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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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sehr.«
    Isabell strahlte. Wahrscheinlich hatte sie meine Freude sofort auf sich bezogen, obwohl ich damit eigentlich meinen Hund meinte.
    Oskar zerrte an seiner Leine. Er war völlig aus dem Häuschen. Er hatte seine Insel erkannt und wollte sie jetzt erkunden. Also schlug ich vor, mit ihm zu Fuß zum Schloss zu gehen, während Jacques den Kommissar und Isabell mit dem alten Peugeot zum Schloss fahren würde.
    »Die alte Elise soll Isabell das Gästezimmer neben der Bibliothek geben«, sagte ich zu Jacques. »Ich komme mit dem Hund nach.«
    Jacques verbeugte sich. »Jawohl, Herr Graf«, sagte er und war Isabell beim Einsteigen in den Peugeot behilflich.
     
    Ich war froh, endlich mit Oskar allein zu sein. Ich nahm ihn nochmals auf den Arm und ließ ihn mein Gesicht abschlecken.
    »Nach so langer Zeit müssen wir uns richtig begrüßen«, sagte ich zu ihm und er schien das zu verstehen. Er wedelte vor Freude so sehr mit seinem kleinen Schwanz, dass ich ihn gut festhalten musste, damit er mir nicht vor lauter Freude vom Arm fiel. Dann ließ ich ihn wieder zu Boden und spazierte mit ihm aus dem Hafen. Ich ging absichtlich dicht an der alten Henriette und ihrer Freundin Babette vorbei. Diesmal kreischten sie nicht und wichen auch nicht zurück. Im Gegenteil, es kam mir so vor, als ob sie unmerklich näher kamen, um mich noch genauer sehen zu können.
    »Na, habt ihr euch von eurem Schrecken erholt?«, begrüßte ich die beiden.
    »Es tut uns leid, Herr Graf«, antwortete die alte Henriette. »Wir dachten wirklich, dass Sie auf dem Friedhof liegen. Schließlich waren wir auf Ihrer Beerdigung.«
    Ich sah ihnen an, dass sie mich jetzt am liebsten noch über Isabell befragt hätten, aber die Gelegenheit wollte ich ihnen kurz vor Mitternacht nicht geben. Ich zog Oskar weiter und durchquerte mit ihm das nächtliche Dorf. Wir nahmen die Abkürzung über den Friedhof und ich dachte voll Dankbarkeit an die alten Frauen, die sich hier in der vergangenen Nacht auf Dolcapone gestürzt hatten. Oskar wusste von alledem nichts und saß ganz still bei mir, als ich am Grab meiner Mutter betete.
    »Weise mir den Weg, zeige mir die Richtige«, flehte ich meine Mutter an und musste im selben Augenblick an Melanie denken, an diese treue Seele, die mir in Straßburg die Geborgenheit gegeben hatte, nach der ich anscheinend mein Leben lang gesucht hatte. Ob sie den schweren Unfall überlebt hatte? Oskar wurde unruhig. Er stand auf und zerrte an seiner Leine, als ob er sagen wollte: ›Jetzt ist es aber genug. Lass uns zum Schloss gehen.‹
    Also erhob ich mich wieder, verabschiedete mich in Gedanken von meiner Mutter und eilte mit Oskar die Weinberge hinauf. Er zog wie ein Verrückter nach oben. »Ist ja schon gut«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Bald sind wir da.«
    Aber es half nichts. Er zerrte an der Leine stramm bergauf, sodass man hätte meinen können, er wollte mich durch die Weinreben hinauf zum Schloss ziehen. Als wir endlich die Einfahrt erreichten, fing er an zu bellen und ließ sich nicht mehr zur Ruhe bringen, bis wir beim Schlossplatz waren. Er bellte unaufhörlich und ich sah, dass sich die Vorhänge der Bediensteten hinter den Scheiben bewegten, die mitten in der Nacht Oskar begrüßten, diesen verrückten Hund des jungen Grafen, der sie alle aus dem Schlaf gerissen hatte.
    ›Endlich sind wir da, ich und mein Hund‹, hätte ich am liebsten über den Schlossplatz geschrien, denn ich fühlte, dass ich erst jetzt wirklich auf meiner Insel angekommen war. Aber ich schrie natürlich nicht, sondern trug Oskar über die Freitreppe nach oben, öffnete sein Halsband und setzte ihn in der Eingangshalle des Schlosses ab. Sofort begann er, zur Bibliothek zu stolzieren, wo immer sein Korb gestanden hatte, in dem er manchmal schon schlief, wenn ich noch spät abends in meinen geliebten Büchern gelesen hatte. Aber sein Korb war weg. Sie hatten mich entsorgt, sie hatten den Hund entsorgt und sie hatten natürlich auch seinen Schlafkorb entsorgt. Alle Spuren sollten verschwinden, die einmal an mich oder an Oskar erinnern konnten. Unbändige Wut stieg in mir auf. Ich zog meine Jacke aus und legte sie auf das Fußende des Sofas. Sofort sprang Oskar mit einem kräftigen Satz hinauf und rollte sich in meiner Jacke wie eine Schnecke zusammen.
    »Schlaf gut, mein Liebling«, sagte ich und ging nochmals nach draußen.
    Ich wollte sehen, ob die Polizisten und auch der Kommissar gut untergebracht waren. Als ich zum Verlies kam, stand das eiserne

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