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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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macht nichts. Sieh sie an!«
    Er deutete auf seine Frau und seine Tochter, die wie emsige Bienen aus und ein gingen und den Kaffee auftrugen. Die Tür war offen geblieben, und man hörte das Zischen des Gaskochers, obwohl das Haus doch groß, beinahe eine Prachtvilla war. Aber es sah so aus, als habe die Familie es auf ihre Größe reduziert.
    »So ist es seit eh und je. Jahr für Jahr rackere ich mich für sie ab, und wenn ich auf andere Gedanken kommen will, muss ich ins Büro und den Trotteln dort die Leviten lesen! … Dann … danke. Keinen Zucker.«
    Zum ersten Mal sagte er etwas zu seiner Tochter, ohne sie anzuschnauzen, und sie sah ihn überrascht an. Sie hatte verquollene Augen, und ihre Wangen waren rot geädert.
    »Wie schön du doch bist, toll, nicht? Aber weißt du, Gassin, irgendwann einmal sind alle Frauen so. So ist es doch! Sei still! Wir sind unter uns. Ich mag dich. Wir müssten so weit kommen, dass wir ein für allemal …«
    Unbewusst wohl hatte Madame Ducrau zu ihrem Strickzeug gegriffen, und nun saß sie in einer Ecke und klapperte mit den Nadeln. Decharme rührte mit dem Löffel in seiner Tasse.
    »Weißt du, was mir in meinem Leben am meisten zu schaffen gemacht hat? Ausgerechnet, dass ich mit deiner Frau geschlafen habe! Es war ein Blödsinn, von Anfang an. Ich weiß nicht einmal, warum ich es getan habe. Und, schlimmer noch, dann war es zwischen uns nicht mehr wie vorher. Ich sah dich von meinem Fenster aus auf deinem Kahn, ich sah auch sie und das Kind … Sag selbst! … Deine Frau wusste nachher wahrhaftig selbst nicht mehr, von wem das Kind ist. Ob von mir oder von dir …«
    Berthe stieß einen tiefen Seufzer aus, worauf er sie böse ansah. Was ging sie das an! Was kümmerten ihn schon seine Tochter oder seine Frau!
    »Verstehst du, Alter? Nun sag schon etwas!«
    Er strich um Gassin herum, traute sich jedoch nicht, ihm ins Gesicht zu sehen, und zwischen jedem Satz machte er große Pausen.
    »Im Grunde bist du der Glücklichere von uns beiden gewesen!«
    Obschon die Nacht frisch war, schwitzte er.
    »Möchtest du, dass ich dir die Patrone zurückgebe? Mir ist es egal, ob ich in die Luft gehe, weißt du. Aber einer sollte übrigbleiben, wegen der Kleinen …«
    Sein Blick fiel auf Decharme, der eine Zigarette rauchte, und eine nicht zu übertreffende Verachtung sprach aus seinen Augen, als er ihm zuwarf:
    »Interessiert dich das?«
    Dann, da dem andern keine Antwort einfiel:
    »Bleib ruhig da! Du störst mich nicht mehr als die Kaffeekanne, noch dazu, wo du nicht einmal zu einer Schlechtigkeit fähig bist.«
    Er hatte einen Stuhl an der Rücklehne ergriffen und wagte es endlich, ihn vor dem Alten hinzustellen, sich daraufzusetzen und Gassin am Knie anzufassen.
    »Nun? Glaubst du nicht auch, dass wir alle ungefähr am gleichen Punkt angelangt sind? Sagen Sie mir, Kommissar, was steht mir für Bébert in Aussicht?«
    Es wurde geredet, so wie etwa im Familienkreis nach dem Abendessen über den nächsten Urlaub gesprochen wird, begleitet vom rhythmischen Geklapper der Stricknadeln.
    »Vielleicht kommen Sie mit zwei Jahren davon, und die werden Ihnen vielleicht sogar auf Bewährung ausgesetzt.«
    »Nicht nötig. Ich habe es satt. Zwei Jahre Ruhe, das käme mir gelegen. Und anschließend?«
    Seine Frau hob den Kopf, blickte ihn dann aber doch nicht an.
    »Anschließend, Gassin, nehme ich einen kleinen Kahn, den kleinsten, etwa den ›Aigle 1‹ …«
    Und dann, die Kehle plötzlich wie zugeschnürt:
    »Nun sag schon was, Herrgott noch mal! Verstehst du immer noch nicht, dass es nichts anderes mehr gibt, was zählt?«
    »Was soll ich dir schon sagen?«
    Auch der Alte wusste nicht weiter. Er war ganz stumpf. Nichts kann einen mehr aus dem Konzept bringen als ein Drama, das nicht enden will. So dass er nun plötzlich wieder seine schüchterne Art hatte und dasaß wie ein armseliger Gast, der sich nicht zu rühren wagt.
    Ducrau packte ihn an den Schultern.
    »Komm schon! Vielleicht wird doch noch etwas draus! Ab morgen bist du mit der ›Toison d’Or‹ auf Fahrt. Dann, eines schönen Tages, wenn du nicht im Geringsten darauf gefasst bist, wird jemand von einem Schlepper deinen Namen rufen. Das bin dann ich, in der blauen Kluft! Die Typen werden überhaupt nichts begreifen. Man wird behaupten, die Geschäfte liefen schlecht. Völlig aus der Luft gegriffen! In Wirklichkeit habe ich es einfach satt, mich für das Pack abzurackern …«
    Er konnte nicht anders, als Maigret einen herausfordernden

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