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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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wieder barfuß in der Gegend herumgeirrt, wie eine besorgte Katzenmutter. Im Vorbeigehen hat sie die Bewohner von drei oder vier Kähnen geweckt, so dass Sie vor zwei Stunden in allen Luken Paare im Nachthemd hätten sehen können. Dennoch hat ihr niemand verraten, wo der Alte steckt. Ich glaube, es ist auch besser so. Eine Frau hat sie an Bord der ›Toison d’Or‹ zurückbegleitet, und nun sind sie beide dort und brutzeln sich ihr Frühstück. Sehen Sie, es steigt Rauch aus dem Herdschornstein.«
    Von den meisten Schiffen, in denen es wohl nach heißem Kaffee duftete und die Leute sich gerade ankleideten, stieg eine gerade Rauchsäule auf.
    »Überwache ihn weiter«, sagte Maigret.
    Anstatt gleich wieder in sein Taxi zu steigen, betrat er den Tanzsaal, dessen Tür offen stand. Die Frau besprengte den Boden mit Wasser, bevor sie ihn mit dem Besen kehrte.
    »Ist er oben?«, fragte der Kommissar.
    »Ich glaube, er ist eben aufgestanden. Ich habe Schritte gehört.«
    Maigret ging einige Stufen hinauf und lauschte. Tatsächlich, da ging jemand auf und ab. Eine Tür ging auf, und Gassin streckte sein eingeseiftes Gesicht heraus, hob die Schultern und zog sich wieder zurück.
     
    Ducraus Landhaus in Samois, durch den Leinpfad von der Seine getrennt, war ein großer dreiflügeliger Bau mit einem Ehrenhof davor. Als das Taxi hielt, stand Ducrau schon wartend am Gitter, wie üblich marineblau gekleidet, eine neue Schirmmütze auf dem Kopf.
    »Sie können den Wagen wegschicken«, sagte er zu Maigret. »Sie werden dann mit meinem zurückgefahren.«
    Er wartete, bis der Kommissar bezahlt hatte. Überraschend behutsam schloss er selbst das Tor, steckte den Schlüssel in seine Tasche und rief den Fahrer, der hinten im Hof ein graues Auto abspritzte.
    »Edgar! Lass niemanden herein, und wenn du jemanden siehst, der sich ums Haus herumtreibt, kommst du mich benachrichtigen.«
    Hierauf blickte er Maigret ernst an und fragte:
    »Wo ist er?«
    »Beim Anziehen.«
    »Und Aline? Ist sie nicht völlig durcheinander?«
    »Sie hat ihn gesucht. Jetzt ist eine Nachbarin bei ihr an Bord.«
    »Möchten Sie einen kleinen Imbiss nehmen? Wir essen frühestens in einer Stunde.«
    »Danke.«
    »Etwas zu trinken?«
    »Im Moment nicht.«
    Ducrau blieb im Hof, sah die Gebäude um sich an und zeigte mit dem Stock auf eines der Fenster.
    »Die Alte ist noch nicht angekleidet. Aber wie Sie hören, ist das junge Paar bereits am Zanken.«
    Tatsächlich drang aus einem Zimmer im ersten Stock, dessen Fenster offen standen, ein ziemlich heftiger Wortwechsel.
    »Dahinten befinden sich der Gemüsegarten und die ehemaligen Stallungen. Das Haus links gehört einem reichen Verleger, und in dem rechts wohnen Engländer.«
    Landhäuser und Villen, davon gab es eine stattliche Menge überall hier zwischen der Seine und dem Wald von Fontainebleau. Aus der Nachbarschaft hörte man das dumpfe Aufprallen von Tennisbällen. Die Gärten stießen aneinander. Eine alte Dame lag, ganz in Weiß, in einem Schaukelstuhl am Rand einer Rasenfläche.
    »Mögen Sie wirklich nichts trinken?«
    Ducrau schien etwas verwirrt, als wisse er nicht recht, was er mit seinem Gast anfangen sollte. Er war unrasiert. Die Augen wollten ihm zufallen.
    »Hier also verbringen wir unsere Sonntage.«
    Er sprach es in einem Tonfall aus, als hätte er sagen wollen:
    »Da sehen Sie nun, wie jämmerlich das Leben sein kann!«
    Rund um die beiden Männer war alles ruhig: das Spiel von Licht und Schatten, weiße Mauern, Kletterrosen, runde Kiesel auf dem Boden. Die Seine floss gemächlich, von kleinen Schiffen durchfurcht, und auf dem Leinpfad kamen hin und wieder Reiter vorbei.
    Ducrau ging auf den Kräutergarten zu, stopfte sich dabei die Pfeife und zeigte auf einen Pfau, der durch ein Salatbeet stakste.
    »Eine Idee meiner Tochter«, brummte er. »Sie ist überzeugt, dass das nach reich aussieht. Sie wollte auch Schwäne, hat dann aber eingesehen, dass wir gar kein Wasser haben.«
    Er war so wenig bei dem, was er sagte, dass er Maigret plötzlich in die Augen sah und hervorstieß:
    »Und? Haben Sie es sich nicht doch anders überlegt?«
    Das sagte er nicht einfach so. Die Frage lag schon länger, eigentlich schon seit gestern in der Luft, und er hatte nichts anderes im Kopf. Es war für ihn von solcher Wichtigkeit, dass sein Gesicht sich verdüstert hatte.
    Maigret rauchte und sah den Rauchwolken nach, wie sie sich in der Luft auflösten.
    »Ich verlasse die Polizei am Mittwoch.«
    »Ich weiß.«
    Sie

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