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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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mir, spürte Melanie neben mir, ich hörte das Summen der Stadt durch die offene Dachgaube, wähnte mich auf einer Insel, die im Strom der Zeit trieb, weit weg von allen Problemen, die ich hatte.
    »Mein Gott, habe ich tief geschlafen«, seufzte ich, als ich später wieder aufwachte.
    »Ich war auch eingeschlafen«, flüsterte Melanie.
    Draußen war es noch hell. Durch die Dachgaube sah ich das Münster und rundherum die Dächer von Straßburg, die in der Abendsonne glänzten.
    »Ich gehe noch kurz in den Supermarkt«, verkündete Melanie. »Hast du einen besonderen Wunsch?«
    »Ich kann doch mitkommen, dir tragen helfen.«
    »Besser nicht. Denk an den Kommissar!«, sagte sie. Sie schien Gefallen daran zu finden, mich zu bewachen und zu beschützen. »Du kannst ja aus dem Fenster schauen«, rief sie noch und schon hörte ich sie auf den Holztreppen nach unten eilen.
    Ich ging zur Dachgaube, welche zum Quai des Bateliers gerichtet war. Auf der Ill fuhren ununterbrochen die Ausflugsboote mit ihren gläsernen Dächern und vor dem Haus sah ich den Verkehr am Fluss entlangbrausen. Melanie ging ein Stück auf der Straße, drehte sich um und winkte mir zu. Ich konnte sie gut erkennen. Sie lachte. Sie strahlte mich an und ich wusste, dass sie glücklich war. Ich winkte zurück und sah, wie sie die Straße überquerte. Mitten auf der Straße drehte sie sich wieder um und blickte zu mir hoch. Trotzdem lief sie weiter. Ich wollte schreien. Ich sah den schweren grauen Lieferwagen kommen. Zwei dunkle Männer saßen darin. Sie lachte mich nur an. So schön konnte nur sie lachen. Ich fuchtelte verzweifelt mit den Armen. Warum bremsen die denn nicht?, dachte ich. Um Gottes willen, warum bremsen die denn nicht? Dann der Schlag.
    Ich war vor Entsetzen wie gelähmt, sah alles wie in Zeitlupe. Melanie wirbelte hoch, schlug auf der Kühlerhaube auf, wurde über die Windschutzscheibe geschleudert, sauste aufs Dach und fiel seitlich wieder auf die Straße. Mein Gott, dachte ich, und raste nach unten. Melanie, Melanie, Melanie – hämmerte es hinter meiner Stirn. Mein Gott, hilf ihr! Lass es nicht schlimm sein! Bitte, bitte, bitte.
    Die Treppen knarrten, aber ich hörte jetzt nicht auf sie. Ich stürmte nur nach draußen und sah die Menschenmenge, die sich sofort gebildet hatte. Der Verkehr staute sich. Jemand schrie um Hilfe. Ich drängte mich vor, schob mich durch die Menge und dann sah ich sie. Seltsam verrenkt lag sie neben dem Lieferwagen. Die Augen weit aufgerissen und starr. Etwas Blut lief aus ihrem Mund. Sonst schien sie nicht groß verletzt zu sein. Aber ihr Kopf, der Kopf war ganz verdreht, hing seltsam schräg auf ihrem Körper, als ob er innerlich abgerissen war. Ich wollte zu ihr, wollte mich über sie beugen, doch irgendetwas hielt mich zurück. Langsam, sagte eine innere Stimme zu mir. Nimm dich in Acht, sagte sie. In diesem Augenblick beugte sich ein Herr über Melanie und fühlte ihren Puls.
    »Elle est morte«, sagte er.
    Sie ist tot? Nein! Das darf nicht sein, wollte ich schreien, aber ich schrie nicht.
    Ich sah nur, wie der Herr seine Nase an ihren Mund hielt und sagte: »Oui, elle est morte! C’est fini.«
    Die Menge schwieg.
    Nur der Fahrer des Lieferwagens war außer sich. Ein dunkelhäutiger Mann, mit langen schwarzen Haaren, vielleicht ein Marokkaner oder ein Algerier. So hatte sie die Männer beschrieben, musste ich denken. Irgendwie kam mir die Sache komisch vor. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass man einen solchen Unfall planen konnte. Sie hatten doch nicht wissen können, wann Melanie über die Straße rennen würde. Wahrscheinlich war alles nur Zufall und meine Gedanken spielten jetzt verrückt.
    Sie habe nur zum Himmel geschaut, sei plötzlich vor sein Auto gerannt, er habe nichts machen können, stammelte der Fahrer des Lieferwagens. Ich wusste, wo der Himmel war. Ich wusste, wer der Himmel für Melanie gewesen war, und mir wurde ganz übel.
    Wenig später kam mit Blaulicht ein Krankenwagen. Der Notarzt fühlte Melanie ebenfalls den Puls und leuchtete ihr mit einer Taschenlampe in die Pupillen, anschließend wurde sie auf die Trage gelegt und in den Wagen geschoben.
    Verschwinde, bevor die Polizei kommt, sagte mir meine innere Stimme. Verschwinde, bevor sie dich befragen. Ich ging langsam zu Melanies Haus zurück, schob die Eingangstür nach innen, die zum Glück nicht zugefallen war, und stieg die Treppe nach oben. An der obersten Treppenstufe saß Oskar und wartete. Er gab seltsamerweise keinen

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