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Maigret und die alte Dame

Maigret und die alte Dame

Titel: Maigret und die alte Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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aus.
    »Könnten Sie mir den Ring ein oder zwei Tage überlassen?«
    »Er gehört uns nicht. Ich glaube nicht, dass er irgendwann meiner Tochter gehört hat. Wenn Sie ihn mitnehmen, hätte ich gerne einen Beleg.«
    Maigret schrieb an einer Ecke des Tischs, den man dafür abgeräumt hatte, die Quittung aus. Er trank den Apfelwein, der noch etwas säuerlich war, den er aber sehr lobte, weil Trochu ihn jedes Jahr im Herbst selber machte.
    »Glauben Sie mir«, sagte seine Frau, als sie ihn an die Tür brachte, »man wollte bestimmt Rose umbringen. Und wenn jemand versucht, das Gegenteil zu behaupten, hat er wohl guten Grund dazu.«
    »Ich hoffe, wir werden es bald wissen.«
    »Glauben Sie, dass es so schnell gehen wird?«
    »Vielleicht schneller, als Sie denken.«
    Er hatte das Seidenpapier mit dem Ring in seine Westentasche gesteckt. Er betrachtete das Klappbett, in dem Rose sicher als Kind geschlafen hatte, das Zimmer, in dem sie später mit ihren Schwestern schlief, den Herd, an dem sie die Suppe kochte. Wenn er auch nicht mehr als Feind angesehen wurde, blieb er doch ein Fremder; auch als er ging, blieben sie zurückhaltend. Nur Henri begleitete den Kommissar bis zum Wagen.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich nach Etretat mitzunehmen?«
    »Im Gegenteil.«
    »Ich hole nur schnell meine Mütze und meine Tasche.«
    Er hörte, wie er den anderen erklärte:
    »Ich kann im Auto des Kommissars mitfahren. Von Etretat aus fahre ich direkt nach Fécamp und gehe aufs Schiff.« Er kam mit einem Sack aus Segelleinen zurück, in dem seine Sachen für den Fischfang sein mussten. Als Maigret sich umdrehte, sah er noch, wie sich die Silhouetten vor der offenen Haustür abhoben.
    »Glauben Sie, er hat mich angelogen?« fragte Henri und zündete sich eine Zigarette an.
    Seine Kleider verpesteten mit ihrem Fischgeruch das Taxi.
    »Ich weiß nicht.«
    »Zeigen Sie ihm den Ring?«
    »Vielleicht.«
    »Als ich ihn das erste Mal traf, wollte ich ihn eigentlich richtig zusammenschlagen.«
    »Das habe ich mir gedacht. Ich frage mich nur, wie er es angestellt hat, Sie davon abzubringen.«
    Henri überlegte.
    »Das frage ich mich auch. Er ist anders, als ich ihn mir vorgestellt habe, und ich bin sicher, dass er nicht versucht hat, mit meiner Schwester zu schlafen.«
    »Haben es andere probiert?«
    »Der Sohn von Baboeuf, als sie siebzehn war. Ich schwöre Ihnen, dass sie es ihm gegeben hat!«
    »Redete Rose nie vom Heiraten?«
    »Wen hätte sie heiraten sollen?«
    Er hatte offenbar auch den Eindruck, dass es für Rose keinen passenden Mann in der Gegend gab.
    »Möchten Sie mir etwas sagen?«
    »Nein.«
    »Warum sind Sie dann mitgefahren?«
    »Ich weiß nicht. Ich möchte ihn gern Wiedersehen.«
    »Um mit ihm über den Ring zu reden?«
    »Über dies und jenes. Ich habe keine solche Ausbildung wie Sie, aber ich meine, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.«
    »Glauben Sie, Sie treffen ihn in der kleinen Bar, wo ich Sie beide neulich gesehen habe?«
    »Da oder woanders. Aber ich möchte vorher aussteigen.«
    Am Stadtrand stieg er dann aus und ging mit seinem Sack über der Schulter weiter, nachdem er sich kaum bedankt hatte.
    Maigret fuhr zuerst zum Hotel, wo er keine Nachricht vorfand, und ging anschließend ins Kasino an die Bar zu Charlie.
    »Meinen Inspektor nicht gesehen?«
    »Er war auf einen Aperitif hier.«
    Charlie schaute auf die Uhr; es war neun Uhr, und er meinte:
    »Das ist schon eine Weile her.«
    »Theo Besson?«
    »Sie sind hintereinander hinein- und herausgegangen.« Er zwinkerte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    »Trinken Sie etwas?«
    »Danke.«
    Es sah so aus, als ob Henri umsonst mitgefahren war, denn Maigret traf Castaing auf seinem Posten vor dem >Hôtel de la Plage<.
    »Ist er da?« »Vor einer Viertelstunde ist er auf sein Zimmer gegangen.«
    Der Inspektor zeigte auf ein erleuchtetes Fenster im zweiten Stock.
8
Das Licht im Garten
    An diesem Abend schaute Castaing Maigret zwei- oder dreimal verstohlen an und fragte sich, ob dieser wohl wusste, was er wollte, wenn er wirklich der berühmte Maigret war, dem es alle jungen Inspektoren gleichtun wollten, und ob er nicht heute eine Schlappe einstecken würde, sich zumindest von den Ereignissen treiben ließ.
    »Setzen wir uns einen Augenblick«, hatte der Kommissar gesagt, als er ihn vor dem Hotel angetroffen hatte, wo er Wache hielt.
    Die Moralprediger, die gegen die vielen Kneipen protestieren, ahnen ja nicht, dass sie wie geschaffen sind für die Polizei.

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