Mainfall
sein würde. Um kurz nach Mitternacht ging der Zug ab, woraufhin Aufenthalte in Offenburg und Frankfurt folgten, und erst um 5.38 Uhr kam ich schließlich todmüde und unrasiert in Aschaffenburg an. Ich nahm mir direkt vor dem Bahnhof ein Taxi und traf gegen 6 Uhr zu Hause ein. Oskar wedelte mit seinem Schwanz, was immer ein untrügliches Zeichen seiner Freude war. Sofort beschnüffelte er alle Büsche und pinkelte gegen mehrere, bis wir den Hauseingang erreicht hatten. Vorsichtig schloss ich die Tür auf. Alles war still. Ich nahm Oskar auf den Arm und schlich ganz leise in mein Zimmer. Gott sei Dank, geschafft, dachte ich und ließ mich auf mein Bett sinken. Oskar hüpfte sofort in sein Körbchen und rollte sich zusammen. Auch er war wohl froh, wieder zurück zu sein. Im Haus blieb alles ruhig. Isabell und die Kinder schliefen noch. So blieb ich regungslos auf meinem Bett liegen und musste bald darauf eingeschlafen sein.
Am späten Vormittag besuchte ich Kommissar Rotfux.
»Ich sollte mich bei Ihnen melden, Herr Kommissar«, sagte ich betont höflich.
»Allerdings«, schlug es mir entgegen. »Sie sollten sich schon längst bei mir gemeldet haben.«
»Tut mir leid, ich habe Ihnen doch schon erklärt …«, setzte ich an, aber er ließ mich nicht ausreden.
»Sehr geehrter Herr König … oder König von Aschaffenburg … oder wie immer Sie heißen«, sagte er ärgerlich. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu: Es kann sein, dass Sie in Lebensgefahr schweben. Da darf ich wohl von Ihnen erwarten, dass Sie mir Bescheid geben, wenn Sie verreisen möchten. Ich habe es langsam satt mit Ihnen. Falls Ihnen etwas zustoßen sollte, lehne ich jede Verantwortung ab.«
Ich schluckte. So rasend vor Wut hatte ich Rotfux noch nie erlebt.
»Wir haben Anhaltspunkte, dass bei der ganzen Sache eine internationale Erpresserbande im Spiel sein könnte«, sagte Rotfux. »Sie führen Auftragsmorde aus und erpressen später die Auftraggeber.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte ich.
»Wahrscheinlich sollten Sie ermordet werden, und wenn die Täter jetzt herausfinden, dass Sie noch leben, könnten sie auf die Idee kommen, dem Tod bei Ihnen noch etwas nachzuhelfen.«
»Wie sind Sie denn auf diese interessante Idee gekommen?«, fragte ich. Dabei legte ich so viel Anerkennung in diese Frage, dass sich der Kommissar zufrieden in seinem Schreibtischstuhl zurücklehnte und lächelte.
»Der Tod dieser Maria Oberwiesner hat uns darauf gebracht«, sagte er stolz. »Sie war wohlhabend und ist wahrscheinlich durch eine solche internationale Bande ermordet worden. Immerhin ein erster Anhaltspunkt in Ihrem Fall, nachdem wir fast ein Jahr im Dunkeln getappt sind.«
»Haben Sie eigentlich in Straßburg etwas über sich herausgefunden?«, erkundigte er sich.
Ich zögerte. »Nicht wirklich. Ich kannte Straßburg, ich kannte das Münster, ich hatte das Gefühl, dass ich schon als Kind dort war, aber sonst – eigentlich nichts.«
Während ich sprach, sausten wilde Gedanken durch meinen Kopf: Der Tod von Melanie, meine französische Vergangenheit, die Geschichte mit der Insel und dem Schloss im Mittelmeer, aber von all dem erzählte ich dem Kommissar nichts.
»Ich glaube, dass ich vielleicht mehr in Frankreich gelebt habe als in Deutschland«, sagte ich nur. »Jedenfalls kam mir dort alles so vertraut vor.«
»Ist ja interessant«, sagte Rotfux. »Dann werden wir den französischen Teil dieser Mafia mal besonders unter die Lupe nehmen.«
»Wo haben Sie eigentlich gewohnt?«, fragte er dann.
»Gewohnt … äh …, ich weiß nicht, Herr Kommissar. Ist das denn wichtig?«
»Und ob das wichtig ist«, brummte der Kommissar. »Außerdem habe ich Ihnen schon mehrfach gesagt, dass Sie die Fragen uns überlassen sollen.«
»Bitte, Herr Kommissar, es ist mir unangenehm«, sagte ich, »ich habe mich eine Nacht im Straßburger Münster versteckt und die zweite im Zug und auf Bahnhöfen verbracht. Ich muss immer noch sparen.«
Rotfux schaute mich erstaunt an. »Kann man denn im Straßburger Münster so einfach übernachten?«
Ich erzählte ihm, dass das Münster um 19 Uhr geschlossen wird und man sich deshalb rechtzeitig verstecken müsse. Dafür habe man dann auch die ganze Nacht seine Ruhe. Rotfux sah mich zwar etwas ungläubig an, schien mir jedoch die Geschichte abzunehmen.
Wir unterhielten uns etwas über Straßburg. Rotfux erzählte mir, dass er immer gern zum Einkaufen ins Elsass fahre, und kurz darauf verabschiedete er sich von
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