Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
war bemerken s wert elegant. Man spürte den Mann von Welt, dem das Nachtleben nicht unvertraut war.
    Er ging geradewegs zur Bar, bemerkte Génaro.
    »Sind Sie der Patron des Lokals?«
    »Ja, Monsieur.«
    »Delfosse! Es heißt, daß mein Sohn Ihnen Geld schuldete. «
    »Victor!«
    Victor eilte herbei.
    »Das ist Monsieur Renés Vater, der wissen möchte, wieviel sein Sohn dir schuldig war. «
    »Warten Sie, ich schaue in meinem Notizbuch nach. Monsieur René allein oder Monsieur René und sein Freund? … Hm! … Hundertfünfzig und fünfundsiebz i ge. Dazu zehn und die hundertzwanzig von gestern … «
    Monsieur Delfosse streckte ihm einen Tausendfran c schein hin und sagte barsch:
    »Behalten Sie den Rest.«
    »Besten Dank, Monsieur! Vielen Dank! Möchten Sie nicht etwas trinken?«
    Doch Monsieur Delfosse begab sich zum Ausgang, ohne jemand anzusehen. Er kam am Tisch des Kommi s sars vorbei, den er nicht kannte. Als er durch die Porti e re ging, streifte er einen Neuankömmling, beachtete ihn aber nicht und stieg in seinen Wagen.
    Das war jedoch der Auftakt zum Hauptereignis des Abends. Der Eintretende war groß, hatte breite Schu l tern, ein massiges Gesicht, einen gelassenen Blick.
    Adèle, die ihn als erste sah, vielleicht weil sie ständig nach dem Eingang schaute, sperrte die Augen auf, schien plötzlich ratlos zu sein.
    Der Neuankömmling ging direkt auf sie zu, reichte ihr eine dicke Hand.
    »Geht’s Ihnen gut, seit neulich abends?«
    Sie versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen.
    »Danke! Und Ihnen?«
    Die Journalisten musterten ihn und tuschelten.
    »Jede Wette, das ist er!«
    »Der würde doch heut abend nicht hier reinko m men!«
    Wie als Herausforderung zog der Mann jetzt eine Packung billigen französischen Tabaks hervor und mac h te sich daran, seine Pfeife zu stopfen.
    »Ein Helles!« rief er Victor zu, der mit vollem Tablett vorbeikam.
    Viktor nickte bestätigend, setzte seine Runde fort, kam an den beiden Polizisten vorbei und flüsterte rasch:
    »Das ist er!«
    Wie sprach sich die Neuigkeit herum? Jedenfalls w a ren eine Minute später alle Blicke auf den Mann mit den breiten Schultern gerichtet, der, mit einem Bein auf dem hohen Barhocker sitzend, das andere herabbaumelnd, sein englisches Bier in kleinen Schlucken trank und das Publikum durch das beschlagene Glas b e trachtete.
    Dreimal mußte Génaro mit den Fingern schnalzen, um die Kapelle dazu zu bringen, mit einem neuen Stück anzufangen. Und selbst der Eintänzer ließ den Mann nicht aus den Augen, während er seine Partnerin auf der gebohnerten Tanzfläche herumschwenkte.
    Kommissar Delvigne und der Inspektor verständigten sich durch unauffällige Zeichen. Journalisten beobacht e ten sie.
    »Gehen wir?«
    Sie standen gleichzeitig auf, gingen gelassen zur Bar.
    Der Kommissar mit dem roten Schnurrbart stützte sich vor dem Mann auf. Girard stellte sich hinter ihn, bereit, ihn zu umklammern.
    Die Musik brach nicht ab. Und doch hatte jedermann den Eindruck einer ungewöhnlichen Stille.
    »Verzeihung! Sie sind doch im ›Hôtel Moderne‹ abg e stiegen?«
    Ein bedächtiger Blick richtete sich auf den, der sprach.
    »Und?«
    »Ich glaube, Sie haben vergessen, Ihre Anmeldung auszufüllen. «
    Adèle stand drei Schritte weiter, den Blick auf den Unbekannten geheftet. Génaro ließ den Korken einer Champagnerflasche knallen.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich, daß Sie das in meinem Büro nachholen. Achtung! Kein Aufs e hen … «
    Kommissar Delvigne musterte die Züge seines G e genübers und fragte sich vergeblich, was ihn an diesem so beeindruckte.
    »Folgen Sie mir?«
    »Augenblick … «
    Er steckte die Hand in die Tasche. Inspektor Girard meinte, er wolle einen Revolver ziehen und zückte ung e schickterweise den seinen.
    Leute sprangen auf. Eine Frau stieß einen Schrecken s schrei aus. Doch der Mann zog nur ein paar Münzen hervor, die er auf die Bar legte, wobei er sagte:
    »Ich folge Ihnen!«
    Es wurde wahrlich kein diskreter Abgang. Der A n blick des Revolvers hatte die Gäste erschreckt, sonst w ä ren sie zweifellos Spalier gestanden. Der Kommissar ging voraus. Dann der Mann. Zuletzt Girard, knallrot g e worden wegen seines Fehlverhaltens.
    Ein Fotograf ließ Magnesium aufblitzen. Vor der Tür wartete ein Auto.
    »Steigen Sie bitte ein!«
    Die Fahrt zur Polizeiwache beanspruchte bloß drei Minuten. Inspektoren vom Nachtdienst spielten Pikett und tranken Bier, das sie aus einem benachbarten R e staurant hatten kommen

Weitere Kostenlose Bücher