Mainfall
befolgen würde.
Noch spät am Abend desselben Tages kreiste ein französischer Polizeihubschrauber über der Insel und landete im Schlosshof. Die Palmen auf der Schlossterrasse bogen sich im Wind der Rotoren, die so viel Staub aufwirbelten, dass er die Freitreppe mit einem rötlichen Nebel überzog. Ich sah, wie die Bediensteten sich die Nasen an den Fenstern ihrer Häuser platt drückten und die Landung beobachteten. Als die Rotorblätter sich immer langsamer drehten und fast zum Stillstand kamen, öffnete sich die Tür des Hubschraubers und ein französischer Gendarm sprang auf den Schlosshof. Daraufhin folgte ihm Kommissar Rotfux, in Jeans und im gelben Pulli, wie ich es von ihm gewöhnt war.
Ich eilte die Freitreppe hinunter und begrüßte ihn. »Donnerwetter! Das ging aber schnell, Herr Kommissar«, bemerkte ich anerkennend.
Rotfux strahlte. »Ist ja auch wichtig genug«, sagte er, »wenn Sie tatsächlich Dolcapone haben …«
Ich führte ihn, den französischen Gendarmen und zwei französische Kripo-Beamte zum Verlies und leuchtete mit einer Taschenlampe hinein.
»Sehen Sie, dort liegt er«, sagte ich.
Dolcapone kauerte in einer Ecke des Kerkers wie ein gefangener Tiger und sah mich böse an. Neben ihm saß Claudine, die er in den letzten Tagen mit Missachtung gestraft hatte.
»Sehr gut«, murmelte Rotfux und sagte leise etwas zu seinen französischen Kollegen. Ich verstand nur etwas von Polizeiboot, sonst nichts.
»Wir lassen ihn noch im Verlies, bis das Polizeiboot kommt, Herr Graf«, erklärte er dann an mich gewandt. Er war jetzt auffallend freundlich und redete mich sogar mit meinem Titel an.
Gegen 23 Uhr sah man ein Licht am Horizont.
»Das wird sicher das Boot sein«, freute sich Rotfux, der zusammen mit den französischen Beamten bei mir auf der Schlossterrasse saß. Ich hatte dort Tische aufstellen und eindecken lassen und wir genossen das Essen und den Wein der Île du vin.
»Wirklich ein sehr guter Tropfen«, sagte Rotfux und ich erzählte die Geschichte mit der Weinflasche, die ich in Venedig im Hotel Danieli erhalten hatte und die mich auf die Spur meiner Insel geführt hatte. Die Beamten lauschten gebannt und auch Rotfux war mir nicht mehr böse, vor allem, weil ich Dolcapone gefangen hatte.
Das Licht auf dem Meer kam gleichmäßig näher, bald sah man die Umrisse des Polizeibootes und etwa um halb zwölf legte es im kleinen Hafen der Halbinsel an. Jacques hatte inzwischen unseren alten Peugeot startklar gemacht und wir fuhren zum Hafen hinab.
Ich staunte nicht schlecht. Mehr als 20 Polizisten in Kampfanzügen mit schusssicheren Westen sprangen auf den Kai und machten sich sofort auf den Weg zum Schloss. Dann folgten ihnen fünf Beamte in dunkelblauer Uniform und schließlich hörte ich ein Bellen, das ich kannte. Oskar, schoss es mir wie ein Blitz durch den Kopf. Ich sah ihn schwanzwedelnd an der Reling und er erweckte den Eindruck, ins Wasser springen zu wollen, um zu mir zu gelangen.
»Bleib, Oskar!«, rief ich und eilte über einen wackligen Steg an Bord des Polizeibootes.
Dann hing er an mir, sprang an meinen Beinen hoch, schleckte mir das ganze Gesicht ab, als ich ihn auf den Arm nahm, und für einen Moment lang vergaß ich das Polizeiboot, die Insel und den Rest der Welt. Ich trug den Hund an Land und setzte ihn vorsichtig auf die Anlegestelle.
»Das ist ja eine freudige Überraschung«, sagte ich zum Kommissar. »Vielen Dank! Ich bin sehr glücklich darüber.«
»Danken Sie nicht mir, danken Sie lieber Frau Brenner«, entgegnete Rotfux und deutete auf das Polizeiboot. »Sie bestand darauf, uns mit dem Dackel zu begleiten.«
Im selben Augenblick kam Isabell über den Steg und warf sich mir entgegen. »Ich bin ja so froh, dass du lebst«, sagte sie und umarmte mich leidenschaftlich.
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Natürlich freute ich mich über Oskar und ich freute mich auch über Isabell, aber ihre körperliche Zuwendung störte mich. Ich hatte gesehen, dass die alte Henriette und die alte Babette etwas abseits der Anlegestelle standen und alles beobachteten. Dass ich ein Geist sei, glaubten sie jetzt bestimmt nicht mehr, dafür war ich mir jedoch ziemlich sicher, dass es sich nach dieser Umarmung wie ein Lauffeuer auf der Insel verbreiten würde, dass die neue Frau des Grafen angekommen sei.
»Schön, dass du da bist«, befreite ich mich aus ihrer Umklammerung, »und vielen Dank, dass du Oskar gebracht hast. Ich freue mich
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