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Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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anderem taugte ich nicht mehr. Ich bin da oben viermal operiert worden und habe davon am ganzen Körper Narben.«
    »Ich habe Sie gefragt, warum Sie heute hergekommen sind.«
    Unermüdlich kam er auf diese Frage zurück.
    »Als ich erfuhr, daß Sie sich mit dem Fall befassen, habe ich mir gedacht, Sie würden sich meiner gewiß erinnern und mich suchen lassen. Und das hätte ja nur unnütze Zeit gekostet.«
    »Wenn ich recht informiert bin, hatten Sie seit Ihrer Entlassung aus dem Sanatorium keine Beziehungen mehr zu Marcel, aber Sie schickten ihm Geld.«
    »Manchmal. Er sollte es ein bißchen gut haben. Er ließ sich zwar nichts davon anmerken, aber er hatte gerade eine schwere Zeit.«
    »Hat er Ihnen das gesagt?«
    »Er hat mir gesagt, sein Leben sei verpfuscht, es sei immer verpfuscht gewesen, es hätte bei ihm nicht einmal dazu gereicht, ein richtiger Verbrecher zu werden.«
    »Hat er Ihnen das in Nizza gesagt?«
    »Er hat mich nie in den ›Sirénes‹ besucht. Er wußte, daß das verboten ist.«
    »Hat er Sie hier getroffen?«
    »Ja.«
    »Kommen Sie oft nach Porquerolles?«
    »Fast jeden Monat. Justine ist jetzt zu alt, um in ihren Häusern selber nach dem Rechten zu sehen, und Monsieur Emil hat das Reisen nie geliebt.«
    »Schlafen Sie dann immer hier in der ›Arche‹?«
    »Immer.«
    »Warum gibt Ihnen Justine nicht ein Zimmer in ihrem Haus? Es ist doch ziemlich geräumig.«
    »Sie läßt nie eine Frau unter ihrem Dach schlafen.«
    Er spürte, daß man jetzt dem springenden Punkt näherkam, aber Ginette ging noch immer nicht ganz aus sich heraus.
    »Hat sie Angst wegen ihres Sohns?« scherzte er, während er sich eine neue Pfeife anzündete.
    »Ja, das mag komisch klingen, aber es ist so. Er hat immer an ihrem Schürzenzipfel hängen müssen, und deshalb hat sein Charakter etwas Mädchenhaftes. Trotz seines Alters behandelt sie ihn immer noch wie ein Kind. Er kann nichts ohne ihre Erlaubnis tun.«
    »Macht er sich etwas aus Frauen?«
    »Er hat eher Angst vor ihnen. Ich meine, im allgemeinen. Er ist nie darauf ausgewesen, wissen Sie. Und er war auch nie ganz gesund. Er kuriert den lieben langen Tag an sich herum, nimmt alle möglichen Mittel ein und liest medizinische Bücher.«
    »Was haben Sie mir noch zu sagen, Ginette?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Warum sind Sie heute hergekommen?«
    »Aber die Frage habe ich Ihnen doch schon beantwortet.«
    »Nein.«
    »Ich nahm an, Sie würden sich vor allem für Monsieur Emil und seine Mutter interessieren.«
    »Das müssen Sie mir genauer erklären.«
    »Sie sind nicht wie die anderen von der Polizei, aber trotzdem: wenn etwas Scheußliches passiert, sind es immer die Leute eines bestimmten Milieus, die man verdächtigt.«
    »Und Sie wollten mir also sagen, daß Emil am Tode Marcels unschuldig ist?«
    »Ich wollte Ihnen erklären …«
    »Mir was erklären?«
    »Wir sind gute Kameraden geblieben, Marcel und ich, aber von einem Zusammenleben war nicht mehr die Rede. Er dachte nicht einmal mehr daran. Ich glaube, er hatte gar kein Verlangen mehr danach. Verstehen Sie das? Er liebte die Existenz, die er sich geschaffen hatte. Er hatte gar keine Verbindung mehr zu jenen Kreisen. Übrigens, ich habe Chariot vorhin gesehen …«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe ihn mehrmals hier gesehen. Wir haben manchmal am selben Tisch gegessen. Er hat mir Frauen verschafft.«
    »Haben Sie damit gerechnet, daß Sie ihm heute in Porquerolles begegnen würden?«
    »Nein. Ich schwöre Ihnen, ich sage die Wahrheit. Die Art, wie Sie mich fragen, macht mich verlegen. Früher hatten Sie Vertrauen zu mir. Sie hatten sogar ein wenig Mitleid. Freilich, es stimmt schon, ich habe nichts Mitleiderregendes mehr an mir. Ich bin nicht einmal mehr tuberkulös!«
    »Verdienen Sie viel Geld?«
    »Nicht soviel, wie man vermuten könnte. Justine ist sehr knauserig und ihr Sohn ebenso. Es fehlt mir zwar an nichts. Ich kann sogar etwas beiseite legen, aber für ein Rentnerleben würde es doch nicht reichen.«
    »Sie sprachen eben von Marcel.«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich gesagt habe. Ach ja. Wie soll ich es Ihnen erklären? Als Sie ihn kennenlernten, versuchte er, den Verbrecher zu spielen. In Paris verkehrte er in Lokalen, wo man Leute wie Chariot und sogar Mörder trifft. Er wollte den Anschein erwecken, als ob er zu solch einer Bande gehöre, aber die nahmen ihn nicht einmal ernst.«
    »Er war also gewissermaßen Zuhälter im Nebenberuf.«
    »Nun ja, aber das war längst vorbei. Er sah jene Leute

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