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Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Titel: Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Zurechnungsfähigkeit.«
    Darauf hatte der Staatsanwalt entgegnet:
    »Gemeines Verbrechen! Heurtin hat nur deshalb nichts gestohlen, weil irgendwelche Umstände ihn daran hinderten … Er hat alles in allem achtzehnmal mit dem Messer zugestochen … «
    Die Fotografien der Opfer waren herumgereicht worden. Die Geschworenen hatten sie angeekelt von sich gestoßen.
    »Auf alle Fragen: Ja! «
    Todesstrafe! Am Tag darauf wurde Joseph Heurtin zusammen mit vier anderen zum Tode Verurteilten in den Hochsicherheitstrakt verlegt.
    »Nun«, fragte Maigret, als er ihn dort besuchte, »hast du mir nichts zu sagen?« Er war mit sich nicht zufrieden.
    »Nein!«
    »Du weißt, daß du hingerichtet wirst?«
    Heurtin brach in Tränen aus. Maigret betrachtete das bleiche Gesicht, die geröteten Augen.
    »Wer ist dein Komplize?«
    »Ich hab keinen …«
    Maigret besuchte ihn jeden Tag, obgleich er offiziell nicht einmal mehr das Recht hatte, sich um den Fall zu kümmern.
    Und jeden Tag fand er einen zwar abgekämpften, aber irgendwie doch gelassenen Heurtin vor, einen Heurtin, der nicht vor Angst zitterte, in dessen Augen bisweilen sogar Spott lag.
    … Bis zu dem Morgen, da er in der Nebenzelle Schritte hörte, dann durchdringende Schreie …
    Sie holten Nummer 9, einen Vatermörder, zur Hinrichtung ab.
    Am Tag danach schluchzte Heurtin, jetzt Nummer 11, erbärmlich. Aber er sprach nicht. Er klapperte nur mit den Zähnen, während er mit dem Gesicht zur Wand auf seiner Pritsche lag.
    Wenn Maigret sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab er nicht so leicht wieder auf.
    »Der Mann ist entweder verrückt oder unschuldig …«, erklärte er später dem Untersuchungsrichter.
    »Ausgeschlossen! Außerdem ist das Urteil gefällt …«
    Maigret, eins achtzig groß, stark und breit wie ein Lastträger der Pariser Markthallen, beharrte auf seiner Meinung.
    »Erinnern Sie sich, daß wir nie abklären konnten, wie er von Saint-Cloud nach Paris zurückgekommen ist? Die Bahn hat er nicht benutzt, das ist erwiesen … Die Straßenbahn auch nicht … Er ist auch nicht zu Fuß zurückgekehrt!«
    Darauf bekam er nur eine spöttische Antwort zu hören.
    »Wollen Sie ein Experiment wagen?«
    »Das müssen Sie den Minister fragen.«
    Und Maigret hatte sich verbissen, hartnäckig auf den Weg gemacht. Er hatte eigenhändig die Zeilen verfaßt, die dem Verurteilten als Fluchtplan dienen sollten.
    »Hören Sie! Entweder er hat Komplizen, und dann wird er denken, die Nachricht komme von ihnen, oder er hat keine, und dann wird er mißtrauisch, wittert eine Falle. Ich verbürge mich für ihn. Ich schwöre, daß er uns auf keinen Fall entkommt …«
    Man mußte das breite, ruhige und dennoch steinharte Gesicht des Kommissars gesehen haben!
    Es dauerte drei Tage. Er malte das Gespenst des Justizirrtums an die Wand und den Skandal, den es früher oder später geben würde.
    »Aber Sie haben ihn doch selbst gefaßt!«
    »Weil ich als Polizeibeamter gezwungen bin, aus handfesten Beweisen die logischen Schlüsse zu ziehen …«
    »Und als Mensch?«
    »… warte ich auf moralische Beweise.«
    »Und das heißt?«
    »Daß er meiner Meinung nach verrückt oder unschuldig ist.«
    »Warum redet er nicht?«
    »Das Experiment, das ich vorschlage, wird es uns erklären.«
    Telefongespräche, Konferenzen folgten.
    »Sie setzen Ihre Karriere aufs Spiel, Kommissar! Bedenken Sie das!«
    »Ich habe alles bedacht …«
    Der Zettel wurde dem Gefangenen zugesteckt. Er zeigte ihn niemandem, aber in den letzten drei Tagen aß er mit besserem Appetit.
    »Also ist er nicht überrascht«, folgerte Maigret. »Also erwartete er etwas in dieser Art. Also hat er Komplizen, die ihm vielleicht die Freiheit versprochen haben …«
    »Und wenn er sich dumm stellt und Ihnen entschlüpft, sowie er aus dem Gefängnis heraus ist … Ihre Karriere, Kommissar …«
    »Auch sein Kopf steht auf dem Spiel …«
     
    Und jetzt räkelte Maigret sich in einem Ledersessel am Fenster eines Hotelzimmers. Von Zeit zu Zeit richtete er das Fernglas auf das ›Citanguette‹, wo die Hafenarbeiter sich wieder zu einem Gläschen versammelt hatten.
    Auf der Uferstraße vertrat Polizeiinspektor Janvier sich gelangweilt die Füße und gab sich dabei alle Mühe, so unbeteiligt wie möglich dreinzublicken.
    Dufour hatte – Maigret entging kein Detail – eine Andouillette mit Kartoffelpüree gegessen und trank jetzt einen Calvados.
    Das Fenster im Obergeschoß hatte sich noch nicht geöffnet.
    »Geben Sie mir das

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