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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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der Kapelle aufmunternd signalisie r te, fragte er leise eines der Mädchen:
    »Hast du Adèle nicht gesehen? Es ist Zeit, daß sie au f taucht!«
    Denn Adèle war die große Attraktion. Sie vor allem wollten die Gaffer von nahem sehen.
    »Paß auf!« flüsterte ein Journalist einem Kollegen ins Ohr, »sie sind dort! … «
    Und er wies auf zwei Männer, die an einem Tisch in der Nähe der Samtportiere saßen. Kommissar Delvigne trank ein Bier, dessen Schaum in seinem roten Schnur r bart hängenblieb. Neben ihm musterte Inspektor Girard die Gäste.
    Um zehn Uhr herrschte eine eigenartige Stimmung. Es war nicht mehr das ›Gai-Moulin‹ mit seinen paar Stammgästen und den Durchreisenden, die Gesellschaft für einen Abend suchten.
    Wegen der Anwesenheit der Journalisten vor allem fühlte man sich zugleich an einen Schwurgerichtsprozeß erinnert und an einen Galaabend.
    Es war dasselbe Publikum da. Nicht nur die Reporter, sondern auch die Gerichtsberichterstatter. Sogar ein Herausgeber war persönlich erschienen. Sodann die Stam m gäste der großen Cafés, die Lebemänner, wie man sie in der Provinz noch nennt, und die entsprechenden Damen.
    Auf der Straße standen fast zwei Dutzend Wagen. Man grüßte sich von Tisch zu Tisch. Man erhob sich, um Hände zu drücken.
    »Kommt noch was?«
    »Pst! Nicht so laut! Der Rothaarige dort drüben ist Kommissar Delvigne. Wenn er sich die Mühe gemacht hat, herzukommen, dann heißt das … «
    »Welche ist Adèle? Die dicke Blonde?«
    »Sie ist noch nicht da.«
    Dann kam sie. Ihr Auftritt war grandios. Sie trug e i nen weiten schwarzen Satinmantel mit weißem Seide n futter. Sie machte ein paar Schritte in den Saal hinein, hielt inne, sah sich um, ging dann gelassen zum Orch e ster, dessen Leiter sie die Hand reichte.
    Ein Magnesiumblitz. Ein Fotograf hatte die Szene für seine Zeitung festgehalten, und die junge Frau zuckte die Schultern, als ließe diese Popularität sie kühl.
    »Fünf Portwein, fünf!«
    Victor und Joseph hatten alle Hände voll zu tun. Sie schlängelten sich zwischen den Tischen durch.
    Man hätte meinen können, es fände ein Fest statt, aber ein Fest, an dem jeder nur teilnahm, um die and e ren zu beobachten. Auf der Tanzfläche drehten sich ei n zig die Berufstänzer.
    »Ich kann nichts Besonderes entdecken!« erklärte eine Frau, die von ihrem Mann zum ersten Mal in solch ein Nachtlokal geführt worden war. »Ich sehe nicht, was daran so verwerflich sein soll. «
    Génaro trat an den Tisch der Polizisten.
    »Entschuldigen Sie, Messieurs! Ich hätte gerne Ihren Rat. Sollen wir Darbietungen bringen, wie gewöhnlich? … Jetzt wäre Adèle mit ihrer Tanznummer dran. «
    Der Kommissar zuckte die Achseln, ohne ihn anzus e hen.
    »Ich wollte bloß wissen, ob es Sie nicht stört … «
    Die junge Frau saß an der Bar, von Journalisten u m geben, die sie ausfragten.
    »Delfosse hat also gestohlen, was Sie in der Handt a sche hatten. War er schon längere Zeit Ihr Liebhaber?«
    »Er war es noch nicht einmal!«
    Sie offenbarte eine gewisse Verlegenheit. Es kostete sie einige Überwindung, allen diesen Blicken standzuha l ten.
    »Sie haben mit Graphopulos Champagner getrunken. Was für ein Mann war er Ihrer Meinung nach?«
    »Ein nobler Kerl! Aber jetzt müssen Sie mich en t schuldigen … «
    Sie ging zur Garderobe, um ihren Mantel abzulegen, gesellte sich dann zu Génaro.
    »Soll ich tanzen?«
    Er war unschlüssig. Er musterte die Publikumsmenge mit leichter Besorgnis, als fürchtete er, sie könnte zu groß werden.
    »Ich frage mich, worauf sie warten.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an, stützte die Elle n bogen auf den Bartisch und blickte abwesend vor sich hin, ohne weiter auf die anhaltenden Fragen der Repo r ter zu antworten.
    Eine dicke Klatschbase sagte laut:
    »Es ist lächerlich, zehn Franc für eine Limonade zu bezahlen! Und es gibt nicht mal was zu sehen!«
    Zu sehen gab es durchaus etwas, allerdings nur für j e ne, die über die handelnden Figuren des Dramas B e scheid wußten. Als der rotuniformierte Pikkolo irgen d wann die Samtportiere anhob, wurde ein etwa fünfzi g jähriger Mann mit silbergrauem Schnurrbart sichtbar, der überrascht schien, so viele Leute zu sehen.
    Er zögerte, sich zurückzuziehen. Doch sein Blick b e gegnete dem eines Journalisten, der ihn erkannt hatte und seinen Nachbarn mit dem Ellenbogen anstieß. Daraufhin trat er ein, betont ungezwungen, die Asche seiner Zigarette abstreifend.
    Er sah gepflegt aus. Seine Kleidung

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