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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Raphaël‹, um die Seite des Registers zu fotografieren, die der Portier ihm gezeigt hatte.
    »Zwei Journalisten, Kommissar …«
    »Sag ihnen, sie sollen sich an Janvier wenden.«
    Dieser kam gleich darauf ins Büro.
    »Was soll ich ihnen erzählen?«
    »Irgendwas. Dass die Ermittlungen Fortschritte machen.«
    »Sie waren davon überzeugt, dass Ricain hier sei, und haben einen Fotografen mitgebracht.«
    »Dann sollen sie ihn halt suchen. Sie können ja an seiner Wohnung klingeln, wenn ihnen der Sinn danach steht.«
    Bedächtig nahm er den Faden seiner Überlegungen wieder auf, die sich aus verschiedenen, widersprüchlichen Gedankengängen zusammensetzten. War es richtig gewesen, den übererregten Francis freizulassen? Weit würde er mit den zwanzig Franc nicht kommen, die der Kommissar ihm gegeben hatte. Er würde bald wieder in Geldnöten stecken, an verschiedene Türen klopfen, seine Freunde abklappern.
    »Es ist doch immerhin nicht meine Schuld, wenn …«
    Es war gerade so, als hätte Maigret ein schlechtes Gewissen, als hätte er sich etwas vorzuwerfen. Dauernd kehrten seine Gedanken zu dem Moment zurück, wo die ganze Sache ins Rollen gekommen war, nämlich zu dem Vorfall auf der Plattform des Busses.
    Er sah die Frau mit dem ausdruckslosen Gesicht vor sich, deren Einkaufsnetz ihm gegen die Beine stieß. Ein Hühnchen, Butter, Eier, Lauch, Stangensellerie. Er hatte sich noch gefragt, warum sie zum Einkaufen eine so lange Busfahrt auf sich nahm.
    Ein junger Mann rauchte eine zu kurze, zu dicke Pfeife. Seine blonde Mähne war so hell wie Noras gebleichtes Haar.
    Zu diesem Zeitpunkt kannte er das ehemalige Mannequin noch nicht, das Carus im ›Raphaël‹ und auch sonst überall als seine Frau ausgab.
    Er hatte für einen Augenblick das Gleichgewicht verloren, und jemand hatte ihm unmerklich seine Brieftasche aus der Gesäßtasche gezogen.
    Diesen Augenblick hätte er gern genau durchleuchtet, denn er schien ihm ausschlaggebend. Dann war der Unbekannte vom fahrenden Bus abgesprungen, hatte sich an den Hausfrauen vorbeigedrängt und war kreuz und quer durch die engen Gassen des Marais-Viertels gerannt.
    Der Kommissar sah ihn noch genau vor sich. Schon in diesem Moment war er sicher gewesen, dass er den Dieb wiedererkennen würde, denn er hatte sich noch einmal umgedreht.
    Warum hatte er sich eigentlich umgedreht? Und warum hatte er die Brieftasche, nachdem er herausgefunden hatte, dass sie Maigret gehörte, in einen braunen Briefumschlag gesteckt und wieder an den rechtmäßigen Eigentümer zurückgeschickt?
    Schon zu dem Zeitpunkt, als er den Diebstahl beging, glaubte er, dass die Polizei hinter ihm her sei … Er war davon überzeugt, dass man ihn des Mordes an seiner Frau anklagen und verhaften würde … Seine Angst vor der Festnahme hatte er mit einem merkwürdigen Argument begründet: Klaustrophobie …
    In seiner dreißigjährigen Laufbahn war es noch nie vorgekommen, dass ein Verdächtiger damit seine Flucht begründete, doch bei genauerem Nachdenken musste Maigret zugeben, dass das nicht ausgeschlossen war. Er selber fuhr nur dann mit der Metro, wenn es sich nicht umgehen ließ, denn er hatte jedes Mal das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Hing das nicht auch mit seiner Manie zusammen, andauernd aufzustehen und sich ans Bürofenster zu stellen?
    Bisweilen erntete er Kritik – besonders von den Herren der Staatsanwaltschaft –, weil er persönlich Aufgaben übernahm, die eigentlich seinen Inspektoren vorbehalten waren, und weil er sich höchstpersönlich an den Tatort begab, um die Zeugen zu vernehmen, statt sie vorzuladen, und sogar ohne ersichtlichen Grund mehrmals dorthin zurückkehrte, ja, sich manchmal sogar selber in der prallen Sonne oder bei Regen um die heimliche Überwachung kümmerte.
    Er war gern in seinem Büro, aber länger als zwei Stunden hielt er es darin nicht aus. Während der Ermittlungen wäre er am liebsten überall gleichzeitig gewesen.
    Um diese Zeit hielt Bob Mandille sicher seinen Mittagsschlaf, denn das ›Vieux-Pressoir‹ schloss spät in der Nacht. Ob Rose sich wohl auch hinlegte? Was hätte sie ihm erzählt, wenn sie sich im leeren Restaurant gegenübergesessen hätten?
    Jeder hatte von Ricain und Sophie eine andere Meinung, die sogar nach einigen Stunden ins Gegenteil umschlagen konnte, wie er es bei Carus erlebt hatte.
    Was für ein Mensch war Sophie wirklich gewesen? Eines dieser Mädchen, die sich jedem Mann an den Hals werfen? Oder war sie so ambitioniert, dass

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