Mainfall
verstand das alles nicht, merkte nur, dass sie mich auf ein Bett setzten und Oskar auch in meiner Nähe war, denn der stieß mich mit seiner kleinen Schnauze am Bein an, so wie er das sonst tat, wenn er um Futter bettelte.
»Gib ihm erst mal einen Schluck zu trinken, Lilly«, sagte der Boss.
»Bier oder Wasser?«, fragte sie.
»Wasser natürlich. Wir brauchen ihn ja noch.«
Gedanken tanzten in meinem Hirn. Wofür sie mich wohl noch brauchten? Was sollte das Ganze überhaupt?
»Otto, hol mal den Fotoapparat und die Videokamera und die Paste für die Fingerabdrücke«, sagte dann der Boss. »Jetzt setzt euch die Masken auf. Gleich legen wir los.«
Kurz darauf wurde mir meine Kapuze vom Kopf genommen. Ich staunte nicht schlecht, als ich wieder sehen konnte. Sie hatten mich offensichtlich in einen Puff gebracht, jedenfalls saß ich auf einem rosaroten Plüschbett, an der Wand hinter dem Bett hingen Peitschen, Stricke, Lederklatschen und sonstige Instrumente. Lilly war bestimmt eine Domina.
»Lilly wird dir etwas Freude bereiten«, lachte der mit der tiefen Stimme. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, da es durch eine schwarze Maske bedeckt war, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass es der mit der tiefen Narbe auf der rechten Wange war. Er schien der Boss zu sein.
»Du hast nur zwei Möglichkeiten«, drohte er mir. »Entweder du machst, was wir sagen, oder Lilly wird dir die Eier polieren.« Dabei lachte er grässlich und die anderen beiden stimmten in sein Gelächter ein.
Lilly war kräftig gebaut. Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen, da auch sie eine schwarze Maske trug. Aber sie hatte lange rote Haare, eine riesige Brust, kräftige Arme, die sicher fest zuschlagen konnten, eine Figur, die sogar mich zum Träumen gebracht hätte, wäre meine Situation nicht so verzweifelt gewesen.
»Zieh dich erst mal aus, mein Lieber«, sagte Lilly. Sie hatte eine tiefe, rauchige Stimme, die sicher jeden Mann, der auf ihre Behandlungen stand, begeistert hätte.
Ich aber wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich mich jetzt tatsächlich ausziehen? Was wollten die hier von mir? Womöglich Nacktfotos machen, die später in irgendeiner Zeitschrift erschienen? Die wildesten Spekulationen gingen mir durch den Kopf.
»Na, wird’s bald, Kleiner?« Lilly nahm eine ihrer Peitschen von der Wand und ließ sie kräftig durch die Luft schnalzen.
Ich zog meinen Mantel aus, die Coladose fiel auf den Boden und ich fuhr zusammen.
»Ach, lass nur«, lachte Lilly. Sie schnalzte erneut mit ihrer Peitsche, traf genau die Coladose, die von dem Schlag in die Höhe geschleudert wurde und im Papierkorb landete.
Wahnsinn, dachte ich. Zirkusreif.
Oskar lag eingeschüchtert zu meinen Füßen und ich zog mich weiter aus: Mein Jackett, die Schuhe, die Hose, das Hemd und das Unterhemd. Ich schämte mich. Ich dachte daran, dass ich tagelang nicht geduscht hatte, dass ich Bartstoppeln im Gesicht haben musste, dass meine Socken sicher furchtbar stanken, seit ich in den Main gegangen war und sie nur in der Sonne hatte an den Füßen trocknen lassen.
»Du riechst nach echtem Mann«, lachte Lilly und schnalzte schon wieder mit der Peitsche. »Los, zieh deine Socken aus, darauf stehe ich.«
Entweder war sie abartig veranlagt oder das sollte ein Witz sein. Ich hielt es jedenfalls für ratsam, die Socken auszuziehen und legte sie neben Oskar auf den Boden. Sofort kuschelte er sich darauf als ob er sie bewachen müsste.
»Dein Hund steht auch auf deine Socken«, lachte Lilly. »Ist ja ein süßer Kerl, der Kleine.«
»Lass uns erst mal die Fotos machen«, sagte der Boss zu Lilly. »Hast du die BILD von heute?«
Lilly kramte in ihrem Nachttisch und brachte die Zeitung zum Vorschein.
»Hier«, sagte sie und reichte mir das Blatt.
»Jetzt setz dich mal in Pose. Die Zeitung vor der Brust, sodass man das Datum und den Titel gut sehen kann. Kopf leicht zur Seite neigen. Und mach dein Ohr frei, man soll dich schließlich erkennen. So, gut, Paul, drück ab.«
Der Blitz zuckte durch den Raum, blendete mich für einen Augenblick, dann grunzte der Boss zufrieden. »Mach noch ein paar Bilder, Paul«, sagte er, »nur zur Sicherheit. Du weißt, worum es geht.«
Ich selbst wusste natürlich nicht, worum es ging. Um viel Geld wahrscheinlich, um Erpressung oder Mord womöglich. Auf der Fahrt hatte ich ja verstanden, dass Geld für mich gezahlt würde.
»Jetzt noch Bilder mit Hund«, kommandierte der Boss.
Lilly hatte sich inzwischen ein Bier genehmigt und kam
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