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Maigrets Nacht an der Kreuzung

Maigrets Nacht an der Kreuzung

Titel: Maigrets Nacht an der Kreuzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Kerl.«
    »Er treibt sich wohl gern ein bißchen herum?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich wette, er haut dann und wann ganz schön auf die Pauke!«
    »Wie alle Männer.«
    Ihre Stimme wurde bitter. Von der Tankstelle her klangen Gesprächsfetzen herein.
    »Leg das dort hin! … Gut, ja! Morgen früh werden die Hinterreifen gewechselt.«
    Monsieur Oscar kam frohgestimmt zurück. Man spürte, daß er am liebsten gesungen und ein bißchen den Hanswurst gespielt hätte.
    »Wollen Sie wirklich nicht mit uns essen, Kommissar? Ich würde einen guten alten Wein aus dem Keller holen. Was ziehst du für ein Gesicht, Germaine? Ach, die Fra u en! Müssen am laufenden Band mit immer neuen La u nen ankommen!«
    »Ich muß nach Avrainville zurück«, sagte Maigret.
    »Soll ich Sie im Wagen hinbringen? In einer Minute wäre ich fertig.«
    »Danke. Ich gehe lieber zu Fuß.«
    Draußen empfing Maigret warmes Sonnenlicht, und auf dem Weg nach Avrainville flog ihm ein gelber Schmetterling voraus.
    Hundert Meter vor dem Gasthof traf er auf Inspektor Lucas, der ihm entgegenkam.
    »Nun?«
    »Wie Sie vermutet haben. Der Arzt hat die Kugel herausgeholt. Es ist eine Gewehrkugel.«
    »Sonst nichts?«
    »Doch. Einige Meldungen aus Paris: Angekommen ist Isaac Goldberg dort mit seinem Wagen, einem sportl i chen Minerva-Modell, das er gewöhnlich für seine Re i sen benutzte und das er selbst steuerte. Und in diesem Wagen muß er auch die Strecke von Paris bis zur Kre u zung zurückgelegt haben.«
    »Ist das alles?«
    »Wir erwarten noch Auskünfte von der belgischen Polizei.«
    Das Mietauto, bei dessen Verlassen Madame Goldberg erschossen worden war, war vom Chauffeur nach Paris zurückgefahren worden.
    »Die Leiche?«
    »Sie ist nach Arpajon gebracht worden. Der Untersuchungsrichter ist besorgt. Er legte mir nahe, Ihnen zu sagen, daß Eile geboten ist. Er befürchtet vor allem, daß die Zeitungen in Brüssel und Antwerpen den Fall allz u sehr in die Breite treten.«
    Maigret begann vor sich hin zu summen, ging in den Gasthof und setzte sich an seinen Tisch.
    »Haben Sie ein Telefon?«
    »Ja, aber mittags zwischen zwölf und zwei ist es abg e stellt. Wir haben halb eins …«
    Der Kommissar aß schweigend, und Lucas spürte, daß er beunruhigt war. Mehrmals versuchte der Inspektor vergeblich, eine Unterhaltung in Gang zu bringen.
    Es war einer der ersten schönen Frühlingstage. Nach dem Essen zog Maigret seinen Stuhl hinaus auf den Hof und stellte ihn vor eine Mauer. Eine halbe Stunde lang schlummerte er dort in der Sonne inmitten von Hühnern und Enten. Punkt zwei Uhr jedoch stand er wieder auf und ging ans Telefon.
    »Hallo! Kripo! Ist der 5 CV gefunden worden?«
    Er ging wieder auf den Hof hinaus und spazierte im Kreis. Nach zehn Minuten wurde er an den Apparat g e rufen. Es war der Quai des Orfèvres.
    »Kommissar Maigret? Wir haben soeben einen Anruf aus Jeumont erhalten. Der Wagen ist dort. Er steht verla s sen vor dem Bahnhof. Der Fahrer wird es vorgezogen h a ben, die Grenze zu Fuß oder mit dem Zug zu passi e ren.«
    Maigret hängte kurz ein, verlangte dann die Firma Dumas & Fils und erfuhr dort, daß Carl Andersen noch nicht gekommen war, um seine zweitausend Francs a b zuholen.
     
    Als Maigret und Lucas gegen drei Uhr an der Tankstelle vorübergingen, tauchte Monsieur Oscar hinter einem Auto auf und fragte munter:
    »Wie geht’s, Kommissar?«
    Maigret antwortete nur mit einem Handzeichen und setzte seinen Weg zum Haus der Drei Witwen fort.
    Türen und Fenster der Michonnet-Villa waren geschlossen, aber wieder einmal regte sich im Eßzimmer ein Vorhang.
    Es war, als hätte die gute Laune des Werkstattbesitzers den Kommissar, der wütend an seiner Pfeife sog, noch verdrießlicher gemacht.
    »In Anbetracht von Andersens Flucht«, begann Lucas in versöhnlichem Ton.
    »Bleib hier!«
    Wie am Morgen ging er erst durch den Park des Hauses der Drei Witwen und betrat dann das Haus selbst. Im Salon schnupperte er in die Luft, sah sich rasch um und entdeckte Rauchschwaden in den Zimmerecken.
    Frischer Tabakgeruch hing in der Luft.
    Er handelte instinktiv, legte seine Hand um den Revolvergriff, ehe er die Treppe hinaufging. Oben vernahm er Grammophonmusik, erkannte den Tango wieder, den er am Morgen hatte spielen lassen.
    Die Musik kam aus Elses Zimmer. Als er klopfte, hö r te sie abrupt auf.
    »Wer ist da?«
    »Der Kommissar.«
    Ein kurzes Kichern.
    »Nun, Sie wissen ja, wie Sie hereinkommen! Ich kann Ihnen nicht aufschließen.«
    Wieder

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