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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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aus unserer Wohngegend verschwunden.«
    Ich war sprachlos. Die Schlinge um meinen Hals schien sich langsam zuzuziehen. Zuerst der Mord in München, dann der Tod von Melanie in Straßburg und jetzt diese Ganoven in Aschaffenburg.
    »Und du bist dir sicher, dass es die gleichen Typen waren?«
    »Ziemlich sicher.«
    »Sollten wir dann nicht Rotfux informieren?«
    »Ich weiß nicht. Ich dachte, am Sonntagnachmittag sei das übertrieben«, meinte Isabell. »Der Kommissar will doch sicher auch mal seine Ruhe haben.«
    Isabells Wangen glühten. Sie sah noch hübscher aus als sonst. Für einen Moment musste ich an den Buchladen denken, in dem ich sie in meinem zerknautschten Regenmantel zum ersten Mal gesehen hatte. Das war mittlerweile mehr als ein halbes Jahr her. Damals war ich noch unschuldig, hatte nichts über meine Vergangenheit gewusst. Wie ein Kind war ich, ein unbeschriebenes Blatt, das für das Leben bereitstand.
    Aber jetzt? Schon lange hatte ich meine Unschuld verloren. Das Leben hatte seine Spuren bei mir hinterlassen und fast fürchtete ich mich davor, noch mehr über meine Vergangenheit zu erfahren.
    »Ich glaube, jetzt können wir es wagen«, sagte Isabell, als wir unsere Gläser ausgetrunken hatten.
    Wir zahlten und eilten durch die Lindenallee nach Hause. Isabell drehte sich immer wieder um. Es folgte uns jedoch niemand. Als wir endlich das Gartentor erreichten, sah sie nochmals prüfend in alle Richtungen und sagte dann: »Gott sei Dank! Die scheinen wir wirklich abgeschüttelt zu haben oder sie wagen sich tatsächlich nicht mehr in unser Gebiet.«

20
    Am Montagvormittag rief ich Kommissar Rotfux an.
    »Herr Kommissar, ich muss etwas melden«, sagte ich. »Ich bin gestern auf dem Rückweg vom Schloss von zwei dunkelhaarigen Männern verfolgt worden, die auch schon bei mir ums Haus geschlichen sind.«
    »Und warum haben Sie mich nicht sofort benachrichtigt?«, fragte der Kommissar. Er klang wütend und ich hatte das Gefühl, wieder einen Fehler gemacht zu haben.
    »Wir wollten Sie am Sonntag nicht stören«, stammelte ich kleinlaut.
    »Nicht stören, nicht stören. Für mich gibt es keinen Sonntag. Es wäre viel besser gewesen, wir hätten die beiden erwischt. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihre Audienzen ab sofort unter Polizeischutz zu stellen und Ihr Haus rund um die Uhr beobachten zu lassen.«
    Polizeischutz rund um die Uhr – ich verlor auch noch mein letztes Stück Privatsphäre, nur wegen dieser Ganoven. Enttäuscht legte ich auf.
    Am liebsten wäre ich geflohen, nach Venedig gereist, weit weg von diesen zwielichtigen Typen, die hier ihr Unwesen trieben. Aber so einfach war das nicht mehr. Ich wurde überwacht, den ganzen Tag über, und Rotfux würde sofort merken, wenn ich verschwunden war. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als sonntags brav meine Audienzen zu geben, Paul und Corinna bei den Hausaufgaben zu helfen, den Garten von Brenners zu versorgen und mich abends mit Isabell zu unterhalten, welche die Situation offensichtlich genoss.
     
    Nach zwei Wochen hielt ich es nicht mehr aus. Ich ließ mir einen Termin bei Kommissar Rotfux geben und bat ihn, nach Venedig reisen zu dürfen.
    »Wie wollen Sie dorthin?«, fragte er mich.
    Ich verstand Rotfux nicht ganz und musste ihn ziemlich dumm angesehen haben.
    »Mit dem Flugzeug oder per Bahn?«, fragte er nach.
    »Ach so – mit der Bahn«, antwortete ich.
    »Und wo werden Sie übernachten?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »In der Markuskirche kann ich Sie nicht übernachten lassen, mein Freund«, lachte er. »Sie müssen mir schon ein Hotel nennen.«
    »Wenn es sein muss. Ich werde mich erkundigen.«
    »Reisen Sie allein?«, kam die nächste Frage.
    »Ja, schon«, antwortete ich. »Die Kinder haben noch Schule und Frau Brenner arbeitet.«
    Von Natalie erwähnte ich natürlich nichts, obwohl ich sie bereits angerufen und mit ihr einen Treffpunkt vereinbart hatte.
    »Gut«, sagte der Kommissar, »nennen Sie mir noch das Hotel und den genauen Abreisetag, dann können Sie fahren. Sollte natürlich in Venedig irgendetwas Besonderes sein, rufen Sie mich bitte sofort an.«
     
    Drei Tage später, am Sonntag, war ich unterwegs. Ich hatte noch Audienz gehalten, danach schnell meine Reisetasche gepackt und saß um 19.45 Uhr mit Oskar im ICE nach München.
    Das Wetter war schlecht. Wasserpfützen des letzen Regens, einsame Feldwege zwischen den Hochspannungsmasten, Baustoffhandlungen neben den Gleisen, verlorene Dörfer zwischen den

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