Mailverkehr für Fortgeschrittene
prallen Schwanz auf- und abgleiten. Konzentrierte mich ganz auf ihn, auf seine Lust. Und wurde nur wenige Momente später mit dem Geschmack frischer Austern belohnt. Er erschlaffte. Ich ließ ihm Zeit, wollte ihn noch gar nicht wieder zurück in die kalte Wirklichkeit befördern. Legte ihn in meiner warmen Hand ab, küsste ihn noch ein wenig. Sah hoch.
Roy machte den Eindruck, als hätte er gerade die Bescherung seines Lebens bekommen. Seine Augen schimmerten feucht.
»Danke.«
Ich glaubte es nicht. Er hatte sich tatsächlich bei mir bedankt. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Noch ein Glas Wein und dann ab nach Hause.
Wir fuhren gemeinsam mit der U-Bahn. Es war zwei Uhr dreißig nachts. Oder sollte ich besser sagen morgens? Um uns herum lauter Kids. Betrunkene Partygänger. Im unbarmherzigen Neonröhrenlicht konnte ich Roys Falten sehen. Er ist 52. Ich wollte nicht wissen, was er bei mir sah. Mein Make-up war garantiert hinüber. Doch als er mir einen Blick zuwarf, las ich daran nichts weiter als Zärtlichkeit.
»Hast Du eine E-Mail-Adresse?«, fragte er schüchtern.
Ich sagte sie ihm. Er zog die Stirn kraus und starrte kurz auf den Fußboden. Gedächtnisarbeit. Dann war plötzlich seine Station gekommen und er musste aussteigen. Ich kriegte einen heftigen Kuss mitten auf die Lippen gepflanzt. Weg war er.
Der Zug fuhr an, ich sah aus dem Fenster. Tatsächlich, da lief er. Blickte in den hell erleuchteten Zug hinein, sah mich jedoch nicht.
Ob er sich wirklich meldet? Ich bin gespannt.
Und natürlich betreibe ich meine Recherche mit Ernsthaftigkeit. Zur Praxis gehört die Theorie. Denn ich will immer noch wissen, was mir so daran gefällt, auf dem Kellerboden einer SM-Bar zu knien und einem fremden Mann einen zu blasen?
Eines der Bücher, die ich aus der Bibliothek mitgenommen habe, ist von R. D. Precht und heißt sehr schön passend »Liebe. Ein unordentliches Gefühl«.
Ein gelungener Rundumschlag zur Geschichte der Liebe. Lies es!
Darin spricht er unter anderem davon, wie wichtig es ist, sich selbst gespiegelt zu sehen im Blick des anderen, sich begehrt und bestätigt zu fühlen. Und dass die Liebesbedürftigkeit des Menschen eine ganz natürliche Entwicklung ist. Wir seien intelligente Affen, die versuchen, ihre erste frühkindliche Liebesbeziehung zu wiederholen.
Siehst Du, Mike? Von wegen »monkeys with money and guns«. Monkeys with love :-)
Hannah
Betrifft: Going apeshit
Von: Gruber Bestattungen
Datum: 25. 11. 2012 21:45
Übrigens, Hannah,
auch verliebte Affen sind Affen. Und der Typ ist ein Loser. Wette mit Dir um ein Kilo Bananen: Der meldet sich nicht mehr.
Und damit es Dich nicht zu sehr trifft, hier eine Aufmunterung:
Such mal danach auf YouTube: »Put a banana in your ear«
Ha, ha …
Mike
Betrifft: Infoabend
Von: H. Zimmermann
Datum: 27. 11. 2012 22:16
Mike,
sehr komisch, wirklich.
Machst Du Dich über mich lustig? Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, unsere Korrespondenz abzubrechen. Du bist nicht länger der Einzige, mit dem ich reden kann. Das hast Du Dir selbst zu verdanken. War Deine Idee, und da ich nicht stur bin, habe ich sie umgesetzt: Ich bin zu einem Einsteigertreffen vom BDSM Berlin im Sonntags-Club gegangen.
Gruß an Deine zuverlässige Quelle. Es war sehr lehrreich …
Der Laden, eine Mischung aus Café und Kneipe, war klein, gemütlich und hatte eine freundliche Bedienung. Ich war viel zu früh da. Hatte genug Zeit, meinen Mut mit einem Glas Rotwein zu unterstützen und die langsam eintrudelnden, sich unsicher umguckenden anderen Gäste zu beobachten.
Dann wurde die Tür zum Hinterzimmer geöffnet. Wir waren eine ziemlich große Gruppe: acht Männer und vier Frauen. Die meisten tranken Kaffee oder Tee. Ich nicht. Die meisten grinsten nervös. Ich auch. Wer jedoch von Anfang an für gelöste Stimmung sorgte, das war unser Gastgeber. Marc. Leicht ergraut, trug eine Nickelbrille und begleitete jedes Wort seines Vortrags mit enthusiastischen Gesten. Marc war eindeutig ein Mann mit einer Mission. Er wollte Hemmschwellen abbauen, Vorurteilen den Garaus machen. Und vor allem wollte er uns vermitteln, dass SM Spaß machen und eine Bereicherung unseres Lebens sein kann. Was mich anbelangt, so hatte er damit Erfolg. Auch wenn ich schon bei der Vorstellungsrunde zusammenzuckte. Jeder hier, angefangen bei der süßen dreiundzwanzigjährigen Österreicherin bis hin zum gestandenen vierzigjährigen Elektriker, jeder wusste mindestens seit seinem
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