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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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lassen.
    Der Mann trat ein, als wäre er zu Hause, nahm seine Melone ab, zündete eine dicke Pfeife an, die zu seinem fülligen Gesicht paßte.
    »Haben Sie Papiere?«
    Delvigne war nervös. Irgend etwas an dieser G e schichte war ihm nicht geheuer, aber er wußte nicht was.
    »Keinerlei Papiere!«
    »Wo haben Sie Ihr Gepäck deponiert, nachdem Sie das ›Hotel Moderne‹ verließen?«
    Ein scharfer Blick des Kommissars, der sich erregte, weil er den Eindruck bekam, daß sein Gegenüber sich kindlich ergötzte.
    »Keine Ahnung!«
    »Ihr Name, Vorname, Beruf, Wohnort … «
    »Ist das Ihr Büro, da nebenan?«
    Eine Tür war zu sehen, die in ein kleines, leeres und unbeleuchtetes Büro führte.
    »Und?«
    »Kommen Sie!«
    Der breitschultrige Mann trat als erster ein, drehte den Lichtschalter, schloß die Tür.
    »Kommissar Maigret von der Pariser Kriminalpolizei«, stellte er sich daraufhin vor, kleine Wölkchen von Pfe i fenrauch ausstoßend. »Nun, lieber Kollege, ich glaube, wir haben heute abend gute Arbeit geleistet. Und Ihre Pfeife ist wirklich sehr schön! … «
    7
    Die sonderbare Reise
    Die Journalisten werden uns wohl nicht gleich überfallen, oder? Schließen Sie vielleicht doch die Tür bitte ab, ja? Es ist besser, wenn wir in Ruhe reden können. «
    Kommissar Delvigne betrachtete seinen Kollegen mit jenem unwillkürlichen Respekt, den man in der Provinz, besonders aber auch in Belgien allem entgegenbringt, das aus Paris kommt. Außerdem war ihm der Mißgriff peinlich, den er eben begangen hatte und für den er sich zu entschuldigen suchte.
    »Keine Ursache!« fiel ihm Maigret in die Rede. »Ich legte es ja ganz darauf an, verhaftet zu werden! Und ich komme schon zum nächsten Schritt: Gleich nachher we r den Sie mich ins Gefängnis bringen lassen, und dort ble i be ich so lang wie nötig. Sogar Ihre Inspektoren müssen von der Echtheit meiner Verhaftung überzeugt sein.«
    Es war einfach stärker als er! Er konnte sein Lachen nicht verbeißen, so komisch war der Gesichtsausdruck des Belgiers. Dieser musterte Maigret verstohlen und überle g te, welche Haltung er einnehmen sollte. Man merkte, daß er fürchtete, lächerlich zu sein. Und er versuchte verge b lich, herauszufinden, ob sein Kollege scherzte oder nicht.
    Maigrets Lachen löste das seine aus.
    »Hören Sie auf! Sie haben Einfälle! … Sie ins G e fängnis stecken! … Haha! … «
    »Ich schwöre, ich meine es wirklich so!«
    »Haha! … «
    Er sträubte sich lange. Und als er einsehen mußte, daß es seinem Gesprächspartner ernst war, brachte ihn das ganz aus der Fassung.
    Sie saßen sich jetzt gegenüber. Ein mit Akten überl a dener Tisch trennte sie.
    Von Zeit zu Zeit warf Maigret einen bewundernden Blick auf die Meerschaumpfeife seines Kollegen.
    »Sie werden gleich alles begreifen … « , sagte er. »Es tut mir leid, daß ich Sie nicht früher eingeweiht habe, aber Sie werden bald sehen, daß das unmöglich war. Das Verbrechen wurde am Mittwoch verübt, nicht wahr? Am Montag saß ich in meinem Büro am Quai des Orf è vres, als man mir die Karte eines gewissen Graphopulos brachte. Bevor ich ihn empfing, rief ich wie gewohnt bei der Fremdenpolizei an, um mich über ihn zu erkund i gen. Nichts! Graphopulos war gerade erst in Paris ang e kommen …
    In meinem Büro machte er mir einen recht verstörten Eindruck. Er erklärte, daß er viel reise, daß er Grund zu der Annahme habe, man trachte ihm nach dem Leben, und schließlich wollte er wissen, was es kosten würde, Tag und Nacht von einem Inspektor bewacht zu we r den.
    Solche Anfragen bekommen wir öfters. Ich nenne ihm also den Tarif. Er besteht lang und breit darauf, daß er einen wirklich gewieften Mann braucht, antwortet dagegen nur ausweichend auf meine Fragen nach der Gefahr, in der er schwebt und nach seinen allfälligen Feinden.
    Er gibt mir seine Adresse im ›Grand-Hôtel‹, und noch am gleichen Abend schicke ich ihm den angeforderten Inspektor.
    Am folgenden Morgen erkundige ich mich über ihn. Die griechische Botschaft meldet, er sei der Sohn eines bedeutenden Bankiers in Athen und führe quer durch Europa das müßige Leben eines Grandseigneurs. Ich wette, Sie haben ihn für einen Abenteurer gehalten.«
    »Genau! Sind Sie sicher, daß …?«
    »Warten Sie! Am Dienstag abend berichtet mir der mit dem Schutz von Graphopulos beauftragte Inspektor sehr verwundert, daß unser Mann die ganze Zeit über versucht habe, ihn abzuschütteln. Mit kleinen Tricks, die jeder kennt, wie

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