich aus. Mit einer Handbewegung fegte Mattim auch die Flasche auf den Boden. »Was habt ihr gemacht? Wo ist Hanna? Wo – ist – Hanna?«
»Du hast den Kleinen zurückgebracht, ohne Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, kann das sein?«, fragte sein Bruder ungerührt. »Ohne sein Gedächtnis zu löschen? Am Ende bist du noch mit der Metró gefahren?«
»Beim Licht! Ihr durftet nicht …!«
Kunun wechselte einen Blick mit Atschorek. »Dann werden sie das Haus finden. Verdammt, Mattim, was tust du da? Ich muss unsere Leute warnen.«
Er griff zum Telefon. Mattim langte über den Tisch und riss es ihm aus der Hand.
»Ich will wissen, wo Hanna ist«,
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