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Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Titel: Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Lichtern vorbeifuhr und durchdringend zu pfeifen anhob, die Sicht.
    »Es ist soweit!« knurrte Maigret im Moment, da Inspektor Dufour in den Schankraum zurückkehrte.
    Achtlos hatte Heurtin die Zeitung aufgeschlagen. Stand die Information über ihn auf der Titelseite? Würde er sie auf den ersten Blick entdecken?
    Und Dufour genügend Geistesgegenwart besitzen, um die Gefahr abzuwenden?
    Ah, wie typisch für Dufour, daß er sich bemüßigt fühlte, erst einen Blick über die Seine hinweg auf das Fenster zu werfen, wo sein Chef stand, ehe er handelte!
    Klein und adrett, wie er war, schien er so gar nicht der Mann zu sein, der die Situation zu meistern vermochte in diesem von muskulösen Dockern und Fabrikarbeitern überfüllten Bistro.
    Und doch: Er trat auf Heurtin zu, streckte die Hand aus, sagte vermutlich:
    »Pardon, Monsieur, die gehört mir …«
    An der Theke drehten sich einige Köpfe um. Der Exgefangene maß sein Gegenüber verwundert.
    Dufour ließ nicht locker, versuchte die Zeitung an sich zu reißen, beugte sich über den Tisch. Lucas an Maigrets Seite hüstelte.
    Und kurz darauf ging alles drunter und drüber. Heurtin war aufgestanden, langsam, als wisse er noch nicht, was er tun solle.
    Seine linke Hand hielt ein Stück Zeitung umklammert, die aber auch der Inspektor nicht loslassen wollte.
    Mit der Rechten hob er plötzlich eine Wasserflasche vom Nebentisch und ließ den schweren Glaskörper auf Dufours Schädel sausen.
    Janvier stand keine fünfzig Meter weiter am Fluß, doch er hörte nichts.
    Dufour war zurückgetorkelt, prallte gegen die Theke. Ein paar Gläser zersplitterten.
    Drei Männer warfen sich auf Heurtin. Zwei andere hielten den Inspektor an den Armen fest.
    Anscheinend waren jetzt doch Geräusche zu vernehmen, denn Janvier hörte endlich auf, die Reflexe im Wasser zu bewundern, drehte das Gesicht dem ›Citanguette‹ zu, tat ein paar Schritte, begann zu laufen.
    »Schnell! Nimm einen Wagen … Fahr hinüber …!« befahl Maigret dem Wachtmeister.
    Lucas gehorchte ohne Begeisterung. Er wußte, daß er zu spät kommen würde.
    Nicht einmal Janvier, der doch in der Nähe gestanden hatte …
    Der Verurteilte wehrte sich, rief etwas. Beschuldigte er Dufour, ein Polizeispitzel zu sein?
    Jedenfalls konnte er sich für ein paar Sekunden aus dem Griff der Männer befreien, lange genug, um die Wasserflasche, die er immer noch in der Hand hielt, gegen die Lampe zu schleudern.
    Beide Hände an die Brüstung geklammert, stand der Kommissar reglos am Fenster. Unter ihm auf dem Quai fuhr ein Taxi an. Im ›Citanguette‹ flammte ein Streichholz auf, erlosch jedoch gleich wieder. Trotz der Entfernung war Maigret ziemlich sicher, daß dort drüben ein Schuß gefallen war.
     
    Endlose Minuten verstrichen. Das Taxi hatte die Brücke überquert und holperte jetzt den ausgefahrenen Uferweg jenseits des Flusses entlang.
    Der Wagen fuhr so langsam, daß Wachtmeister Lucas zweihundert Meter vor dem ›Citanguette‹ hinaussprang und auf das Bistro zurannte. Hatte auch er den Schuß gehört?
    Ein schriller Pfiff. Lucas oder Janvier riefen Hilfe herbei …
    Und drüben hinter den schmierigen Fensterscheiben, auf denen in Emailbuchstaben – ein M und ein R fehlten – die Aufschrift ›Mitbringen eigener Mahlzeiten gestattet‹ prangte, flackerte eine Kerze auf und beleuchtete Gestalten, die sich über einen menschlichen Körper beugten.
    Aber das Bild blieb undeutlich. Auf diese Distanz und in dieser spärlichen Beleuchtung war es unmöglich, die einzelnen Gestalten zu erkennen.
    Ohne sich vom Fenster fortzubewegen, telefonierte Maigret mit gedämpfter Stimme.
    »Hallo? Kommissariat Grenelle? … Schickt Leute her, sofort, und Wagen. Umstellt das ›Citanguette‹ … Und falls ein großer Bursche mit dickem Kopf und bleichem Gesicht zu fliehen versucht, nehmt ihn fest … Ruft einen Arzt …«
    Lucas war mittlerweile am Schauplatz eingetroffen. Sein Taxi parkte vor einem der großen Fenster und versperrte dem Kommissar zum Teil die Sicht.
    Der Wirt stand auf einem Stuhl, schraubte eine neue Glühbirne ein, und der Schankraum lag wieder in grellem Licht.
    Das Telefon schrillte.
    »Hallo? … Kommissar Maigret? … Hier Richter Corné-Hau … Ich bin zu Hause, ja … Ich erwarte Gäste zum Abendessen … Aber ich wollte sicher sein, daß …«
    Maigret schwieg.
    »Hallo! Bitte nicht unterbrechen … Sind Sie noch da?«
    »Ja.«
    »Und? … Ich verstehe Sie kaum … Haben Sie die Abendzeitungen gesehen? Sie sind

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