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Maienfrost

Maienfrost

Titel: Maienfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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sinnvoll, nicht nur die Obduktionsberichte, sondern auch die Tatortfotos miteinander zu vergleichen. Sie haben Sie doch dabei?«, vergewisserte sie sich.
     
    Henning, dem die Argumentation der Rechtsmedizinerin einleuchtete, entnahm dem Ordner eine durchsichtige Plastikhülle, welche die von Lea Goldbach und Lisa Ahrens gemachten Aufnahmen enthielt. Er reichte sie Leona, die sie sogleich mit dem vor sich liegenden Bild von Carmen Austen verglich. Interessiert neigten sich die beiden Männer nach vorn, um gleichfalls einen Blick auf die Fotos werfen zu können.
    Das was sie sahen, verschlug ihnen einen Moment lang den Atem. Der Kommissar fand als Erstes die Sprache wieder. »Offen gestanden«, bekannte er, »erschien mir Ihr Verdacht bislang gewagt. Aber jetzt, wo ich mich mit eigenen Augen von den nicht zu übersehenden Gemeinsamkeiten überzeugen konnte, fange auch ich an, einen möglichen Zusammenhang in Betracht zu ziehen.«
    »Heißt das, dass Sie uns unterstützen werden?«, erkundigte sich die Rechtsmedizinerin.
    »Wäre ich sonst hier?«, fragte Henning, seine Brille abnehmend und damit beginnend, sich seine Nasenwurzel zu massieren. Eine Geste, derer er sich stets dann bediente, wenn er angestrengt über etwas nachdachte. »Als Doktor Probst mich gestern anrief, erwähnte er, dass Sie über Unterlagen des damals für die Autopsie zuständigen Pathologen verfügen. Stimmt das?«
    Leona nickte. »Die Papiere stammen aus dem Nachlass meines Großvaters. Wollen Sie sie sehen?«
    Nachdem der Kommissar darum gebeten hatte, sich die Dokumente für ein paar Tage ausleihen zu dürfen, reichte ihm die Ärztin einen umfangreichen Aktenstapel. Gleichzeitig verwies sie ihn darauf, dass es sich um Kopien handele, die er behalten könne, so lange er wolle.
    »Wie geht es nun weiter?«, erkundigte sich Doktor Probst.
    »Das weiß ich selbst noch nicht«, gestand Henning offenherzig. »Aber auf die Schnelle wird sich dieser Fall bestimmt nicht lösen lassen.« Einen Blick auf seine Armbanduhr werfend, fügte er hinzu: »Ich würde vorschlagen, unser Gespräch für heute erst einmal zu beenden. Ich melde mich, sobald ich die Unterlagen durchgesehen habe.«
    Bevor sie sich voneinander verabschiedeten, erkundigte sich der Kommissar bei Leona danach, wo er sie erreichen könne. Diese schien überrascht. Gleichzeitig durchfuhr sie die Erkenntnis, dass sie schlicht und einfach vergessen hatte, sich um eine Unterkunft zu kümmern. Sie war losgefahren, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wo sie die Nacht verbringen sollte. Erst die Frage des Kommissars rief ihr dieses Versäumnis ins Bewusstsein. »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht«, gestand sie errötend. »Ist es schwierig, um diese Zeit noch ein Zimmer zu bekommen?«
    Die beiden Männer warfen sich einen kurzen, dafür aber viel sagenden Blick zu. »Es geht nicht um die Uhrzeit«, belehrte sie Doktor Probst. »Es geht darum, dass weit und breit sämtliche Privatquartiere und Pensionen belegt sind. Selbst die großen Hotels sind schon seit Wochen ausgebucht – schließlich ist Ferienzeit. Das lang anhaltend schöne Wetter hat zu einem zusätzlichen Ansturm geführt. Selbst bei mir daheim gibt es kein einziges freies Bett mehr, das ich Ihnen zur Verfügung stellen könnte. Schon seit Tagen belagern Freunde meiner Kinder jeden freien Winkel in unserem Haus. Sogar im Garten haben sie ihre Zelte aufgeschlagen. Tut mir Leid.«
    Leona glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Sieht ganz danach aus, als hätte ich ein Problem«, stellte sie niedergeschlagen fest. In Gedanken schalt sie sich eine Närrin.
    Um sie aus ihrer misslichen Lage zu erlösen, bot ihr der Kommissar an, bei ihm zu wohnen. »Sie können mein Gästezimmer haben«, schlug er vor.
    Angesichts der Umstände schien Leona keine andere Wahl zu bleiben, als seine Einladung anzunehmen. Die Situation war ihr peinlich. »Ich fürchte, Ihre Frau wird kaum davon begeistert sein, wenn Sie plötzlich mit mir vor der Tür stehen«, gab sie zu bedenken.
    »Wenn ich es nicht wollte, hätte ich es Ihnen kaum angeboten«, hielt Henning dagegen. »Und was meine Frau betrifft – ich bin schon seit Jahren Witwer. Wenn Sie sich daran nicht stören, würde ich vorschlagen, jetzt zu fahren. Immerhin liegt noch ein nicht unbeträchtliches Stück Weg vor uns.« Um auch ihre letzten Bedenken zu zerstreuen, fügte er hinzu: »Im Grunde genommen, könnten wir gar keine bessere Lösung finden. Sie hat nämlich den Vorteil, dass

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