Magyria 02 - Die Seele des Schattens
uns.«
Mattim blieb auf der Schwelle stehen, als sie zum Auto hasteten und davonbrausten.
Mehrere Polizeiautos überholten ihn. Attilas Eltern hatten sich bestimmt nicht einfach so damit zufriedengegeben, dass ihr Sohn einen Tag lang verschwunden gewesen war. Als eines der Autos neben ihm hielt, musste der Junge sich zwingen, nicht sofort loszurennen. Der Polizist ließ die Scheibe herunter und warf ihm einen prüfenden Blick zu.
»Du bist nicht zufällig auf der Suche nach deinem Hund? Einem freilaufenden, der Menschen anfällt?«
»Nein«, sagte Mattim, freudig überrascht, dass es nur darum ging.
Vielleicht klang es nicht überzeugend genug.
»Ein Mensch wurde bereits gebissen. Wenn hier also irgendwo ein aggressiver Köter herumläuft …«
»Ich habe gar keinen Hund. Und ich kenne niemanden, der einen vermisst.«
»Wir haben einen Dackel eingefangen.« Der Mann verdrehte die Augen. »Dabei hat die Anruferin geschworen, sie hätte einen Wolf gesehen. Nun ja. Hast du es noch weit? Sollen wir dich lieber nach Hause bringen?«
»Ich wohne gleich da«, log Mattim und zeigte vage irgendwo nach vorne. Erleichterung machte sich in ihm breit, als der Wagen weiterfuhr.
Bald würde er Hanna sehen. Und wissen, ob sie immer noch ein Mensch war, immer noch das, was sie sein wollte, was sie zu sein verdiente.
Die Pforte musste irgendwo hier in der Nähe sein. Wenn er nur gewusst hätte, wo! Dann hätte er hindurchschreiten und seinen Vater warnen können. Damit die Akinker sie bewachten und mit Hilfe des Lichts schlossen. Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht war seine Heimatstadt noch zu retten. Irgendwie musste es doch möglich sein, ungeschehen zu machen, was Hanna getan hatte …
Mattim blickte hinauf ins Licht einer Straßenlaterne. Eine solche Sehnsucht nach zu Hause befiel ihn, dass er es kaum aushalten konnte. Akink. Die Stadt des Lichts. Sie musste hell bleiben. Das bisschen Licht, das sie noch besaß, es musste bewahrt werden, behütet, koste es, was es wolle …
Er musste in Erfahrung bringen, wo die Pforte war. Vor Kunun und Atschorek.
Der Streifenwagen hielt an der nächsten Kreuzung. Ohne nachzudenken, was er da tat, winkte Mattim und begann zu rennen.
»Wartet! Wartet!«
Sie hatten ihn bemerkt. Einer der Beamten stieg aus.
»Was ist, Junge? Hast du den Hund gesehen?«
Seine Stimme klang freudig alarmiert, jedoch auch überrascht.
»Nein«, gab Mattim zu, »aber wenn ich wüsste, wo der Mann gebissen wurde, könnte ich vielleicht helfen, das Tier zu finden.«
»Auf dem Burgberg«, sagte der Polizist leicht genervt. Er schien sich nicht darüber zu freuen, dass er einem angriffslustigen Hund auf der Spur war.
Kein anderer Wolf als Wilder hätte es gewagt, bis in die Nähe der Burg vorzudringen. Wohin führte die Pforte – direkt ins Herz Akinks?
»Warum wird überhaupt nach ihm gesucht?«, fragte er. »Die Leute werden doch dauernd von ihren eigenen Hunden gebissen, ohne dass es in den Nachrichten kommt.«
»Nun ja, wenn jemand schreiend durch eine Menschenmenge rennt und brüllt: ›Ich wurde gebissen, ich wurde gebissen!‹, macht das keinen guten Eindruck auf die Touristen«, erklärte der Polizist. »Also halt die Augen auf, Junge.«
Auf einmal stieg der Beifahrer aus und öffnete die hintere Tür. »Steig ein. Wir bringen dich schnell hin.« Er schubste Mattim auf die Rückbank.
»Gerade ist eine interessante Meldung hereingekommen. Über eine Person, die gesucht wird. Wolltest hier wohl ein paar Erkundigungen einziehen, wie weit wir mit den Ermittlungen sind, was?«
Es war dumm gewesen, sich bei anderen Menschen Hilfe zu holen, noch dazu bei der Polizei. Das Trenngitter hinderte ihn daran, an die beiden Männer heranzukommen. Hier konnte er sie nicht beißen. Aber je länger er auf die richtige Gelegenheit wartete, umso mehr Leute würden es sein, gegen die er kämpfen musste.
Verdammt! , dachte Mattim. Er hatte keine Zeit. Er musste die Pforte schließen – irgendwie würde er den König schon dazu bringen, ihm ein zweites Mal zu helfen. Außerdem musste er Wilder finden, bevor jemand ihn erschoss. Hanna! Sie würde ebenfalls den richtigen Ort kennen. Hanna, die inzwischen wahrscheinlich schon nach Hause zurückgekehrt war, um sich von Attilas Wohlergehen zu überzeugen. Er musste unbedingt zu ihr! Aber vielleicht würde man sie ebenfalls festnehmen? Die Freundin des angeblichen Entführers? Am Ende trafen sie sich beide auf der Polizeiwache? Mattim atmete tief
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